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Alt 24.02.2010, 01:03
Goik Goik ist offline
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Standard AW: An meine geliebte Frau

Und wieder ist es Nacht. Und wieder vermisse ich meinen Engel so sehr.
Ich spüre schon wieder diesen Klos im Hals.
Ich höre unsere Lieblingsmusik aus den 80ern.

Heute Mittwoch werden es 3 Wochen.
Jener Morgen, nachdem ich neben ihr im Krankenhaus die Nacht verbracht hatte.
Jener Morgen, andem ich um halb 9 schnell nach Hause fuhr um noch Kleider und Wäsche zu holen...um die nächsten Nächte auch noch auf dem Feldbett nebem meiner geliebten Frau wachen wollte.
Meine Tochter (Sassel alias Saskia)und unser Jüngster (Julien 14) waren bereits um 8 Uhr im Krankenhaus angekommen.

Ich fuhr also die 20 Kilometer mit Julien nach Hause, packte ein paar Sachen ein und fuhren wieder die 20 Kilometer zum Krankenhaus nach Ettelbrück (Luxembourg) um gegen 11 Uhr mit dem Fahrstuhl in den 5ten Stock zu fahren.
Als wir den Gang betraten um zum Zimmer Nummer 4 zu gelangen, kam einer von Angels Bruder mir entgegengelaufen. Ich sah ihn unglaubwürdig an als er dann sagte:"Ihr müsst jetzt ganz stark sein!" Meine Tochter Saskia sass ein Stück weiter im Gang des fünften Stockes und wurde von einer Krankenschwester getröstet.
Mir kamen sofort die Tränen geschossen. Ich packte Julien so fest in den Arm und wir betraten das Zimmer Nummer 4. Jenes Zimmer, in dem meine über alles geliebte Frau um 10.45 Uhr ohne Beisein eines Familienmitgliedes für immer die Augen schlossen hat.

Sie lag in ihrem Krankenbett, die Augen geschlossen, die Hände gefaltet und zugedeckt. Mir zitterten die Knie. Ich kniete mich neben sie und liess meinen Tränen freien Lauf. Ich küsste sie unentwegt auf die Wangen und die Lippen und streichelte ihre weiche und zarte Haut. Immer wieder schluchzte ich ihren Kosenamen. "Mein Engel...oh mein Engel...mein Bébé".
Die Krankenschwestern hatten ihr diesen wunderschönen lilafarbenen seidenen Schlafanzug angezogen mit kleinen Herzchen.
In all den 4 Stunden, in denen wir im Zimmer waren, starrte ich unentwegt auf ihre Augen, auf ihre Brust; in der irrigen Hoffnung, dass mein Engel doch noch wieder mit Atmen beginnen oder die Augen wieder öffnen würde.
Eine pastorale Mitarbeiterin, die meinen Engel schon eine ganze Weile kannte weil sie oft bei den Chemotherapien anwesend war stand uns zur Seite, sprach uns Trost zu und hatte auch Tränen in den Augen. Sie wusste, wie es war, jedesmal als Angel in die Chemotherapie kam.Meine Angel war es, die die anderen Patienten in ihren Stühlen immer wieder aufmunterte, Spässe machte und alle zum Lachen brachte.

Nun sitze ich hier mit Tränen in den Augen, doch mit jedem neuen geschriebenen Abschnitt spüre ich, dass es gut ist. Dass mir das Schreiben etwas bringt; ich durch das Schreiben meine Gedanken sondern kann und das Erlebte besser verarbeiten kann.

Nun werde ich zu Bett gehen, mit meinem Engel reden und versuchen zu schlafen.

Alles erdenklich Liebe.
Serge

(Bild von August 2009 bei unserem letzten Urlaub in Holland)
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Geändert von Goik (24.02.2010 um 01:18 Uhr)
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