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Alt 08.05.2004, 13:27
Gast
 
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Standard Nierenbeckentumor

Liebe Maria,

"Tumor-Futter" nennen wir das, was hier in diesem Thread seit einigen Tagen abläuft. Im Beruf würde man das vielleicht Mobbing nennen - aber davon habe ich keine Ahnung. Tumor-Futter ist das, was meiner Seele nicht gut tut und ich bin überzeugt , daß Psyche krank machen kann.

Im Beitrag von Siggi vom 7.5.04 enthält einen tollen Satz: ".....eigentlich steht es mir ja gar nicht zu, ein Urteil über dich abzugeben ....." Wie wahr - wie wahr. Wenn sie doch nur statt "Urteil" VERURTEILUNG geschrieben hätte, wie 100%-ig genau hätte sie's getroffen, was sie schreibt (Gott sei dank haben wir mal wieder jemanden getroffen, der "schwächer" erscheint und auf dem wir herumtrampeln können - oder es zumindest zu glauben). Ansonsten sind diese Beiträge von keinerlei Kenntnisse der wirklichen Situation getrübt und von daher für mich nicht ernst zu nehmen.


Liebe Maria,

wer -außer mir- weiß, wie es mir vor 2 Jahren ging? Niemand. Aus heiterem Himmel "von Hundert auf Null in einer Minute", bis hin zu absoluter Berufs- und Erwerbsunfähigkeit. Ohne jegliche Hoffnung, ohne jede Perspektive. Aus - vorbei. (Dann kam viel Selbstmitleid) Aber zu der Zeit war ich (ich, der als selbständiger Kaufmann gewohnt war, sofort Entscheidungen zu treffen, für mich, für andere) zu keiner Entscheidung fähig. War irgendwie "gar nicht da" - weil zu sehr mit mir beschäftigt.

GOTT SEI DANK hatte ich da meine Frau Ulrike. Vielleicht seid Ihr Beiden da in vielem etwas ähnlich. Ihr tut nämlich was. Könntet Euch ja zurücklehnen und warten, bis Ihr Witwen seid. Macht vielleicht vieles einfacher (für Leute, die so gerne andere verurteilen, mit einer mir unverständlichen Arroganz).

Ich finde das, was Du getan hast, gut. Einfach gut. Es ist doch eine Sache zwischen den beiden Ehepartnern, damit zu leben, wie Ihr es tut. Wen geht es sonst was an? Wer ist so anmaßend, sich da einzumischen? Verwechselt man "Hektik" vielleicht damit, daß der Ehepartner so schnell wie möglich so viel wie möglich tun möchte, um seinem Partner so schnell wie möglich Hilfe zukommen zu lassen?

Bleib, wie Du bist. Und gehe "Deinen WEG". In dem Wort "Rat-Schläge" ist auch das Wort "Schläge" enthalten. Versuche vielleicht schon von vornherein Dich darauf einzustellen, daß auch "Schläge" dabei sind, wenn man "Rat-Schläge" erhalten möchte.

Und wer weiß, wie es in Deinem Mann aussieht? Ich gehe einfach davon aus, daß Du alles versuchst, MIT ihm seine Krankheit zu leben.

Es hat bei mir sehr lange gedauert, bis ich anfangen konnte, mich und meine Einstellung zum Leben zu ändern. Bin immer noch nicht fertig damit. Aber "Gelassenheit" (aber davon eine große Tüte und S O F O R T !!!!!) ist das, was für mich unheimlich wichtig ist. Und das geht leider nicht SOFORT - das kommt erst mit der Zeit. Und nicht nach 8 Wochen (ich habe nach 4 Monaten "die Flucht" ergriffen - bin zur Kur gefahren. Das war meine erste Entscheidung nach der Diagnose. Da wollte ich einfach Abstand zu allem haben, um weitere Entscheidungen treffen zu können. Ich habe mir da Hilfe gesucht und gefunden in einer psychosomatischen Klinik - übrigens auf einen Rat von Ulrike).

Ich wünsche Euch Stückchen für Stückchen mehr "Gelassenheit" und viele Gelegenheiten, über die Krankheit und die Ereignisse und die nächsten Schritte (auch evtl. Veränderungen) zu reden und sie zu verarbeiten. Das geht nicht "sofort". Bei mir hat es Monate gedauert.

Wenn Du meinst, wir sollten auf dieser Basis weiter miteinander korrespondieren, würde es mich freuen. Auf die anderen Dinge (s.o. = Tumorfutter) werde ich nicht mehr eingehen. Dazu bin ich nicht mehr bereit (bin in meinem ganzen Leben vorher nie einem Streit aus dem Wege gegangen --------heute versuch ich's mit Gelassenheit...)

Liebe Grüße
Jürgen
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