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Alt 19.02.2008, 22:18
Hannah-Lea Hannah-Lea ist offline
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Standard Meine Oma - 88 Jahre - Tumor in der Lunge...

Hallo Ihr Lieben

… seit letztem Samstag lese ich mich hier durch Eure ganze Beiträge und möchte Euch sagen, dass Ihr hier was ganz Wundervolles aufgebaut habt! Kompliment!

Leider hat es natürlich einen Grund, warum ich hier bei Euch gelandet bin… - und ich habe lange überlegt, ob ich schreiben soll. Aber ich denke, Ihr werdet mich und meine Ängste verstehen und mir auch „raten“ können…

Ich war letzten Freitag mit meiner Oma, die ich über alles liebe und zu der ich ein absolut gutes Verhältnis habe, die bei uns (bei meinen Eltern und mir) im selben Haus in einer eigenen Wohnung lebt und sich zum Großteil auch noch selbst versorgt, bei Arzt, weil sie seit Montag über „blutigen Auswurf“ geklagt hat. Ehrlich gesagt, fand ich das Ganze nicht wirklich beunruhigend – es war Schleim mit minimaler Blutbeimengung - … - sie aber schon!

Wir waren bei ihrem Hausarzt, zu dem sie schon seit über 50 Jahren (damals noch der Vater des jetzigen Arztes) geht und zu den sie absolutes und bedingungsloses Vertrauen hat. Er hat sie gefragt, was sie für Symptome hat und hat sie aufgrund ihrer Erzählungen geröngt. Als ich das Röntgenbild gesehen habe, war mir auch ohne die Erklärungen des Arztes als „Laie“ klar was Sache ist: Sie hat einen Tumor in der Lunge… Und keinen kleinen!

Sie war letztes Jahr im Mai im Krankenhaus, wo unter anderem auch die Lunge geröngt wurde – ohne Befund! Wir haben im September letzten Jahres eine Blutuntersuchung machen lassen – Tumormarker ohne Befund! Und dieser Tumor jetzt ist 3 x 5 cm groß…

Er hat es ihr nicht gesagt! Er kennt sie… - das ist genau DIE Diagnose, die sie nie haben wollte und mit der sie nicht umgehen kann! Er hat sie dann „beruhigt“, hat ihr gesagt, dass wir jetzt ihre Blutverdünnungstabletten mal für eine Zeit „reduzieren“ (nur noch alle zwei Tage anstatt jeden Tag…) und hat mich dann ALLEIN und ohne sie auf die Seite genommen und mir folgendes gesagt:

Sie hat einen scheinbar sehr schnell wachsenden Tumor! Aufgrund ihres Alters, ihrer Vorgeschichte (Herzinfarkt, Bypass, Atemnot…) und ihres Allgemeinzustandes kommt es eigentlich nicht in Frage irgendwelche kurativen Maßnahmen zu ergreifen! Er ist der Meinung, wir sollten die Blutverdünnungstabletten nach und nach absetzen und darauf „hoffen“, dass sie dadurch eine Embolie oder einen Schlaganfall bekommt und damit friedlich einschlafen darf, bevor der Krebs schlimmeres anstellt… - wenn es um seine Mutter ginge, dann würde er so handeln, weil es so einfach humaner wäre! Ich war und bin seiner Meinung… - und ich bin dankbar, dass wir so einen Arzt haben! Ich denke, das ist nicht wirklich selbstverständlich!

Ich habe es geschafft mir vor ihr nichts anmerken zu lassen… Wie weiß ich nicht! Ich habe es geschafft… Und ich hatte dann abends die „ehrenvolle“ Aufgabe dem „Rest der Mannschaft“ – also ihren beiden Töchtern, ihren beiden Schwiegersöhnen und ihren weiteren beiden Enkelkindern (die allesamt genauso an ihr hängen wie ich!) die traurige Wahrheit zu übermitteln…

Wir waren uns ALLE einig: Keine Behandlung (bringt ja nichts mehr in ihrem Alter und ihrem Allgemeinzustand), sie soll nichts erfahren, wir lassen uns nichts anmerken, sie „darf“ (so Gott will) zu Hause sterben, wir folgen dem Rat des Arztes und setzen das Medikament ab…

Wir WAREN uns alle einig, dass sie es „verdient“ hat nach bestem Wissen und Gewissen „friedlich“ einschlafen zu dürfen (dass es dafür keine Garantie gibt, war uns bewusst…) und wir waren eigntlich auch alle dankbar für diesen Arzt, der das genauso sieht wie wir und sie keiner Tortour mehr aussetzt! Die Frau hat einfach ihr Leben gelebt und hat das „Recht“ sterben zu dürfen! Meine Meinung… - auch wenn es mir das Herz bricht, wenn ich daran denke, dass ich sie dann eben nicht mehr „habe“! Aber sie ist „bereit“ zu gehen. Sie hat keine Angst vorm Sterben. Sie redet schon lange davon, dass es „nun eigentlich reicht“ und sie gerne zu ihrem Mann gehen würde, den sie in sehr jungen Jahren verloren hat! Der Satz: „Der Vater wartet schon…“ der fällt doch so ab und an…

Wie gesagt – wir waren uns ALLE einig, weil wir sie einfach kennen und wissen was sie will und eben auch nicht will… - und jetzt fängt meine Mutter an zu „kneifen“. Von ihr kommen jetzt Äußerungen wie: „Ich glaub, ich kann damit nicht leben danach, wenn ich sie damit umgebracht (wen ich ihr die Tabletten nicht gegeben habe) habe! Ich weiß, Ihr habt recht mit allem was Ihr sagt, aber ich glaub, ich kann damit nicht leben…! Und genau damit hab ich jetzt ein Problem! Ich hänge auch sehr an meiner Mutter… - und auch sie ist nicht wirklich „gesund“… - auch sie hatte mit 35 Jahren einen Herzinfarkt… - und ich weiß nicht, wie ich mich momentan verhalten soll… Ich stehe irgendwie so zwischen allen Stühlen! Ich versuche der Oma gerecht zu werden, weil sie es einfach verdient hat! Und ich versuche meiner Mutter gerecht zu werden, weil sie es auch einfach verdient hat… Wir haben irgendwie so unterschiedliche Ansichten…

Ich für meinen Teil sehe es einfach so, dass ich froh bin, dass wir an einen Arzt geraten sind, für den der „Mensch“ im Vordergrund steht und ich bin froh, dass er so reagiert hat, wie er reagiert hat – aber auf der anderen Seite steht meine Mutter, die damit scheinbar wirklich nicht klarkommt und ich weiß nicht mehr, wie ich ihr das noch klarmachen soll…

Am Freitag haben wir (meine Mutter, meine Tante und ich) noch mal einen Termin bei dem Arzt, wo wir ihm so viele Fragen stellen wollen dergestalt „was ist wenn…?“ und ich habe meiner Mutter gesagt, sie soll ihm das sagen, was sie da gerade für ein Problem hat… - vielleicht kann er aus seiner Erfahrung heraus ihr ja etwas sagen, was sie beruhigt…. Ich kann es leider nicht!

Meine Angst ist eher die, dass dieses „Komplott“ eben nicht funktioniert! Dass sie es doch noch erfahren muss, dass sie doch noch Schmerzen bekommt, dass sie doch noch zum „Pflegefall“ wird, was sie nie wollte…

Ich habe nicht wirklich ein Problem damit, dass sie sterben wird (das dürfte uns schon lange klar sein, in diesem Alter, das sie erreicht hat!) und ich habe auch nicht wirklich ein Problem damit, dass sie dann nicht mehr da ist (damit muß ich klarkommen – sie so viele andere Menschen eben auch, das ist eben einfach so…, was nicht heißt, dass es mir nicht das Herz zereißt..) – aber ich hab jetzt irgendwie ein Problem mit dem „Wie“… Wir dachten immer, dass sie an ihrem schwachen Herzen einfach friedlich einschlafen darf… - irgendwann! Nach dieser „Diagnose“ kommen nun doch so gewisse „Horrorvorstellungen“ auf… Muß nicht sein – kann aber, ich weiß das schon…

Mir ist bewusst, dass ich sie (soweit es in meiner Macht steht…) zu Haus sterben lassen werde und nach meiner „Wunschvorstellung“ am besten in meiner Anwesenheit (der Rest der Familie kriegt das wahrscheinlich nicht geregelt…) aber ich habe einfach Angst, dass sie doch noch leiden muss… - das ist meine Angst! Ich hab auch Angst… - es ist nicht so, dass ich keine Angst habe! Aber ich lasse sie (nicht gerne) gehen, weil ich weiß, dass sie das möchte… - und ich möchte gerne bei ihr sein! Aber ich möchte ihr auch gerne unnötiges Leid ersparen!

Ich habe mir nun einen „Zettel“ gemacht, was ich denn gerne erfahren möchte bei dem Gespräch am Freitag bei dem Gespräch mit dem Arzt…Aber ich habe Angst, dass ich wichtige Dinge einfach „übersehen“ und „vergessen“ haben könnte… Ich hab Angst….
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