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Alt 02.04.2008, 12:55
Annika0211 Annika0211 ist offline
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Standard AW: ich habe Angst, dass die Kraft nicht ausreicht

Liebe Grit.
Es tut auch mir so unsagbar leid, dass dein Papa dieses Schicksal erdulden muss.
Ich hab mich auch in vielem wiedergefunden, was du über ihn und dich schreibst.
Mein Papa war im Hospiz und hat dort seine letzten 4 Tage verbracht. Ich empfand den Hospizgedanken zuerst wie eine "Abschiebung" - ich wurde aber bei einer Besichtigung eines besseren belehrt.
3 Tage später wurde Papa ins nahegelegene Hospiz transportiert und für uns fiel - hört sich jetzt bissi doof an - eine Last von der Seele. Wir sind rund um die Uhr bei ihm gewesen, hatten aber nicht mehr die Sorge, dass wir was falsch machen oder er Schmerzen haben muss. Wir haben beim geringsten Verdacht sofort geklingelt und er bekam sein Fentanyl-Spray, ein neues Pflaster, Hilfe beim Toilettenstuhl etc. Wir konnten unsere ganze Liebe ohne Sorgen direkt auf den Papa lenken und für ihn da sein.
Wir haben eine wunderbare Erfahrung gemacht damit.
Sein Arzt sagte, dass niemand Schmerzen haben muss. Das ist ganz, ganz wichtig.
Zuhause hätten wir ihn nicht so optimal betreuen können, der Pflegedienst kam auch zum Anschluss der parenteralen Ernährung morgens und abends. Aber das war in seiner letzten Woche nicht mehr genug.
Meinem Papa konnte man 1 Woche vorher wohl ansehen, dass er bald gehen möchte. Seine Kraft ließ nach, er wurde ruhiger (war vorher auch oft motzig mit Mama, die ihn rund um die Uhr pflegte) und hat viel geschlafen.
Geistig war er fit fast bis zum Schluss. Er hatte ein starkes Herz und nur dadurch konnte er noch 1 Woche erleben. Leben konnte man das ja nicht mehr nennen
Wir haben ihm auch gesagt, als er noch zu Hause war, dass er sich keine Sorgen machen muss, alles wäre geregelt, die Mama wäre versorgt und wir halten zusammen - er dürfe ruhig gehen und sollte sich nicht quälen.
Er hat sich dann aber noch krampfhaft an dieser dreieckigen Halterung über seinem Bett zu Hause und auch im Hospiz festgehalten. Bis die Kraft am letzten Tag noch mehr geschwunden ist und er nur noch geschlafen hat.
In der Nacht darauf ist er dann friedlich und mit einem Lächeln auf den Lippen eingeschlafen.
Ich wünsche dir und deiner Familie noch super viel Kraft, diese Tage durchzustehen und viel Mut, das Danach zu verkraften.
Ich schicke auch dir ganz viele warme Sonnenstrahlen und wünsche für deinen Papa, dass er ohne Schmerzen ist und seine erlösende Reise beruhigt und in Frieden antreten kann.


PS: Die parenterale Ernährung verlängert im Hospiz-Sinn das Leben, gehört aber für den Patienten zur Grundversorgung. Meinem Papa wurde es erklärt, aber er wollte darauf nicht verzichten. Es wäre also seine Entscheidung gewesen, ob er "verhungert" oder nicht.
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Alles Liebe.
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Papa, für immer in meinem Herzen - 31.12.2007

Geändert von Annika0211 (02.04.2008 um 12:57 Uhr)
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