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Alt 06.04.2012, 12:56
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Anyanka77 Anyanka77 ist offline
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Standard AW: Neuroendokrines Karzinom in der Leber

hallo ihr lieben,

nun melde ich mich auch mal wieder zu wort. tanja was hat denn berlin noch gesagt? gibt es neue entwicklungen? wie geht es dir momentan?

papa hat letzte woche mit der neuen Chemo begonnen. nach dem FOLFOX-Schema... Sein allgemeinzustand war schon bevor er wieder ins Krankenhaus musste nicht so toll. Hat einige Sachen fallen lassen, war nicht sooo gut drauf. Es war komisch. Dann ging Donnerstag die Chemo los, ich bin nachmittags noch zu ihm. Sein Allgemeinzustand war auch eher schlechter als besser geworden. Die Chemo für den ersten Tag umfasste 8 solche großen Ampullen die über seinen Port geleitet wurden, das war irgendwie erschreckend..

Aber was dann Freitag kam, riss uns wirklich den Boden unter den Füßen weg. Ich wunderte mich schon,dass er mich den Tag über nicht anrief. Abends dann meldete sich Mama dann bei mir und sagte mir, dass die Klinik sie angerufen hätte und sie uns sagten, dass wir uns nicht wundern sollen, dass wenn er uns anruft, er total verwirrt und weggetreten sei. Ich dachte okay, ruf ich ihn jetzt mal auf seinem Handy an. Und es war schlimm. Er konnte keinen klaren Satz mehr rausbringen. Er wiederholte "Mausi, es ist so schlimm. Es ist so schlimm... Es ist so schlimm.. Ich leg jetzt auf." Er brachte auch Wörter durcheinander und setzte andere Buchstaben ein sodass es alles gar keinen Sinn mehr ergab. Er rief auch bei etlichen Leuten an, konnte aber nicht mehr sprechen je später es wurde. Es war nicht schön mit anzuhören. Sie haben ihm dann Beruhigungsmittel gegeben. Und auch Freitag noch ein cerebrales CT gemacht.
Das wussten wir zu dem Zeitpunkt aber noch nicht.
Samstag bin ich dann mit Mama wieder hin, er war immer noch verwirrt, in eienr ganz anderen Welt schien es. Konnte auch nicht aufstehen und hatte wieder einen Katheter bekommen, weil seine ganze Koordination weg war, sowohl an Händen und Füßen als auch das auf Toilette gehen. Wir dachten, es wäre von der Chemo. Sonntag waren wir dann wieder da, meine große Schwester kam auch mit. Der Chefarzt kam hinzu, und sprach mit uns dann schließlich. Sie haben Im Gehirn Metastasen gefunden, was auch seinen allgemeinen Verwirrtheitszustand erklärte, die Chemo da drauf bewirkte dann dieses Wegtreten, da diese noch zusätzlich die Nervenstränge angriff. Der Arzt sagte uns dann auch, dass sie die Chemo abbrechen müssen, aber eine Betrahlung einleiten werden, um das ganze im Kopf noch zu stoppen. Sie haben ihn dann mit Infusionen und Medikamenten wieder so weit aufgerappelt, dass er die Tage darauf wieder mehr und mehr klar wurde und auch wieder umherlaufen und erzählen konnte. So weit, dass ich ihn gestern mit nach Hause nehmen durfte. Am Dienstag muss Papa jedoch wieder ins Krankenhaus zurück, denn dann geht die Bestrahlung los. Er ist zwar so gut drauf eigentlich, aber man merkt dass was nicht stimmt. Er geht sehr langsam, ist sehr müde, hat nicht so großen Appetit und einige Kilos abgenommen. Seine Koordination ist auch weiterhin eingeschränkt, aber durch die Tabletten, ist es alles noch erträglich. Er ist jedenfalls heilfroh erstmal zu Hause zu sein, merkt und gesteht sich aber auch mehr und mehr ein, dass er alles nicht mehr so gut kann wie früher und sich helfen lassen muss.

Es ist krass, wie schnell das alles umgeschlagen hat. Die letzten Wochen nachdem wir erfahren hatten, dass alles umso schlimmer zurückgekehrt ist, baute er immer mehr ab. Aber mit Chemobeginn, dass es so schlimm wird innerhalb so kurzer Zeit, damit hat keiner gerechnet. Wir mussten auch schon die Vorsorgevollmacht und die Patientenverfügung abgeben. Der Arzt teilte uns auch zusätzlich mit, dass die Tatsache, dass nun auch noch zusätzlich Metastasen im Gehirn dazu gekommen sind, seine Lebensdauer nochmals erheblich einschränken werden und das mit der Bestrahlung auch therapietechnisch das mit letzte ist was sie tun können. Es klang aber dennoch so, dass sie ggf. die Chemo wieder aufnehmen werden, aber das wird die Zeit erst alles zeigen.

Schmerzen hat er jedoch nicht, sagt er. Das Problem ist natürlich jetzt, dass in der ganzen nächsten Zeit, nichts gegen das Wachstum der Metastasen in Leber, Becken, Lymphknoten usw. getan werden kann, das liegt erstmal auf Eis. Ich hoffe, es frisst ihn nicht auf und ich hoffe er bleibt weiter schmerzfrei. Ich will und muss weiter hoffen, dass ihm noch viel Zeit bleibt, in der er wieder frei sein und leben kann, denn er möchte leben, bei uns sein, Zeit haben.

Sorry für den langen Text, aber es ist alles nicht so leicht momentan. Ich versuche so oft es geht zu Hause zu sein, bei ihm zu sein, auch im Krankenhaus, stark zu sein, Mama genauso. Denn es war immer so: "Wir drei, gegen den Rest der Welt!"

Alles Gute an alle, die das gleiche oder ähnliches durchmachen müssen. Gebt nie auf, für euch selbst, für die, die euch lieben und die ihr so sehr liebt.

Liebe Grüße
Anja
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Mein Papi ♥ ist nun ein Engel ( geb.12.09.1941, ✝ 19.06.2012)

--> Neuroendokrines Karzinom, unbekannter Primärtumor, Diagnose Mai 2011.
...Ein Jahr, nur ein Jahr blieb uns noch.


...Du fehlst mir so sehr ♥

"Du bist nicht mehr da, wo du warst. Aber du bist überall, wo ich bin. In jedem Augenblick, in ewiger Liebe.."
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"Die wahrhaftigsten Wahrheiten sind es, die uns zusammen führen. Und zum Verzweifeln, schmerzhaft voneinander trennen!..."
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