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Alt 20.06.2018, 11:09
Hagga Hagga ist offline
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Registriert seit: 19.06.2018
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Standard Hodenkrebs Klassisches Seminom Erfahrungsbericht

Hallo zusammen,

ich bin schon seit einer ganzen Weile hier in diesem Forum am Lesen und möchte mich auch einmal kurz vorstellen. Mir haben die Erfahrungsberichte im Forum erstaunlich viel Mut gemacht und auch eine Menge Angst bisher genommen.

Zu meiner Person:
36 Jahre, verheiratet, ein Kind (6 Jahre alt)

Ich habe ca. Anfang April einen vergrößerten Hoden bei mir festgestellt. Zunächst dachte man natürlich an nichts böses und hat ein paar Tage gewartet, in der Hoffnung, dass die Schwellung wieder zurück geht.
Als die Schwellung nicht besser, sondern sogar noch wesentlich größer wurde habe ich einen Termin beim Urologen gemacht. Das Internet gab alle möglichen Antworten für eine vergrößerten Hoden, allerdings bin ich immer wieder auf nicht schmerzhafte Schwellung in Verbindung mit HK gekommen. Das brachte mich dann doch schon erheblich zum Nachdenken.

Am 24.04. hatte ich dann meinen Termin beim Urologen. Nach einem kurzen "Oh" und einer schnellen Ultraschalluntersuchung bestätigte mir der Arzt meinen Verdacht. Mein Urologe hat sofort einen Termin im KH gemacht und mir mitgeteilt, dass der betroffene Hoden entfernt werden muss. Op Termin war direkt morgens am 27.04.

Ich war natürlich erstmal am Boden zerstört und auch entsprechend geschockt. Die nächsten Tage kamen einem vor wie ein Traum. Richtig realisieren konnte man das ganze nicht. Ich war und bin froh, dass meine Frau da ist und mich jederzeit unterstützt hat. So eine Stütze im Leben nimmt einem viel Angst und gibt einem Mut.

Die OP am 27.04. verlief ohne Komplikationen. Die Details spare ich mir, allerdings hatte ich sehr viel Angst, da ich auch noch nie operiert wurde und ich nicht wusste was mich erwarten würde. Die Ärzte haben mir allesamt sehr viel Mut zugesprochen. "Wenn man sich einen Krebs aussuchen dürfte, dann Hodekrebs!"

Da ich am Freitag operiert wurde musste ich fast 1,5 Wochen auf den Befund warten. Die pathologische Untersuchung ergab
- Klassisches Seminom pT1 R0 L0 V0 Mx
- Keine Tumormarker (nicht ungewöhnlich bei einem klassisches Seminom)
- ca. 5,5 cm groß
- beginnende Infiltration des Rete testis
- Biopsie des anderen Hoden tumorfrei


Nach einem Gespräch mit dem Urologen dann erstmal eine Ernüchterung. Klassisches Seminom ist nicht so aggressiv und streut eher selten. Allerdings ist die Tumorgröße schon erhöht und die beginnende Infiltration der Rete testis machten ihm Sorgen.

Den Termin für das CT hatte ich dann bereits am 09.05.18
Der Befund ergab vergrößerte Lymphknoten im Bereich der Lunge. Medistinum, infrakarinal rechtshilär etc. Insgesamt 5-6 vergrößrte Lymphknoten von 1,2cm bis 1,9 cm

Das war natürlich erstmal ein Schock. Metastasen Bildung im Bereich der Lunge ist nicht ungewöhnlich aber selten, vor allem da der Becken- und Bauchraum komplett frei war. Vorstellung wieder beim Urologen. Die vergrößerten Lymphknoten könnten durchaus Metastasen sein, wenn ich allerdings ohne meiner HK Erkrankung die vergrößerten Lymphknoten gehabt hätte, würde man diese eher als unauffällig betrachten.
Also Überweisung an die Onkologie. Allerdings keine Überweisung an das lokale Onkolgie Zentrum, sondern an das nächstgrößere ca. 70 KM entfernt.

Zitat: " Die schauen da etwas genauer hin..."


Termin in der Onkologie war dann am 22.05.18
Dabei kamen die Ärzte zum selben Entschluss. "Könnte, hätte, evtl. weiß keiner." Derzeitiger Verdacht: Metastasen, Stadium IIIa. Daraufhin wurde ein PET-MRT veranlasst um die Lymphknoten genauer zu prüfen. Erstaunlicherweise war das PET-MRT direkt am 25.05.18.

Bereits eine Stunde nach dem PET-MRT direktes Gespräch mit der Ärztin. Die Lymphknoten leuchten. Stoffwechsel vorhanden. Mehrere kleine Herde.
Und nun kommt`s: Verdacht auf Sarkoidose!

Aber könnte sich auch um Metastasen handeln. Genauere Überprüfung nur möglich durch pathologischen Befund.

Am 28.05. wieder Vorstellung in der Onkologie. Keiner weiß genau was es sein könnte. Leider ist es durchaus schon vorgekommen, dass Patienten durch eine falsche Diagnose übertherapiert wurden! Krasses Beispiel eines Patienten mit vergrößerten Lymphknoten. Hat einen Zyklus von 3xPEB erhalten und im Nachhinein hat sich herausgestellt, dass es eine Sarkoidose war.
Also neuer Termin im KH: Bronchoskopie, Lungenspülung, Entnahme von 2 Lymphknoten aus dem Mediastinum zur pathologischen Untersuchung.

Wieder OP.

Im Nachhinein war die OP nicht so schlimm und die Schmerzen hielten sich in Grenzen. Im KH wurde man allerdings immer wieder mit Patienten konfrontiert, die gerade Diagnose LK erhalten haben. Das war teilweise echt nicht schön. Da konnte man froh sein, dass man "nur" HK hat.

OP war am 01.06. und bereits am 05.06. war der Befund da. Der operierende Arzt hat mich direkt angerufen. "Keine Krebszellen, alles frei! Ist eine Sarkoidose."

Ich habe mich noch nie über eine Krankheit so gefreut! Von v.A. Stadium IIIa auf Stadium I. Super Sache!
Meine Vorbereitung auf 3xPEB waren damit auf einmal weg. Vor der PEB habe ich wirklich sehr großen Respekt.

Die Einzelheiten zur Sarkoidose spare ich mir. Ist bei mir im Anfangsstadium und wäre nicht aufgefallen wenn ich im CT gelandet wäre. Zu 90% geht eine Sarkoidose von alleine wieder weg!

Also wieder Vorstellung beim Onkolgen und Urologen. Beide freudig und selbst mein Urologe meinte, dass es leider durchaus schon zu Übertherapie gekommen ist aufgrund einer falschen Diagnose. Also: Bisher alles richtig gemacht!

Nun stand aber eine weitere Entscheidung im Raum. 1x Carbo oder W&S? Also wieder viel lesen, lesen, lesen. Hier in diesem Forum bin ich natürlich auch fündig geworden. Evtl. sogar 2x Carbo, sonst lieber W&S, oder doch nur 1x Carbo....

Letzendlich habe ich mich für 1x Carbo entschieden. Mein Rezidivrisiko ist bei mir doch enorm erhöht, auch wegen der größe des Tumors. Bei der Chemo habe ich sehr großen Respekt vor den Spätnebenwirkungen, die bei einer PEB nicht gerade unbedenklich sind.

Morgen ist es soweit (21.06.18) und wieder kommt eine Ungewissheit und Angst in mir hoch. Mir hat allerdings dieses Forum mit den tollen Erfahrungsberichten sehr viel Mut gemacht. Das möchte ich nun auch weitergeben!

Wir dürfen eins nicht vergessen: "HK ist sehr gut therapierbar und die Heilungschancen sind sehr sehr gut!" Daran sollte man immer festhalten!

Geändert von Hagga (20.06.2018 um 11:45 Uhr) Grund: Rechtsschreibfehler
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