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Alt 07.03.2015, 04:07
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bergmädel bergmädel ist offline
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Standard AW: Chek 2

Hallo Paula!

auch an dich vielen Dank dafür, dass du weiter geschrieben hast. Ich finde es sehr gut, dass du den Termin für deine Mutter gemacht hast und sie begleitest. Ich hoffe sehr für deine Mutter, dass sie sich trotz aller Angst erleichtert fühlen wird und es vielleicht auch jetzt schon tut, denn eins ist klar: Trotz Angst und der wachsenden Gewissheit, Brustkrebs zu haben nicht zum Arzt zu gehen, ist brutal anstrengend. Und du weißt immerhin auch erstmal, dass jetzt medizinische Hilfe starten kann, vorausgesetzt, deine Mutter will das auch.

Und dass du wütend bist, ist nicht nur okay- es ist angemessen. Auch deine Frage nach ihren Gründen dafür, nichts gesagt zu haben. Ich glaube nicht, dass es für deine Mutter nur um selbstbezogene Dinge ging. Es könnte sein, dass dabei ihre Sorge um dich (und um deinen Bruder) auch eine große Rolle gespielt hat.

Paula, meine Mutter ist nach dem ersten Knotenfühlen in ihrer Brust über zwei Jahre nicht zum Arzt gegangen. Sie hat mich diesen Knoten damals auch fühlen lassen. Er war noch klein. Sie hat sich nicht behandeln lassen, sie hat einfach garnichts gemacht. Sie ist zwei Jahre später gestorben. In diesen zwei Jahren schritt die Krankheit auf schreckliche Weise fort. Im letzten halben Jahr versorgten mein Bruder und ich meine Mutter ohne ärztliche oder pflegerische Hilfe. Weil sie es bis zwei Tage vor ihrem Tod nicht wollte.
Und mein Bruder und ich respektierten ihre Entscheidung.
Diese Sätze sind kurz, die zwei Jahre mit allem, was darin passierte, waren es nicht. Damit meine ich auch alles an emotionaler Auseinandersetzung darin.

Was waren die Gründe meiner Mutter? Da sie selbst nicht viel darüber sprach, weiß ich bis heute nicht alles. Aber ich glaube, ich weiß (und spüre) mittlerweile viel darüber, und das Verständnis für sie wurde im Laufe der Jahre größer. Und es wächst immer noch. Abgesehen davon ist es mir nicht mehr wichtig, mehr zu wissen. Andere Dinge sind wichtiger. Vor allem zu begreifen, wie sehr meine Mutter ihre Kinder geliebt hat.

Gib dir Zeit, Paula (machst du ja auch schon). Niemand kann dir abnehmen, dich mit deiner Mutter und dir selbst auseinanderzusetzen, oder dir den Schmerz abnehmen. Aber vielleicht hift es, dir vorzustellen, dass Verständnis und Versöhnung auf dich warten. Und mit Sicherheit werden zwischen dir und deiner Mutter noch sehr schöne Dinge passieren. Ich wünsche euch das sehr!

Und viel Erfolg am Montag für ein gutes Gespräch beim Plastiker .
Weiter Kopf hoch, ja? Sandra
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Unsere größten Ängste sind die Drachen,
die unsere tiefsten Schätze bewahren.

Rilke
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