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Alt 16.07.2003, 13:16
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Standard junge Frauen und der Tod der Mutter

Hallo,
ich war einige Zeit nicht mehr hier und jetzt erst lese ich diesen Thread. Was ihr da alle schreibt, sind meine Gedanken. Ich habe am 19.12.02 meine Mama (51) verloren, bin selbst erst 30 Jahre alt. Die Tatsache, dass meine Mama und ich ein tolles Mutter-Tochter-Verhältnis hatten und ständig zusammenhingen, macht die Trauer für mich nicht leichter - im Gegenteil. Der Verlust ist kaum mehr auszuhalten. Anfangs fühlte ich nichts, mittlerweile wird der Schmerz von Tag zu Tag größer. Ich vermisse sie so schrecklich. Ich denke ständig an sie und frage mich immer öfters, wo sie jetzt wohl sein mag, ob sie irgendwie bei uns ist.

Liebe Sandrah,
ich habe eine kleine Tochter, sie ist jetzt 1,5 Jahre. Als meine Mama starb, war sie gerade mal ein Jahr alt. Natürlich wird mein Tag von ihr bestimmt und sie lenkt ab. Manchmal kommen aber Tage, da möchte ich am liebsten nur weinen und mich meiner Trauer und meinem Verlust hingeben, kann aber nicht, weil die Kleine mich fordert. So hilfreich diese Ablenkung anfangs auch war, der normale Alltag kam dadurch viel schneller wieder, aber ich hatte kaum Gelegenheit, über den Tod meiner Mama nachzudenken, geschweige denn ihn überhaupt zu begreifen. Es macht mir Angst, dass alles normal weitergeht. Es ist doch nichts mehr wie es vorher war und ich will einfach nicht, dass der Alltag so weitergeht, als wäre nichts geschehen. Manchmal denke ich, vielleicht fällt die Trauer doch leichter, wenn man sich gehen lassen kann, wie und vor allem wann man möchte. Mit Kind ist das fast unmöglich. Trotzdem bin ich natürlich dankbar, dass wir unseren Sonnenschein haben, denn ich weiß nicht, wie wir es ohne sie geschafft hätten. Meine Mama hat sie über alles geliebt und es bricht mir das Herz,

liebe Elka,
ähnlich wie bei Dir, wenn ich sehe, wie sie wieder irgendetwas neues lernt und meine Mama es nicht mehr miterleben kann. Sie plappert jetzt die ersten Worte - meine Mama wäre so stolz gewesen. Ich muss jedes Mal daran denken, wie gern sie das noch gesehen hätte. Das macht mich so schrecklich traurig und wütend zugleich. Warum nur musste das so passieren?

Jemand von Euch hat geschrieben, dass sie meine Mutter vor der Trauerfeier noch einmal gesehen hat und sofort gewußt hat, dass sie irgendwo anders sein musste. Genau das Gefühl hatte ich auch. Die Frau in dem Sarg war nicht meine Mama und auch als ich sie im Krankenhaus tot gesehen und berührt habe, da war kein Leben, das war nicht sie, ich hatte das Gefühl, sie war schon irgendwo anders. Das hat mich irgendwo beruhigt und noch in meinem Glauben bestärkt, dass der Tod nicht das Ende ist. Ich wünsche mir so sehr, dass sie uns zusehen kann, und wir uns irgendwann wiedersehen. Es ist komisch, aber der Tod ruft in mir nicht mehr dieses beklemmende Gefühl und die Angst vor dem Ungewissen hervor, weil ich genau weiß, dass sie da sein und auf mich warten wird. Folgenden Text habe ich neulich gelesen und fand ihn sehr beruhigend; vielleicht hilft er auch ein wenig:

Denk Dir ein Bild. Weites Meer.
Ein Segelschiff setzt seine weissen Segel
und gleitet hinaus in die offene See.
Du siehst, wie kleiner und kleiner wird.
Wo Wasser und Himmel sich treffen,
verschwindet es.
Da sagt jemand: nun ist es gegangen.
Ein anderer sagt: es kommt.
Der Tod ist ein Horizont, und ein Horizont
ist nichts anderes als die Grenze
unseres Sehens.
Wenn wir um einen Menschen trauern,
freuen sich andere,
ihn hinter der Grenze wieder zu sehen...
Vielleicht ist es kein Weggehen,
sondern Zurückgehen?
Sind wir nicht unterwegs
mit ungenauem Ziel
und unbekannter Ankunftszeit,
mit Heimweh im Gepäck?
Wohin denn sollten wir gehen
wenn nicht
nach Hause zurück?

Ich umarme Euch alle
Kiki
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