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Alt 16.07.2003, 21:52
Gast
 
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Standard junge Frauen und der Tod der Mutter

Ihr Lieben alle,

ich weiß mal wieder gar nicht, wo ich anfangen soll.

Liebe Alessa, bitte mache dir nicht solche Vorwürfe. Kinder bekommt man doch nicht, um anderen Menschen eine Freude zu machen, sondern weil man selbst es möchte. Und wenn man das (noch) nicht möchte, ist man nicht egoistisch oder ähnliches! Ja, es ist unglaublich schade, das deine Mutter nicht mehr erleben darf, dass sie Oma wird. Aber deswegen solltest du dir wirklich keine Vorwürfe machen!
Du musst auch nicht auf eine schöne Hochzeit verzichten, nur weil du das Gefühl hast, es wäre nur noch die Hälfte wert, weil deine Mutter nicht dabei sein kann. Überstürzen musst du nichts! Aber eines Tages solltest du eine Hochzeit feiern, von der du weißt, dass sie deiner Mutter auch gefallen würde. Und die dir selbst gefällt. Ohne Schuldgefühle.
Wer nicht an Seelen und ein weiterleben nach dem Tod glaubt, dem werden folgende Worte auch nicht helfen.
Doch ICH habe den Glauben an ein „Leben“ nach dem Tod. Meine Mutter wollte so gerne sehen, wie ich mein Diplom mache, und was ich mal beruflich machen werde. Und auch wenn ich diese Dinge nicht mehr auf die gewohnte Weise mit ihr teilen kann, so bin ich doch überzeugt, dass sie all das miterleben wird.

Unsere Mütter wollen sicher, dass wir glücklich sind. Dass wir uns keine Vorwürfe wegen verpasster Dinge machen.
Ich hatte kurz nach dem Tod meiner Mutter furchtbare Schuldgefühle wegen vieler Dinge. Ich habe alles aufgeschrieben, und den Brief bekam sie mit in den Sarg. Danach habe ich versucht, mit diesen Selbstvorwürfen abzuschliessen. Und das solltest du auch versuchen. Damit DU glücklich werden kannst. Und deine Mutter auch!


Liebe Kiki,
ich war diejenige, die von der Gewissheit schrieb, dass meine Mutter irgendwo sein muss, und darüber, dass der tote Körper mit ihr nichts zu tun hatte.
Es ist schön zu hören, dass es anderen Menschen ähnlich ging.
Diesen Text am Ende deines Beitrages finde ich wirklich wunderschön. Es ähnelt ja sehr dem Spruch, den wir auf den Trauerkarten und in der Anzeige hatten.

Ich kann mir gut vorstellen, dass Kinder sowohl Wohltat als auch „Belastung“ sein können in einer Situation wie dieser. Naja, Belastung natürlich nicht im wörtlichen Sinne. Meine Schwester ist 36 und hat einen Sohn von 13 Jahren. Das bedeutet ja nicht nur Ablenkung, sondern auch Trost; jemand ist da, den man liebt wie sonst wohl niemanden: das eigene Kind.
Ich bin 23 und Studentin. Das hat wiederum für mich den Vorteil, dass ich flexibler bin in meiner Zeiteinteilung. Ich verbringe den Rest des Semesters bei Papa, und einen Großteil der Ferien auch. Ich kann mich in meine Trauer fallen lassen, grübeln, meinen Gedanken nachhängen. Das kann meine Schwester nicht. Sie hat einen Job, einen Haushalt und ein Kind, um das sie sich kümmern muss.

Man kann wahrscheinlich nicht sagen, dass die eine oder die andere Variante die leichtere ist.

So, jetzt schreibe ich aber mal extra drüber „liebe Sandra“ ;-)
Ich kann so wenig beitragen, habe ich das Gefühl, weil meine Mutter noch nicht mal drei Wochen tot ist. Ihr alle geht mit der Trauer schon länger um, und deshalb kann ich wohl keinem von euch Tips zur Bewältigung geben. Ich bin mir ja nichtmal sicher, wie meine eigene Bewältigung in Zukunft aussehen wird. Und wie lange das dauern wird.

Dass du diesen Thread ausgerechnet am Todestag meiner Mutter eröffnet hast, hat mich echt geplättet. Das muss Schicksal sein! :-) Jedenfalls habe ich mich davon natürlich augenblicklich angesprochen gefühlt.

Nächste Woche wird wohl die Urnenbeisetzung sein. Davor habe ich aber keine große Angst, denn zu der Urne habe ich keinen starken Bezug. Die Trauerfeier war viel schwieriger.
Ich bin froh, wenn endlich, in einigen Wochen, der Stein auf dem Grab liegt. (es ist ja kein klassisches Urnengrab, sondern ein Platz in der Wiese, auf den dann eine Platte kommt)
Diese Urne hat mit meiner Mutter nicht mehr viel zu tun. Hatte ich das schonmal erzählt? Ich habe nicht das Gefühl, dass meine Mutter dann auf diesem Friedhof sein wird. Aber ich glaube, dass sie dorthin kommen wird, wenn sie sieht, dass ich ihr Grab besuche. Dann haben wir sozusagen einen Treffpunkt.

Die meiste Zeit des Tages fühle ich mich immer noch sehr normal. Aber es passiert immer öfter, dass der Schmerz über den Verlust einen Augenblick durchkommt. Dass ich begreife, dass wirklich das schlimmste passiert ist, was ich mir seit Monaten vorstellen konnte. Und dass Mama nie wieder kommt.
Und dann merke ich auch, wie ich mich schnell wieder abschotte. Es tut einfach zu weh.

Jetzt hab doch wieder mehr geschrieben als geplant. Aber das scheint ja nicht nur mir so zu gehen.
Ich schicke euch allen erstmal liebe Grüße!

Bis ganz bald!
Katrin
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