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Alt 03.06.2016, 09:46
SilentAngel SilentAngel ist offline
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Registriert seit: 24.05.2016
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Standard AW: Leberkrebs Endstadium

Hallo und wieder einmal vielen lieben Dank für eure lieben Worte!

Ich habe gestern um halb 12 Mittags einen Anruf erhalten. Das Palliativteam war da und meinte, mein Opa mache sich nun auf den Weg. Ich hab meine Sachen gepackt und bin losgefahren - ebenso alle anderen Enkel, Kinder und Schwiegerkinder. Seit gestern 11 Uhr ist er in Trance...wie komaartigem Zustand. Er bewegt sich nicht mehr wirklich...einziges Zucken der Finger und Versuche zu nicken, wenn man ihn was fragt. Ich saß bis 21 Uhr an seinem Bett...hab seine Hand gehalten...Er schreckte immer wieder hoch...riss seine Augen auf...als würde er gerne gehen, doch irgendwas hält ihn zurück. Er atmet lange nicht und holt dann wieder sehr tief und gequält Luft...als würde er sich selbst zurückholen. Das zu sehen Wahnsinn..geht durch Mark und Bein und tut unbeschreiblich weh.
Als er gestern Morgen aufwachte, wollte er noch ein letztes Mal vor die Tür. Also schleppten sie ihn vor die Tür, damit er ein letztes Mal einen Blick nach draußen werfen kann. Im Bett zurück fiel er dann in diesen komatösen Zustand. Ob es die Medikamente sind...ich weiß es nicht.
Letzte Nacht war ruhig (die Nacht davor sehr unruhig und zappelig). Um 5 Uhr morgens versuchte er zu schreien...doch er bringt keinen Ton mehr raus...Ihm wurden Medikamente wieder verabreicht...seitdem ist er wieder ruhig.

Das Palliativteam ist klasse...sie kümmern sich nicht nur um Opa, sondern erklären und reden auch sehr viel mit den Angehörigen. Sie haben die letzte Reise gestern sehr schön und anschaulich beschrieben....
Demnach muss man es sich vorstellen wie eine Geburt...die Reise eines Babys in die Welt kann schnell gehen oder aber auch länger andauern. Es kann nichts sehen, allerdings sehr gut hören und nimmt schon sehr viel wahr. Genauso ist es, wenn jemand seine letzte Reise antritt. Er kann nicht mehr sehen (mein Opa öffnet seine Augen nicht mehr) aber er kann alles um sich herum hören...auch Flüstern. Und irgendwann ist für ihn der Moment gekommen, an dem er die richtige Tür gefunden hat und sie von außen schließt.

Der Gedanke ist schön...ich halte mir das nun immer vor Augen.
Ich hätte mir im Leben nicht gedacht, dass ich sowas jemals sagen/schreiben würde...aber ich wünsche mir für ihn, dass er die richtige Tür bald findet und erlöst wird....dass er dann ein besseres, schöneres und leidloses Leben auf der anderen Seite hat...und dass er dort auf uns wartet.

@Drea: Deinem Papa nachträglich alles Liebe zum Geburtstag! Irgendwann sitzen wir dann alle wieder beisammen und feiern miteinander. Es tut mir leid, dass auch du diese Erfahrung machen musstest.
Manchmal ist es absolut unverständlich und nicht wirklich begreiflich, was ein Mensch alles aushalten und durchstehen kann/muss.

@Corona: Irgendwie schlimm...wenn ich deine Zeilen lese...denn mir geht es auch so. Ich weiß es, was passiert und was sich nicht verhindern lässt und dennoch geht es zu schnell. Der Gedanke, dass er nicht mehr lange da ist und schon auf der Reise ist, schmerzt sehr. Ihn nicht bei meiner Hochzeit dabei zu haben später mal...oder meiner Sponsion (er ist mächtig stolz deshalb auf mich) ..ihm nicht mehr unser Haus zeigen zu können...ihn nicht mehr auf seinem Platz am Tisch sitzen zu sehen und das "Ja hallo mein Mädel" zu hören, wenn ich ihn besuche...es brennt überall in mir. Ich glaube dir geht es gleich mit deiner Oma?!

Und alle Banalitäten, die einem das Leben manchmal "schwerer" machen, rücken in solch Situationen in den Hintergrund und sind von einer auf die andere Sekunde Nichtigkeiten.

Geändert von gitti2002 (03.06.2016 um 12:56 Uhr) Grund: Beiträge zusammengeführt
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