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Alt 04.07.2006, 22:55
biancaneve biancaneve ist offline
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Standard AW: An alle jungen Hinterbliebenen

Liebe Katti,

hab vielen Dank für Deine Antwort. Es war für mich irgendwie beruhigend zu sehen, dass Du sehr ähnliche Gedanken hattest wie ich.
Bei uns ist alles so schnell gegangen, und wir wurden auch von den Ärzten reichlich allein gelassen. Ich musste im Lauf des März selbst feststellen, dass die Hoffnungen immer mehr davonschwimmen. Eigentlich schien alles schon gut - nach ihrer Ersterkrankung 2003 schien alles wieder in geregelten Bahnen zu verlaufen, als 2005 vergrößerte Lymphknoten entdeckt wurden. Nach Operation und Strahlentherapie (keine Chemo wie 2003, kein Herceptin, obwohl alle Faktoren dafür vorgelegen waren) ging es ihr unheimlich schnell wieder gut. Ende Jänner dann wurden erhöhte Leberwerte festgestellt - jedoch sagte man ihr im Krankenhaus, sie solle doch in drei Monaten mit einem Befund vom Leber-Ultraschall wiederkommen. Da es ihr jedoch zunehmend schlechter ging, wurden Ultraschall und CT doch schon Mitte März gemacht. Diagnose Leber- und Knochenmetastasen. Eine Woche verging, ehe sich das Krankenhaus zu einem Termin herabließ und sich nun endlich für Herceptin entschied. Schlußendlich kamen noch Taxol und Zometa dazu - obwohl für Taxol bereits eine Kontraindikation wegen der bereits schweren Leberschädigung bestand. Bei der Dosierung der Chemo verließ man sich auf Gewichtsangaben, die nicht mehr stimmen konnten. Sie war dann noch drei Tage zu Hause, ehe wir sie wieder ins Krankenhaus bringen mussten. Am Tag darauf hätte ich beruflich ans andere Ende von Österreich fahren müssen. Ich wollte die Reise bereits absagen, als jedoch die Nachricht kam, dass jeglicher Besuch aufgrund der Ansteckungsgefahr viel zu gefährlich und somit ab sofort verboten sei. Ich solle ruhig fahren, man werde mich verständigen, sofern sich ihr Zustand verändere. Im nachhinein mache ich mir die schlimmsten Vorwürfe, auf diesen Rat der behandelnden Ärzte zu hören - nur was hätte ich tun können... Am 5. April versuchte mein Vater, sie auf ihrem Handy anzurufen, sie nimmt es jedoch nicht, was bis zuletzt absolut ungewöhnlich für sie war. Er rief daraufhin auf der Station an, aber dort hieß es, man könne ihm nichts sagen, es wäre aber gut, wenn er kommen könne. Vor Ort wurde ihm dann mitgeteilt, dass bei eventuell auftretenden Herz-Kreislauf-Problemen keine Reanimation mehr vorgenommen werde... Eine halbe Stunde später saß ich im tiefsten Tirol in meinem Auto und war auf dem Weg zum Flughafen Innsbruck. Kaum in Wien gelandet, sah ich schon den Anruf auf meinem Handy... sie war in der gleichen Minute gestorben, in der mein Flugzeug in Innsbruck abgehoben war.

Das war jetzt eine lange Nachricht, aber es war mir wichtig (und ich glaube, es auch zum ersten Mal geschafft zu haben), mir einmal alles "von der Seele" zu schreiben.

Liebe Grüße und gute Nacht,
Alexandra
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