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Alt 22.09.2016, 12:21
Dimolaidis Dimolaidis ist offline
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Standard AW: Mein Papa (58) wird sterben - wie komm ich (27) ohne Papa zurecht

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Zitat von Plenske Beitrag anzeigen
Bis letzten Monat. Bei einer Nachsorgeuntersuchung stellten die Ärzte erneut Leberkrebs fest. Unheilbar. Heute bekommt er die erste Chemo - unwissend, ob das überhaupt noch hilft.
Leberkrebs oder Lebermetastasen vom Darmkrebs? Ist ein Unterschied bei den Behandlungsoptionen.
Mein Vater hatte Darmkrebs mit Lebermetastasen. Der Darmkrebs wurde rausoperiert, die Lebermetastasen waren so gross das sie inoperabel waren.
Er bekam dann alle möglichen Chemos, Tace und Sirt und überlebt damit fast 3,5 Jahre.

Zitat:
Zitat von Plenske Beitrag anzeigen
Ich informiere mich viel über Behandlungsmöglichkeiten
Wenn es Lebermetastasen vom Darmkrebs sind fallen mir spontan als Chemos ein:
Folfox
Xeloda (Tablettenchemo) in Kombination mit Avastin (Antikörper)
Folfiri mit Aflibercept (Antikörper)
Stivarga gibts in Deutschland scheinbar nicht mehr
Lonsurf (TAS 102)

und wenn er nicht K-Ras mutiert ist noch Panitumumab.

Dann kann man noch Chemo direkt in die Leber injizieren. Nennt sich TACE.

Und dann kann man noch kleine mit Strahlung geladene Kugeln in die Leber applizieren, ebenfalls über den Katheder. Die strahlen den Tumor kaputt und verstopfen die Versorgungswege (Blutgefäße) des Tumors. Nennt sich SIRT, Gibts nicht überall. Und wirkt auch gut bei Leberkrebs. Damit mein Vater das bekommt mussten wir das Krankenhaus wechseln.

Zitat:
Zitat von Plenske Beitrag anzeigen
Ich (27) habe das Gefühl, dass ich irgendwas tun muss, um ihm zu helfen.
Ihm nur zur Seite stehen kann doch nicht alles sein?! Mein ganzes Leben lang war er an meiner Seite und für mich da, da muss man als Kind doch mehr tun können, als seinem Vatre beim Sterben zu zusehen? Ich informiere mich viel über Behandlungsmöglichkeiten, Sterbemöglichkeiten usw.
Leider doch. Wir als Angehörige müssen ohnmächtig akzeptieren das wir hier gegen einen übermächtigen Gegner kämpfen. Und du kannst sehr sehr viel an seiner Seite machen. Du kannst ihm zeigen wie gut du zurecht kommst. Du kannst mit ihm Zeit verbringen. Geht raus, die grossen Reisen sind vielleicht nicht mehr drin. Aber Orte die ihr mochtet in der Umgebung. Probiert neue Restaurants aus wenn ihr mal essen geht. Wenn es nicht so gut geht, bestellt abwechseln Essen vom Restaurant. Schau was ihm im Leben vielleicht etwas Probleme bereitet, hilf ihm das zu ändern. Die eine Chemo hat meinem Vater Probleme beim Gehen bereitet, wir kauften ihm Nike Free, er konnte wieder laufen wie früher. Das wirkt vielleicht wie Kleinkram, aber es gibt dem Kranken Sicherheit. "Du hast ein problem? - Ich finde eine lösung! Du bist nicht allein!"

Das kann eine grosse und sehr wichtige Aufgabe sein.



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Zitat von Plenske Beitrag anzeigen
Wie soll das funktionieren? Wie wird es Mama ergehen? Ich probiere immer eine Stütze zu sein, weine viel, wenn ich alleine bin. Der Gedanke daran, dass er schrecklich leiden muss, zerreißt mir mein kleines Tochterherz.
Es muss.
Du musst es aber aus seiner Sicht sehen, wenn er dich leiden sieht macht ihm das auch zu schaffen.
Ich habe mit meinem Vater nie direkt darüber gesprochen wann er stirbt, wie es dann sein wird. Aber er hat am Ende gesehen wie wunderbar alles lief als wir ihm den Alltag abnahmen, das keiner von uns Angst hatte. Irgendwie haben wir normal bis zum Ende gelebt und der Tod kam dann überraschend.

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Zitat von Plenske Beitrag anzeigen
In der Phase, in dem es ihm schlechte rgeht, ziehe ich mich oft von Freunden zurück, weil ich Schuldgefühle habe, wenn es mir hut geht, ich lache oder Ähnliches.
Hmm. Stell dir mal einen Raum vor in dem Kranke und Angehörige sitzen uns alle haben Panik und weinen. Das bringt keinem was. Natürlich war ich, wenn ich alleine war traurig. Man würde alles tun und es gibt doch nichts was das Problem gänzlich löst. Nur lindert. Irgendjemand muss voran gehen. Vielleicht rufen: Der Scheiss hat uns zwar erwischt aber wir tun gemeinsam unser möglichstes. Und wenn es uns mal erwischt, dann war es halt so. Aber bis dahin geniessen wir jede einzelne Sekunde unseres lebens.

Ich habe meinen Vater die 3,5 jahre begleitet, war bei jedem Arzttermin dabei. Das Freundschaftsverhalten ändert sich. Ich habe weniger beliebige Sachen gemacht. "Etwas trinken gehen", was ich schon so oft gemacht habe? Da war ich raus. Das hat mir in der Situation nichts gegeben. Wenn ich mich mit Freunden getroffen habe, dann haben wir eher nen kleine Ausflug sonntag nachmittags gemacht. Oder neue Burgerläden ausprobiert. Eben auch etwas Mühe gemacht.

Als mein Vater die letzten Wochen das haus nicht verlassen konnte und ich an seiner Seite war kamen Freunde vorbei wenn mein Vater schlief und wir sind schnell zum Imbiss damit ich überhaupt mal raus konnte. Je nach Bedarf.

Kapsel dich nicht ab, aber es schadet vielleicht auch nicht etwas zu selektieren. Wenn du aber merkst dir tut etwas gut, dann mach das ruhig.
Dein Vater will auch das seine Tochter lebt.

Und kümmer dich nicht um Sterbemöglichkeiten. Erstmal kann man medizinisch was machen und Zeit gewinnen.
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