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Alt 19.09.2014, 16:12
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HelmutL HelmutL ist offline
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Standard AW: Geht es euch auch so?

Hallo zusammen,

Professor Beck sagt wörtlich auf die Frage 'Wie lange': "Wir jetzt, im europäischen Sprachraum, würden sagen, in diesem Kulterkreis, wie sie es ja eindrücklich beschrieben haben, Fr. Koller, entspricht es dem, was die berühmte schweizer Sterbeforscherin Elisabeth Kübler-Ross beschrieben hat: die Stadien der Verleugnung, das Nicht-wahrhaben-wollen, vielleicht auch Wut, dann verhandeln, dann Akzeptanz, dann aber auch Depression. Sechs Monate würden wir so über den Daumen sagen, sollte es gehen."

Da steht nichts von Muss. Da steht nichts davon, dass man dann zum Psychiater gehen muss und sich als depressiv Kranker behandeln lassen sollte. Da steht nichts, was besagt, die Trauer wäre eine Depression, eine Krankheit. Wer genau zugehört hat, wird gehört haben, dass die Depression ein Teil der Trauer sein kann und dass die Depression in der Trauer sich zu einer pathologischen Depression entwickeln kann, jedoch nicht muss. Er spricht z.B. auch davon, dass es diese Aufhellungen (die Erinnerung z.B. an die schönen Dinge der Vergangenheit oder anderes) in der pathologischen Depression so, wie in der Trauer, ja gar nicht gibt. Auch die sechs Monate sind nur ein ungefähres Maß.

Ich kenne alle diese Phasen und Gemütszustände. Und ja, auch die Depression in der Trauer mit allen Begleitumständen wie Antriebslosigkeit, abgrundtiefe Verzweiflung, Flucht in den Alkohol bis hin zum Suizidgedanken. Ich habe mich von Anfang an geweigert (genau wie omondi es für sich selbst beschrieb), professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Ich wollte es selbst schaffen und habe es geschafft und jeder, der diesen Weg gegangen ist, weiß, wie verd... schwer das ist. Frau Koller in dem Film wusste gar nichts von ihren Depressionen, und hat es trotzdem geschafft. Lange nach dem halben Jahr.

Das ist der Knackpunkt: wer es nicht aus eigener Kraft schafft, diese depressiven Phasen zu überwinden oder zumindest an ihnen zu arbeiten, der rutscht ganz leicht in eine pathologische Depression aus welcher er ohne professionelle Hilfe nicht mehr heraus kommt. Und da denke ich, ist das halbe Jahr schon eine ungefähre Richtschnur. Wer sich innerhalb dieses Zeitraums auf den Weg zurück ins Leben gemacht hat, braucht sich über Zeit keine Gedanken zu machen. Auch nicht, wenn er oder sie bis dahin noch keine endgültige Lösung gefunden hat. Der Weg kann durchaus noch sehr weit sein und es heißt ja nicht, dass er/sie danach nicht mehr traurig ist im Gedanken an den/die Verstorbene/n und es keine tiefen Löcher mehr gibt.

Man muss unterscheiden zwischen depressiven Phasen (mit allen Symptomen der pathologischen Depression) in der Trauer, aus welchen man aus eigener Kraft herauskommen kann, und einer behandlungsbedürftigen Depression, die man ohne fremde Hilfe nicht mehr schafft. Die Unterschiede wurden sehr klar angesprochen in dem Film.

Nicht alles, was einem nicht auf Anhieb gefällt, ist deswegen falsch. Es gibt Menschen, die nach 2 oder 3 Monaten wieder mitten im Leben stehen. Auch das ist prinzipiell nicht falsch, nur individuell.


Liebe Grüße,

Helmut
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