Einzelnen Beitrag anzeigen
  #2  
Alt 07.07.2018, 22:46
WienMartin WienMartin ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 18.04.2018
Beiträge: 32
Standard AW: Hodentumor 12mm. Stadium?

Zuerst einmal, "Willkommen", auch wenn es kein erfreulicher Anlass ist.

Nach so einer Diagnose ist man natürlich völlig geschockt, hat 1000 Fragen, wo wir meist dann doch Angst vor den Antworten haben.
Das wichtigste : Mit Hodenkrebs hat man einen der Krebsarten erwischt, welcher am besten therapierbar ist, mit den höchsten Heilungschancen. Natürlich bleibt es trotzdem eine tödliche Erkrankung, unbehandelt binnen Monate oder 1, 2 Jahr sehr wahrscheinlich zum Exitus führt.

Ich zitiere meinen ersten Urologen, welcher meine 2 Seminome diagnostiziert hat:"Gratuliere, so kleine Tumore entdeckt wirklich kaum wer."
Und er hatte recht.
Mein Krebs war ca. 1,4cm "klein", der zweite auf dem gleichen Hoden noch winziger. Das ist schon mal sehr gut!
Jetzt ist Größe natürlich kein Indiz für die Aggressivität, Seminome gedeihen oft auf 5-7cm und das ohne jegliche Risikofaktoren.

Nicht Seminome streuen oftmals bereits bei geringer Größe und hat mit deutlich stärkeren Therapieformen zu Folge. Da wird tatsächlich der Urologe im KH ganz andere Kaliber gesehen haben.
Die OP ist für einen Chirurgen jetzt keine große Sache und eher etwas leichtes fürs Frühstück.

Ein Röntgen der Lunge ist schon mal gut, dennoch wird nach der OP wohl noch ein CT von Thorax/Abdomen folgen, da nur so die Bildgebung ausreicht, um Metastasen oder vergrößerte Lymphknoten zu entdecken.
Dass scheinbar keine Tumormarker entdeckt wurden, ist schon mal klasse und könnte für ein Seminom sprechen.

Wir sind alle keine Ärzte, sprechen nur aus Erfahrung, versuche aber trotzdem deine Fragen zu beantworten:

1) Jein, wie oben erwähnt, entspricht die Größe nicht zwangsläufig dem Stadium. Hierfür wird die Ausbreitung im Körper (Organmetastasen, Lymphbefall, Größe, Tumormarker, Befall von Rete Testis und natürlich Histologie herangezogen).
Aber vertraue deinem Arzt, er hat genug Erfahrung, in der Regel und in den meisten Fällen bedeutet Krebs, je größer desto schlechter. Deshalb je früher entdeckt, desto besser. Und 12mm ist wirklich klein.

2) Ein Röntgen ist tatsächlich zu wenig, um die Ausbreitung fest zu stellen. Und hierbei wird es nicht bleiben. In einem Röntgen erkennt man maximal sehr große Krebsherde, aber vergrößerte Lymphknoten oder Kleinstmetastasen sind erst bei einer CT und teilweise MRT sichtbar.

3) Jetzt kommt etwas, was wir alle durchgemacht haben, der allzeit bekannte "Clown". Jedes Wehwehchen, jedes Unwohlbefinden, etc. wird sofort dem Krebs zugeschrieben. Versuche dich davor zu hüten, auch wenn es unmöglich zu Beginn sein wird. Ich habe das gleiche durchgemacht, 1 Monat auf alle Befunde warten müssen ubn wusste im Vorhinein, meine starken Kreuzschmerzen sind ein Indiz von vergrößerten Lymphknoten. Natürlich war es nicht so, und ich hoffe, in deiner CT wird sich das ebenfalls als harmlos erweisen.

4) Siehe Punkt 3, nach der Diagnose aber noch vor dem Befund wird man sich ziemlich fertig machen und Sachen spüren, die eigentlich nicht existent sind.
Nachdem ich meine Diagnose erhalten hatte, spürte ich plötzlich ein Ziehen und Schmerzen in der betroffenen Leiste. Phantomschmerz, weil man sich etwas einbildet, was eigentlich nicht vorhanden ist.

5) Das sind Fragen, die kann dir nur ein Arzt beantworten. Meine Leberwerte waren meinem Lebensstil verdankend, weit jenseits von gut und böse. Alle wichtigen Blutmarker waren extrem überhöht. Gott sei Dank ist die Leber ein Fighter und kann sich sehr gut erholen (natürlich bis zu einem gewissen Punkt, wo es zu spät ist).
Ich bezweifle dass du seit 2 Jahren Lebermetastasen hast, du darfst dich nicht verrückt machen lassen, denn in so einem Fall wärst du wohl kaum mehr unter uns oder hättest es ganz bestimmt bereits gemerkt.

Ich bin mir sicher, du saugst jetzt jede Info über Hodenkrebs auf, wirst mit dem Gedanken aufwachen und schlafen gehen. Da wird dir keiner helfen können, da sind wir ALLE durch. Finde eine Möglichkeit dir das etwas zu erleichtern, evtl. sprich deinen Arzt darauf an, er verschreibt dir etwas angstlösendes, beruhigendes.

Auch wenn wir alle wissen, dass zu viel lesen über so ein Thema schlecht ist, und du oft Sachen lesen wirst, die dir Panik machen und dir die Luft zuschnürt, es hilft beim Vorbereiten, was sein kann und was evtl. noch kommen kann.

Aber vergiß nicht, wenn man sich einen Krebs aussuchen könnte, wird dir jeder Onkologe sagen, Hodenkrebs!

Geändert von WienMartin (07.07.2018 um 22:49 Uhr)
Mit Zitat antworten