Einzelnen Beitrag anzeigen
  #14  
Alt 11.12.2002, 08:09
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard Angehörige sind (fast) schlimmer dran!

Hi zusammen,
hallo Ina,
ja, das REDEN ist schon sehr wichtig. Sei es nun der Krebsbetroffene selber, seien es die Angehörigen oder auch die Kinder der Angehörigen. Das Reden gehört eben auch dazu, das Ganze zu verarbeiten, auf beiden Seiten.

Ich weiss noch, wie oft ich dieses Reden bei meinen Angehörigen gesucht habe. Nur leider half mir das ja auch nichts, wenn sie es erst gar nicht ernst nahmen und alles verharmlosten. (Heute habe ich es inzwischen aufgegeben!) In ihren Augen war ich offenbar dauernd am "jammern", dabei habe ich eigentlich bloss ihr "Verständnis" gesucht und gewollt, dass sie mich und meine Ängste ernst nahmen. Dass sie eben für mich DA waren, indem sie mir zuhörten. Es war gar nicht so viel, was ich bei ihnen suchte. Ich hätte mich schon irre darüber gefreut, wenn ich nur einmal von ihnen gehört hätte: "Wann musst Du zum Arzt? Möchtest Du, dass ich Dich hinbegleite?" Oder auch mal: "Ruf mich einfach an, wenn Du Reden möchtest, ich bin jederzeit für Dich da."
So wenig, und doch so viel.

Tja, das Internet kann man auch ein bisschen als "Zufluchtsort" sehen, stimmt. Aber in dieser Beziehung hat das Internet ja wirklich seine Vorteile. Warum schreiben wir denn alle hier rein? Weil wir uns austauschen möchten.
Vielleicht lernen ja viele Menschen erst durch das Internet wieder, dass man miteinander REDEN kann? Indem man es zuerst schriftlich macht, ist der Sprung zum Mündlichen vielleicht nicht mehr so weit?
Beim Schreiben ist man oftmals offener, es ist aber auch ähnlich wie ein "langsames" Sprechen, denn beim Hinschreiben überlegt man sich die Worte etwas genauer, weil man da dauernd die "Formulierung" überdenkt. - In der Regel, denk ich jetzt mal.

Dieses "Schweigen" Deines Mannes, liebe Ina, kann aber auch deswegen gewesen sein, weil er unter Schock stand. Diese Sprachlosigkeit von Krebsbetroffenen ist gar nicht so selten, wie ich das jetzt schon öfters hier im Forum festgestellt habe. Ich kenne es aber auch von mir selber, denn obwohl ich eigentlich ziemlich oft darüber reden wollte, gab es auch "Krebs-Momente", die mich schweigsam machten, die mich völlig starr und sprachlos werden liessen. Vor lauter Schock, und diesem unfassbaren Gefühl.
In solchen Momenten hätte mir auch niemand helfen können, hätte niemand ein Gespräch mit mir anfangen können. Da war es, als befände ich mich in einer engen Hülle, in einem Kokon, in welchem ich mich kaum noch richtig bewegen konnte.
Aber sobald ich wieder "draussen" war, und die Gespräche gesucht habe, war die Enttäuschung natürlich um so grösser, als mich meine Leute gar nicht anhören wollten, oder dann eben alles noch als "ist ja gar nicht so schlimm" betrachteten.
Da war es so für mich, als sässe nicht nur ich zwischendurch in diesem Kokon, sondern auch noch meine ganze Aussenwelt. Lauter verschlossene Hüllen, lauter Kokons ...!

Aber mach Dir keine Vorwürfe, Ina, denn ich denke, Du hast bestimmt trotzdem sehr viel für Deinen Mann getan. Du hast jenes getan, was er selber nicht tun konnte, weil er sich wahrscheinlich in diesem Kokon befand. Und manchmal ist die kleinste Kleinigkeit, sei es auch nur die Recherche im Internet nach Behandlungsmethoden, eine grosse Hilfe für den Betroffenen. Es hilft schon sehr viel, wenn man weiss, da ist jemand, der tut etwas für Dich.
Ich umarme Dich ganz fest, Ina!

Liebe Grüsse an Euch alle
von der "krassen" Brigitte
Mit Zitat antworten