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Alt 05.08.2016, 16:48
zarah zarah ist offline
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Standard AW: Auge wird entnommen

Waldiba, erzähl' mal ein bisschen mehr: Ist das das erste Mal, dass bei Dir Krebs festgestellt wurde? Oder ist das bereits ein Rezidiv / eine Metastase? Welche Krebsart ist es genau (Aderhautmelanom, Plattenepithelkarzinom, oder weißt Du das noch nicht so genau)? Kennst Du die operierenden Ärzte und die Klinik von ausführlichen Vorgesprächen? Fühlst Du dich dort gut aufgehoben? Bist du darüber aufgeklärt worden, was man im Anschluss an prothetischer Versorgung (Kunstaugen bzw., wenn nicht nur der Augapfel sondern auch die Augenmuskeln entfernt werden müssen, Epithesen) machen kann)?

Ein Auge opfern zu müssen ist schlimm. Das ist ein schwerer Weg, den Du da vor Dir hast. Am schlimmsten wahrscheinlich in den Tagen direkt davor. Also genau da, wo Du im Moment bist.

Ich habe meinen Bruder vor 6 Jahren auf diesem Weg begleitet. Er war sehr tapfer. Ich bewundere ihn bis heute sehr dafür, wie er mit der OP, der Trauer um das verlorene Auge und mit der optischen Veränderung umgegangen ist. Er hat sich nicht versteckt, sondern er hat von Anfang an ganz offen mit jedem, der ihm begegnete, darüber gesprochen, warum er zunächst einen Verband über dem Auge (tatsächlich der leeren Augenhöhle) trug.

Ihm hat der offen Umgang und das darüber sprechen geholfen. Zuhause hat er es auch einfach offen gelassen. Wir haben uns, natürlich mit Trauer und Mitleid, aber mehr noch mit Ver- und Bewunderung, schnell daran gewöhnt. Er war ganz einfach mein lieber, tapferer, großer Bruder. Vor der Operation und nach der Operation gleichermaßen. Nur dass wir alle noch mehr Respekt vor ihm und vor seinem Umgang mit der Krankheit hatten, als ohnedies schon.

Aber das war sein ganz persönlicher Weg. Jemand anders offenbart sich vielleicht nur im engsten Kreis, und fühlt sich dadurch eher geschützt. Jeder muss da wohl seinen eigenen Weg finden. Was ich eigentlich sagen will ist nicht: So oder so mußt Du es machen. Sondern was ich damit sagen will ist: Man kann einen Weg finden, mit diesem Verlust umzugehen. Jeder seinen ganz eigenen.

Leider hat mein Bruder es letztlich nicht geschafft. Sein Krebs hat gestreut, und nach einigen Jahren ist er trotzdem daran gestorben. Er hat die OP trotzdem nie bereut. Weil er soo gerne am Leben geblieben und gesund geworden wäre. Die Entfernung des Auges war seine beste Chance dafür. Diese Chance hat er genutzt und auch unbedingt nutzen wollen. Er würde Dir sicher wünschen, dass es bei Dir besser verläuft. Und ich schließe mich diesem Wunsch von Herzen an.
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