Thema: Mutmachthread
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Alt 04.06.2013, 18:54
tine tine ist offline
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Standard AW: Mutmachthread

Liebe Dodo,

ich hatte einen Gebärmutterhalskrebs T1b2N1 (2/103)LyG3. Das Ding war 4,9 cm lang.

Nach der Wertheim-Meigs-OP hatte ich 6,5 Wochen eine kombinierte Chemo-Radiotherapie, d.h. jeden Tag Bestrahlung (33 Stück) und in dieser Zeit zweimal von Montag bis Freitag stationär zusätzlich jeden Tag eine Chemo dazu, d.h. 10 Chemositzungen, jeweils 5 in der zweiten und 5 in der fünften Woche.

Ich habe heute ein paar Nachwehen von der Bestrahlung übrig behalten, was zum Beispiel meinen Darm und die Blase angeht, einmal hatte ich einen Darmverschluss, weil ich unvernünftig gegessen hatte. Der Darm ist schon teilweise etwas verhunzt, also eine Darmspiegelung ist echt schwierig, aber seit dem Darmverschluss achte ich sehr auf gutes Kauen, vor allem bei langfaseriger Kost wie Spargel, Pilze, Apfelsinen etc. Ich esse auch keine Schalen von Pflaumen oder harten Äpfeln mehr oder von Wiener Würtschen, und zähes Fleisch schlucke ich auch nicht mehr runter. Also alles im Rahmen und es reicht, Nebenwirkungen in Schach zu halten. Ich komme gut damit klar, die Nebenwirkung ist, dass ich gelernt habe, ruhig und ausdauernd zu kauen und damit allgemein mehr für die Verdauung zu tun.

Von der Chemo habe ich glaub ich nichts Konkretes zurückbehalten (Cisplatin), nicht mal die Haare sind mir ausgegangen, wäre mir aber auch egal gewesen. Ich habe aber auch gehört, dass man die Nachwirkungen nicht so konkret in "chemobedingt" und "bestrahlungsbedingt" aufteilen kann, das wirkt schon alles irgendwie zusammen und bei jedem auch wieder etwas anders.

Alles in allem war natürlich nicht immer alles so rosig und glatt verlaufen, aber da muss man durch, und im Nachhinein ist auch vieles wieder "geheilt", auch in der Psyche, so bei mir zumindest. Zumindest was ich selbst so beurteilen kann. ;-)

Ich bin nun fast 56 Jahre alt und achte viel mehr auf mich. Sogar mit meinem Lymphproblem komme ich gut zurecht, dank guter Versorgung (Manuelle Lymphdrainage und ordentliche Strümpfe), obwohl mir so viele Lyknoten entfernt wurden, habe ich das gut im Griff und kann den DSatus seit Jahren halten. Meine Ärztin hatte mir ein Lymphapressgerät aufgeschrieben, das mache ich zusätzlich an manchen Tagen, wenn ich viel Belastung hatte, das entspannt und tut ganz gut, wenn man es richtig anwendet (Dosis nicht zu viel und vorher die Abflüsse freimachen, dass sich da nichts staut. Das kann man auch lernen und selbst machen).

Ich bin insgesamt 10 Jahre lang jedes Jahr zum CT gegangen, das hat mich immer sehr beruhigt. Dieses Jahr ist es nun das letzte Jahr, auch hier möchte ich in Zukunft mehr Selbstsicherheit erlangen. Denn alle Kontrolluntersuchungen sind immer stressig. Aber auch hier sehe ich einen Vorteil gegenüber Nichtkranken - wir erkennen wahrscheinlich vorher, wenn sich etwas neu bilden sollte, weil wir sensibilisierter sind, oder nicht?

Ich glaube daher, dass eine solche Krankheit nicht nur negative Aspekte hat, zumindest im Nachhinein gesehen. Denn mich hat sie auch etwas wachgerüttelt. Ich arbeite nicht mehr bis zur Selbstaufgabe und nehme mir auch mehr Rechte, und - es funktioniert auch! Wenn alles dazu führt, dass man sich mehr schont, sich gesünder verhält, sich besser spüren lernt und achtsamer mit sich wird, hat das auch Vorteile. Ich genieße heute mehr das, was ich habe und was ich noch kann. Und wenn ich etwas nicht so kann, dann ist das eben so. Mein Ziel ist es, zufriedener zu sein, und das bin ich auf jeden Fall, auf jeden Fall bescheidener und auch ruhiger.

Ich will nicht sagen, dass man unbedingt sowas dazu braucht, um das zu lernen, aber wenn man etwas Positives daran sehen will, und das muss man wirklich wollen, dann gibt es schon Aspekte, auch mit 57 oder mit 63. Oder erst recht?

Lieber Juli,

ich freue mich sehr, wenn ich so etwas lese. Du hast völlig recht: Freut euch über die Zwischenerfolge. Ich denke, wenn es hart auf hart kommt, muss man auch mal kleine Schritte gehen und notfalls den "Autopiloten" dazu anstellen (sprich: Augen zu und durch!), wenn es etwas durchzustehen gibt. Die Behandlungsmöäglichkeiten sind heutzutage schon so gut geworden, aber wichtig finde ich, den Mut nicht zu verlieren. Das ist manchmal leichter gesagt als getan, trotzdem ist es besser, sich über kleine Erfolge zu freuen und dann den nächsten Schritt zu gehen. Ihr macht das schon richtig, finde ich. Ich wünsche deiner Frau auf jeden Fall viel Erfolg, und dir, Dodo, natürlich auch!

Liene Grüße
Tine
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