Einzelnen Beitrag anzeigen
  #6  
Alt 10.01.2008, 18:35
Michael_D Michael_D ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 28.11.2005
Beiträge: 200
Standard AW: Kleinzelliges Bronchialkarzinom

Lieber Friedrich,

ich gehe davon aus, dass Deine Frau in einer Klinik behandelt wird. Dort müsste es auch eine psychoonkologische Betreuung geben - diese kümmern sich in der Regel auch um nahe Angehörige. Dort könntet Ihr zusammen hingegehen, aber auch jeder für sich allein - was manchmal auch sehr sinnvoll ist, weil das Erleben der Erkrankung für Patient und Angehörigen schon sehr verschieden ist. Wenn Eure Klinik keine psychologische Unterstützung anbietet, müssten Euch trotzdem die Klinik Ansprechpartner in Eurer Nähe nennen können.

Was die akute Behandlung von Stresssituationen anbelangt müsste Dir eigentlich schon der Hausarzt weiterhelfen können. In milder Form könnte Johanniskraut helfen, bei größeren Problemen kann man auch mal zu Beruhigungsmitteln (Benzodiazepine) greifen - bei aller gebotenen Vorsicht - oder zu Antidepressiva. Da wäre der Hausarzt nicht der schlechteste Ansprechpartner.

Was eine komplementärmedizinische Behandlung des (kleinzelligen) Bronchialkarzinoms anbelangt gibt es eine ganze Palette von Möglichkeiten, die jedoch einen gravierenden Fehler haben - sie helfen allesamt nichts. Sicherlich ist bei der Komplementärmedizin noch zu differenzieren. Die in Deutschland so beliebte Misteltherapie wird sogar von der Krankenkasse übernommen. Einen Wirkungsnachweis gibt es leider nicht, wohl aber signifikante Nebenwirkungen. Will man sich bzw. seiner Angehörigen das noch ZUSÄTZLICH zumuten? Wir (meine Mutter hat einen Nicht-Kleinzeller) haben uns bewusst dagegen entschieden. Ähnlich ist es bei Hyperthermie: durch die Erwärmung des Körpers auf 40-44°C soll Chemo oder Bestrahlung besser wirken. Vielleicht stimmt dieser Zusammenhang, jedoch ist die Hyperthermie zugleich auch sehr belastend. So ließe sich die Liste beliebig fortsetzen. Dass Du intelligent genug bist, nicht auf Wunderpülverchen, Heilpilze und Tees aus dem Internet hereinzufallen, setze ich voraus.

Ich kann gut verstehen, dass man sich in so einer Situation an jeden Strohhalm klammert. Doch zugleich gebe ich zu bedenken, dass man kostbare Zeit nicht mit allerallerhöchstwahrscheinlich sinnlosen Therapien und dem Rennen von Arzt zu Arzt vergeuden sollte. Macht lieber das Beste aus der Situation, fahrt in den Urlaub usw.

Das AUC-Schema ist sicher ein sinnvoller Weg. Es gibt eine ganze Reihe von Schemata zur Bekämpfung des Kleinzellers, und keines ist den anderen wirklich überlegen. Setzen wir voraus, dass sich Eure Ärzte etwas bei der Wahl des AUC-Schemas gedacht haben.

Es besteht die Chance, dass Deine Frau zu den wenigen Glücklichen gehört, die eine (dauerhafte) Vollremission haben. Bis zum Beweis des Gegenteils darf man durchaus darauf hoffen.

Falls es zu einem Rezidiv kommt - was, wie Du ja weißt, leider sehr wahrscheinlich ist - käme als Zweitlinienbehandlung Topotecan (Hycamtin) in Frage.

Ich wünsche Euch alles erdenklich Gute.

Michael
Mit Zitat antworten