Thema: BSDK der Mama
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Alt 19.08.2014, 16:54
Zwilleling Zwilleling ist offline
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Standard BSDK der Mama

Vorweg möchte ich diesem Forum ein großes Lob aussprechen. Es ist schön zu sehen, wie man sich hier gegenseitig unterstützt, Mut macht oder einem einfach nur „zugehört“ wird. Vielen Dank somit an alle, die dieses ermöglichen!!

Nun zu mir bzw. meiner Geschichte – ich entschuldige mich schon direkt für meinen Roman, den ich schreiben werde.

Es geht um meine Mutter. Sie ist gerade 65 geworden und der größte Schatz, den man sich nur wünschen kann ( wie hoffentlich jeder über seine Mama denkt ).
Mitte Mai ging sie zum Arzt, auf Grund von Verdacht auf Magenschleimhautentzündung. Daraufhin kam sie direkt ins Krankenhaus. Am 15. Mai wurde Bauchspeicheldrüsenkrebs mit Lebermetastasen festgestellt. Natürlich brach uns (meiner Schwester, Mutter und mir) der Boden unter den Füßen weg. Ich muss dazu sagen, dass meine Oma ebenfalls Bauchspeicheldrüsenkrebs hatte – jedoch noch zwei weitere Tumore. Meine Mutter hat ihre Mutter zu Hause gepflegt, bis sie für immer eingeschlafen ist und hat immer gesagt, sie möchte nie so leiden wie ihre Mutter (das tut sie aber!)– das hat sie auch der Ärztin gesagt. Auch ich habe immer gesagt, ich möchte einen Menschen nie wieder so leiden sehen, wie Oma. In meiner Familie ist Krebs bisher so gut wie immer die Todesursache gewesen.
Nach der Diagnose wurde ein Gallenröhrchen gesetzt, da die Galle schon sehr angestaut war. Ebenfalls wurde ein Port gesetzt – das alles natürlich nicht ohne Komplikationen. Es war schon schlimm. Es folgten Fieberschübe und sie musste Antibiotika nehmen. In dieser Zeit hatten wir einen Termin beim Onkologen. Meine Mutter konnte man überhaupt nicht wiedererkennen. Sie ist immer eine flotte, lebensfrohe Frau gewesen. Der Arzt hat sich für eine Chemo mit Gemcitabine entschieden. 1 x in 3 Wochen, dann eine Woche Pause und weiter. Später sollte eine Kombinationschemo gemacht werden. Soweit kam es leider bisher nicht.
Die Chemo hat sie „gut“ verkraftet. Es waren kaum Nebenwirkungen, sie war nur etwas müde. Sie hat in dieser Zeit bei mir gewohnt, da man noch nicht wusste, wie es alles auszuhalten ist und sie nicht ganz alleine sein sollte. Trotzdem konnte man noch raus und etwas unternehmen. Meine Mutter ist hochmotiviert gewesen den Krebs zu bekämpfen und sich nicht unterkriegen zu lassen. Natürlich gab es aber sehr viel Weinerei! In der Woche, wo sie Chemopause hatte, sollte ein neuer Stent gesetzt werden, dieses Mal in Metall. Sie bekam aber vorher 1 Thrombose im Arm und 3 im Bein und eine Lungenembolie. Somit wurde sie einen Tag nach ihrem 65.Geburtstag wieder ins Krankenhaus eingewiesen. Sie lag 3 Wochen gewickelt von oben bis unten aber es wurde immer besser. Wir haben uns gefreut, dass es endlich weitergehen kann aber haben uns zu früh gefreut.
Ich habe bei meiner Mutter geschlafen und wir habe noch etwas unternommen. Zwei Tag nach der Entlassung, bin ich morgens aufgewacht und meine Mutter war in einem sehr seltsamen Zustand. Kaum Reaktion, konnte nicht aufstehen, starrte – sie hat einem einfach nur Angst gemacht. Man hätte aber auch meinen können, dass sie noch im Halbschlaf ist. Daraufhin habe ich meine Schwester angerufen, die dann auch kam. Im Endeffekt ist sie mit Notarzt ins Krankenhaus gekommen. Sie bekam direkt Antibiotika. Es stellte sich heraus, dass sie eine Sepsis hatte und Portinfektion. Der Port wurde einen Tag später mit einer Not OP entfernt. Die Sepsis war wirklich sehr, sehr übel und wir haben zwei Tage gebangt. Eigentlich war ich nur noch am weinen, das konnte man sich nicht anschauen! Sie hat insgesamt 3 Wochen Antibiotika bekommen, denn auch der MRSA-Keim hat sich angesiedelt. Mama hat einfach alles mal mitgenommen, was möglich war. Sie kommt bis heute ( nach 6 Wochen ) noch nicht aus dem Bett. Bewegen geht einigermaßen, Reden tut sie noch sehr langsam. Nach 5 Wochen waren wir das allererste mal mit dem Rollstuhl an der frischen Luft und sie war doll am weinen, dass sie nach Hause möchte. Wir haben ihr in dieser schwierigen Zeit erklärt, warum es alles so lange dauert und sie so schwach ist. Sie fragt immer wieder, womit sie das verdient hat und was sie schlechtes getan hätte.
Letzte Woche kam sie für 4 Tage in die Kurzzeitpflege, was überhaupt nicht geklappt hat. Mit Mama ging es in dieser Zeit rapide bergab, dabei hatten wir doch gerade erst ein Erfolgserlebnis. Sie hatte Schmerzen ohne Ende und die Übelkeit kam sehr durch. Sie kam dann wieder auf die Palliativ. Die Medikamente wurden etwas umgestellt bzw. höher dosiert. Ihr ist ganz oft schlecht und ist richtig doll am leiden. Letzten Freitag wusste sie gar nicht wohin vor Schmerzen und ich stand hilflos daneben und wusste einfach gar nicht, wie ich helfen konnte. Als sie eingeschlafen war habe ich erstmal Rotz und Wasser geheult – das ist wirklich nicht zum aushalten seine Mama so leiden und wie ein Häufchen Elend zu sehen. Meine Güte!
Nun bekommt sie seit gestern wieder Antibiotika, da die Entzündungswerte innerhalb von einer Woche doppelt angestiegen und die Leberwerte schlecht sind. Zusätzlich hat sie wieder Gelbsucht bekommen. Natürlich ist sie wieder ganz geschlaucht, genervt und ängstlich, was nun wieder ist. Sie möchte immer noch einfach nur nach Hause.
Nun auch meine Fragen…es wird in jedem Bericht geschrieben, dass man nicht leiden muss…es wird gesagt, der Arzt muss sich Zeit nehmen etc. Man fühlt sich jedoch alleine gelassen und keiner sagt einem irgendwas. Man muss sich als Angehöriger alles nachlesen, was man machen könnte etc. und die Ärzte und Schwestern darauf hinweisen. Was ist da bloss los??? Und wieso kann einem keiner bei Papierangelegenheiten helfen? Man steht da und weiss von nichts und bekommt keine Hilfe. Ist die Situation nicht schon schwer genug?
Es geht auch um die Frage, wie es weiter geht. Wenn medizinisch nicht mehr geholfen werden kann..was sollen wir tun. Ich möchte Mama absolut nicht in ein Hospiz bringen – ich weiss, es ist „schön“ und „hoffnungsvoll“ dort aber sie soll nicht aufgeben oder denken wir schieben sie ab. Ich würde ihr gerne den Wunsch erfüllen mit einer 24-Std.-Kraft nach Hause zu können. Hat in dieser Hinsicht jemand Tipps?
Man möchte auch eigentlich über so viel mit Mama reden. Aber sobald man nur darüber nachdenkt ein Thema anzusprechen ist man schon wieder von Tränen übergossen.
Man liest auch, was noch alles kommen kann, man bekommt noch mehr Angst. Kann man irgendwie vorbeugen??? Ist ja nicht so, dass man eh schon Angst vor dem Tag und der Nacht hat. Ich für meine Verhältnisse bin immer vor- und nach der Arbeit sowie ca. das ganze Wochenende bei meiner Mama. In jeder freien Minute bin ich bei ihr und bekomme ab und an schon einen kleinen Anranzer. Ich mag sie aber nicht alleine lassen, das möchte ich mir nicht vorwerfen und ich habe ihr immer versprochen für sie da zu sein. Davon ab kann ich mir noch nicht vorstellen, wie es mal werden soll, denn wir sind wie Zwillinge und haben einiges zusammen durchgemacht und erlebt.
Ich habe Berichte und Befunde angefordert, um diese nach Regensburg, Linz und Heidelberg zu schicken, wo es immer mal neue Verfahren gibt – die Hoffnung gibt man doch eigentlich nicht auf! Auch wenn man jeden Tag einen neuen Dämpfer bekommt. Sie hatte doch überhaupt noch gar keine Chance gegen den Krebs zu kämpfen :-(

Ihr Lieben, ich danke euch, dass ihr meinen langen Text gelesen habt und freue mich auf Zuschriften.
Ich habe versucht es einigermaßen kurz zu halten…

Geändert von gitti2002 (19.08.2014 um 17:06 Uhr) Grund: NB
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