Einzelnen Beitrag anzeigen
  #92  
Alt 10.12.2007, 07:49
chris1952 chris1952 ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 03.12.2007
Beiträge: 15
Standard AW: leukämie und darmkrebs

Liebe Simone,

jetzt muß ich Dich doch mal sehr blöd fragen, ist NHL, dieser "Non Hodkin"?

Mit diesen Abkürzungen kenne ich mich nicht so aus, denn ich habe mich, seit ich selber erkrankt bin, kaum mit Krankheiten beschäftigt. Es war so eine Art Selbstschutz.

Meine Güte, wenn ich mir vorstelle, so eine Krankheit zu haben, dazu ein noch sehr kleines Kind!!! Der Gedanke, daß ich mein Kind nicht mehr aufwachsen sehe und das es ohne Mama weiterleben muß, einfach fürchterlich!!!

Doch auf der anderen Seite, denke ich, hat Dir Dein kleiner Sohn auch die Kraft gegeben, all diese Behandlungen, mit ihren Nebenwirkungen gut zu überstehen.
Du wußtest und weißt wofür Du leben mußt und das ist ein ganz wichtiger Aspekt, welcher auch mit über das Ergebnis einer solchen Behandlung entscheidet.

Als mein Mann noch lebte, schlug auch jede Chemo richtig durch. Die Werte waren danach oft so, als hätte ich gar keine CLL. Bei jeder Verschlechterung der Blutwerte, litt mein Mann mehr, als ich.
Das die CLL nicht heilbar ist, wußte ich von Beginn an, doch jede Chemo machte ich in dem Bewußtsein, daß ich doch für meinen Mann weiterleben muß. Er war für mich nicht nur mein Mann, sondern mein bester Freund, Sohn und überhaupt, er ersetzte mir meine ganze fehlende Familie.
Erstaunlicherweise verschlechterte sich mein gesundheitlicher Zustand nicht sofort nach seinem Tod. Nur die Blutwerte begannen seitdem ständig zu "schwanken". Meine Krankheit war so wie ich geworden, sie wußte nicht was sie will, war ständig hin- und hergerissen.
Erst seit ein paar Monaten, als ich die Trauer zuließ, fielen meine Werte dramatisch ab. Die Leukämie selbst, bereitet ja keine Schmerzen, doch jetzt sind alle Lymphknoten sehr stark angeschwollen und drücken auf Gewebe und Nerven. Nun habe ich ständig Schmerzen, kann dadurch nur wenig schlafen und an manchen Tagen fällt mir jeder Schritt und jeder Handgriff schwer.
Die Infektanfälligkeit nimmt zu, obwohl ich Gammaglobulin-Infusionen bekomme. Ab Januar soll nun eine "neue" Chemo gemacht werden. Meine beiden Hämatolgen sagten, daß diese bei den meisten Patienten richtig gut anschlägt und relativ weinige Nebenwirkungen hat. Doch sie gaben mir auch eine Überweisung zum Psychologen, er soll mich in dieser Zeit "begleiten".
Sie meinten, wenn die "Seele krank" ist, dann nützt auch das beste Medikamnet nichts. Damit haben die wohl recht.
Weißt Du, ich bin normalerweise ,sehr kontaktfreudig, bin gern unter lustigen lebensfrohen Menschen und brauche diesen Kontakt auch.
Bis vor paar Monaten war ich noch in einer Reitergruppe und in einem Hundeclub. Da gab es auch alleinstehende Frauen, mit denen ich etwas unternahm.
ich bin kein Typ, welcher bemitleidet sein will, ich rede auch kaum über meine Erkrankung und mein Schicksal. Doch als ich seit paar Monaten nicht mehr an Ausflügen teilnehmen konnte, auch nicht mehr bei den "feuchtfröhlichen"
Reiterabenden dabei war, konnte es niemand verstehen.
Als ich dann den Grund nannte, daß es mir nicht so gut geht und mir einfach nicht mehr zum Lachen zumute ist, sagte "meine beste Freundin", dein Mann ist mehr als 5jahre tot und da kannst du mir doch nicht erzählen, daß du noch immer um ihn trauerst! Als ich sagte, daß es mir auch wegen meiner Erkrankung nicht so besonders gut geht, konnte auch das niemand verstehen. da ich ja keine "blutenden Wunden" oder Narben vorweisen kann, sondern man mir äußerlich gar nichts ansieht, war ich für die plötzlich sowas wie ein Hypochonder. Das hat sehr weh getan!
Nein, es gibt gar niemanden, wo ich Weihnachten verbringen könnte.
In den vergangenen Jahren war das anders. Allerdings war ich immer ziemlich "spendabel" und auch die Silvesterfeiern habe ich fast allein finanziert.
Es hat mir sogar Freude bereitet, denn ich habe ja niemanden, den ich beschenken könnte oder dem ich eine Freude machen kann. Doch jetzt sehe ich etwas anders. Ich glaube aus Angst vor der Einsamkeit, habe ich mir "Freundschaften" erkauft und so etwas kann auf Dauer nicht gutgehen!

Ja, es gibt in DD eine Selbsthilfegruppe für an Leukämie Erkrankter. ich war auch einige Mal dort. Doch dort war ich mit meiner CLL ein Außenseiter, denn alle anderen hatten eine myeloische leukämie, welche sich ziemlich unterscheidet. Die CLL nennt man auch "Altersleukämie", da sie meist erst jenseits des 70.Lebensjahres auftritt. Deshalb sterben auch wenige Menschen an dieser Leukämieform, denn in diesem betagten Alter sind die Sterbefälle meist auf andere altersbedingte Ursachen zurückzuführen.
Bei den "Myeloischen" ist eine CLL aus diesem Grund so etwas wie eine kleine "Unpäßlichkeit".
Vorallem hatten alle Mitglieder die SHG noch ihre Ehepartner und Familien und es tat mir oft sehr weh, wenn sie von ihren schönen Wochenenden und Uralubsfahrten berichteten.
ich fühlte mich dort nicht so gut aufgehoben und habe seit dieser Erfahrung gar nicht mehr versucht, einen Kontakt mit anderen Menschen aufzunehmen.
Wenn ich wenigstens arbeiten gehen dürfte, dann wäre ich ja wenigstens ein paar Stunden unter anderen Menschen!

Im Moment weiß ich wirklich nicht mehr, wie es weitergehen soll.
Oft denke ich abends, wenn ich in mein Bett gehe, wie schön es doch wäre, einfach am nächsten Morgen nicht mehr aufzuwachen!
Warum werden Mütter und Väter von ihren Kindern weggenommen und ich, die ohnehin niemand mehr braucht, "darf" oder muß, weiterleben.

na Hilfe, daß ist ja mal wieder ein "Jammerroman" geworden!
ich hoffe, daß man mich hier in diesem Forum versteht und man es mir nicht verübelt.

ich wünsche Dir und auch den Anderen in diesem Forum, einen guten Wochenbeginn

liebe Grüße
Christiane
Mit Zitat antworten