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Alt 17.12.2007, 18:31
chris1952 chris1952 ist offline
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Standard AW: leukämie und darmkrebs

Liebe Simone,

ja, mag sein, daß ich es damals mit der Transplantation hätte versuchen sollen. Mein behandelnder Hämatologe sagte auch, so gut wie ich damals noch beisammen war, hätte ich das auf alle Fälle gepackt.
Was soll´s, Hätte, Wenn und Aber nützen nun nichts mehr.

Weißt Du, die ganzen Jahre, seitdem ich von meiner Erkrankung wußte, hatte ich eigentlich nie Angst um mich. Doch ich mußte immer denken, was macht mein geliebter Mann, wenn ich ihn verlassen muß! Habe auch versucht mit ihm darüber zu sprechen, doch er wollte davon gar nichts hören und wurde sofort traurig. Wir waren so sehr aufeinander fixiert, keiner unternahm etwas ohne den Anderen, alles taten wir gemeinsam.
Das hing sicher auch damit zusammen, daß wir alle beide nie eine richtige Familie hatten. Niemals wäre uns der Gedanke gekommen, daß er mich zuerst verläßt!

Es ist nun fast 6 Jahre her, doch ich komme mit dem Alleinsein immer schlechter zurecht. Im ersten Jahr hielt ich es zur Weihnachtszeit gar nicht mehr aus und buchte kurzerhand eine Reise auf die Kanaren, in die Sonne.
Hatte mir eine gute Bekannte mitgenommen, doch schon am 2.Tag plagte mich das "schlechte Gewissen", weil ich mich "vergnüge" und er in seinem finsteren, kalten Grab liegt. Bin dann noch 3mal nach Lanzarote geflogen, denn die eigenwillige Natur dort, faszinierte mich. Doch es war jedesmal das Gleiche, nach ein paar Tagen konnte ich es nicht erwarten, die Rückreise antreten zu können, obwohl mich hier doch nur die Einsamkeit erwartete.

jetzt erlaubt es mir mein Gesundheitszustand nicht mehr, solche Reisen zu unternehmen und ich habe auch absolut keine Lust, etwas allein zu unternehmen.

Meine Erkältung ist noch immer nicht viel besser. Am Freitag habe ich wieder einen Termin bei meinem Hämatologen und weiß schon jetzt, daß die Werte wieder total "im Keller" sind.
Abgesehen von der Immunschwäche. liegt es wohl auch an meiner Psyche. immer öfter frage ich mich, wofür quäle ich mich eigentlich noch mit Chemo´s, sitze stundenlang in Wartezimmern herum? Für wen eigentlich? Für mich?
Nein, denn was soll sich in meinem Leben schon noch groß ändern?
Angst vor dem Sterben habe ich nicht, nur vor dem wie! Auch davor, daß es niemanden geben wird, der mir dann beistehen wird. Ein ziemlich trostloser Gedanke!

Natürlich ist es jetzt in der Weihnachtszeit am schlimmsten. Alle Menschen bereiten sich auf das "Fest der Liebe" vor, es tut wahnsinnig weh!
Am liebsten möchte ich im Moment nicht mal in den Supermarkt zum Einkaufen gehen, denn da sind lauter lustige Familien, welche sich auf Weihnachten freuen.
ich wünsche mir jeden Tag nur eins, daß endlich Weihnachten und Silvester vorüber sind!

Hier im KK gibt es soviele Menschen mit der gleichen Krankheit oder auch mit dem selben Schicksal, doch alle sind sehr weit entfernt. ich habe noch nicht von einem einzigen Menschen gelesen, welcher auch nur halbwegs in meiner Nähe wohnt.

Natürlich habe ich auch Interesse an solchen Veranstaltungen, ich habe an vielen Dingen Intersse, doch allein habe ich absolut keinen Antrieb mehr.

ich war so gern unter Menschen und es macht mich fast irre, wie lebendig begraben zu leben.

Na vielleicht klappt es ja, daß Du 2008 nochmal nach Kreischa darfst. Es ist ziemlich in meiner Nähe, vielleicht kann man sich dann sogar mal sehen.

ich freue mich, wieder von Dir zu lesen

und grüße Dich ganz herzlich
Christiane
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