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Alt 16.06.2017, 02:54
lotol lotol ist offline
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Standard AW: Mein Vater ist am Sterben, Sorge um den Rest der Familie und Zukunft

Liebe TaraN,

Zitat:
...Deshalb bin ich auch froh, eine Routine gefunden zu haben, die mich zwingt aus der Gedanken-Karusselfahrt auszusteigen. Und es tut wirklich gut die Angespanntheit zu Bündeln und anderweitig zu verarbeiten.
Solche Routinen interessieren mich sehr.
Denn man lernt ja täglich dazu.
Wenn Du es magst, beschreib doch bitte diese Routine ein bißchen näher, weil sie evtl. auch Anderen behilflich sein könnte.

Zitat:
Das Endstadium solch einer Krankheit, ist wie eine tickende Zeitbombe. Man hört die Uhr ticken weiß aber nicht wie viele Minuten noch verweilen. Es ist irgendwie schrecklich, dass man bewusst auf das Hochgehen der Bombe wartet. Ich versuche meinem Vater jedes mal zu zeigen, dass ich ihn liebe und mich nicht fürchte. Ich weiß, dass er immer Teil meines Lebens sein wird. Jedoch will ich ihm nicht jedes mal, wenn ich ihn sehe das Gefühl geben, dass wir uns bald am Ende unserer gemeinsamen Reise befinden. Das trübt die schon sowieso sehr traurige Stimmung noch mehr. Ich versuche ihm stattdessen zu erzählen, was ich gerade so mache, oder was mich beschäftigt. Über den Krebs reden wir nicht viel.
Eltern haben meistens "größere Herzen" als ihre Kinder das vermuten.
Dein Vater weiß natürlich auch, daß die Uhr tickt.
Genau so gut, wie er weiß, daß Du ihn liebst, wie sehr Dir das alles zu schaffen macht und wie Du mit Deinen Gefühlen zu kämpfen hast.

Natürlich freut es ihn auch, wenn Du ihm Alltägliches/Erfreuliches aus Deinem Leben erzählst; denn auch Du bist ein Teil seines Lebens.
Es ist aber nun mal so, daß einen Krebskranken auch sein Krebs "in der geistigen Oberwelle" mehr oder weniger beschäftigt.
Genau so, wie er auch Dich beschäftigt.

Auch darüber zu sprechen, ist m.E. kein "Tabu-Thema".
Warum auch?
Ist eine Krankheit wie jede andere auch, die Betroffene beschäftigt.

Qualitativ zwar etwas anders gelagert, da evtl. oder sicher mit tödlichem Verlauf.
Auch darüber ganz offen zu sprechen, ist m.E. Teil der Normalität im familiären Umgang miteinander.
Es sei denn, ein Betroffener verbittet sich das ausdrücklich.

Ich halte es eher für abartig, nach dem Motto zu handeln:
Alle wissen Bescheid was los ist, aber keiner redet darüber.

Hätte sich Dein Vater ein Bein gebrochen, würdest Du ihn ja auch fragen, wie er mit der Situation klarkommt.
Über eine viel schlimmere Situation zu reden, muß ja nicht zwangsläufig in Bächen von Tränen oder permanentem "Abschied-Nehmen" enden.

Offene Gespräche mit von Krebs Betroffenen können auch durchaus dazu führen, daß sich wechselseitige Erleichterung einstellt.
Kann man auch so sehen, wie das gleichzeitige Geben und Nehmen unter einander Liebenden.
Was dabei in einer Familie angebracht ist, sollte jeder selbst wissen bzw. erahnen können.


Liebe Grüße
lotol
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Krieger haben Narben.
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1. Therapie (2016): 6 Zyklen R-CHOP (Standard) => CR
Nach ca. 3 Jahren Rezidiv

2. Therapie (2019/2020): 6 Zyklen Obinutuzumab + Bendamustin => CR
Nach ca. 1 Jahr Rezidiv, räumlich begrenzt in der rechten Achsel

3. Therapie (2021): Bestrahlung
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