Thema: Ein Jahr...
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Alt 06.02.2010, 11:38
mollie mollie ist offline
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Standard AW: Ein Jahr...

liebe esmeralda,

nein, du bist nicht anders, gewiss nicht. vielleich geht es vielen so wie dir?? wer weiß das schon? mir ging oder geht (je nach tiefe des loches in dem ich mich befinde) auch so. noch nie war ich der mitteilsame mensch wenn es darum geht mein inneres zu zeigen. die angst vor verletzungen, zurückweissungen wenn ich schwäche zeige war immer größer als der leidensdruck des schweigens, des schreiens, des zulassnes von gefühlen. in einer lebensbedrohlichen situation im teeniealter habe ich gelernt, dass mich nur das schweigen, das nicht zeigen von gefühlen am leben erhalten hat...vielleicht habe ich auch in den jahren danach deshalb so gehandelt und dieses handeln igendwann verinnerlicht.

mein freund starb, ließ mich allein mit drei kleinen kindern, die älteste grade mal 5 jahre alt, die anderen 3 und 1 jahr. eltern weit weg, ich auf mich allein gestellt. trauer hin oder her... ich hab sie irgendwo vergraben, hab funktioniert, für die kinder. tagaus, tagein, woche für woche, monat für monat, jahr für jahr. job, kinder, haushalt. niemandem hat was gefehlt, dem chef nicht "auf sie ist immer verlass", den kindern nicht "erstaunlich, wie du alles unter einen hut bekommst und trotzdem immer ein volles haus hast, gute laune, kraft ohne ende...." ja, niemandem fehlte was...außer mir. meine leere, meine innere leere, die einsamkeit hab auch ich gefüllt mit allerlei... für jeden da, immer hilfsbereit, stets ein offenes ohr für meine mitmenschen. dabei hab ich mich mehr und mehr verloren....ohne es anfangs zu merken.manchmal war der innerer schmerz so groß, dass ich gegen ihn mit körperlichen schmerzen angekämpft habe, getreu dem motto..."wenn dein körper schmerzt hat das innere keine chance mehr weh zu tun". also habe ich holz gehackt bis zum umfallen, bin gerannt bis ich die marathon-strecke schaffte.... und dabei bin ich doch nur mir davon gelaufen. irgendwann war marathon zu kurz, mehr, weiter, länger musste es sein, dazu schwimmen und radfahren... und niemand kam in der ganzen zeit zu kurz... die arbeit nicht, die kinder... aber ich, denn rennen, radeln und schwimmen sind zwar nett aber helfen eben auch nur zeitweise.
freunde wollte ich nicht sehen, nicht m it ihnen reden... ich wusste nicht was sagen, wie mich verhalten. alle dachten doch, dass ich mein leben im griff habe, sahen den inneren kampf nicht, die verzweiflung. und je mehr zeit ins land ging, desto weniger kam ihnen in den sinn, dass es mir vielleicht doch nicht so gut ging und je weniger hatte ich den mut es ihnen zu sagen. jahre gingen ins land, ich hab alles in mir vergraben....

dann im august starb meine ma an bsdk. die monate davor waren die schlimmsten in meinem leben. das leid zu sehen und hilflos da zu stehen war wirklich schrecklich. der leere blick, dann wieder die angst in den augen meiner ma, mein paps und mein bruder, meine kinder... es war wirklich schlimm. als ma dann starb, glücklicherweise ohne dass sie vorher schlimme schmerzen hätte erdulden müssen, war es für alle eine erlösung. ma hatte ihren frieden gefunden und wir irgendwie auch. alle fielen wir in ein tiefes loch der trauer, jeder aus der famile erlebt es anders.
ich war wieder still, habe allein getrauert- habe funktioniert für meine kinder, meinen papa. meinen schmerz hab ich vergraben..... langsam sehe ich ihn an, lasse ihn zu. und mit diesem schmerz kommt auch der, den ich all die vielen jahre in mir verschlossen gehalten habe, nämlich den schmerz um meinen freund.
geholfen hat mir das forum.in ihm habe ich erlebt, gelesen, dass es auch anderen so geht wie mir, dass trauer einfach da ist, dass es okay ist sie zuzulassen, dass niemand da steht und mit dem finger auf mich zeigt wenn ich verzweifelt bin, weine, um mich schlage und mir doch eigentlich nichts mehr wünsche, als dass mich einer mal ganz fest in den arm nimmt.
ich habe gelernt, dass es einmal richtig war, meine verzweiflung, meine schwäche nicht zu zeigen (als teenie) um zu überleben. aber ich habe auch gesehen, dass eben diese schwäche, verzweiflung und ohnmacht zu zeigen auch überlebensnotwendig sein können.

in diesem sinne bist du auf dem richtigen weg, sind wir auf dem richtigen weg. steine mögen sich ihm in den weg legen und das umkehren leichter erscheinen als das weitergehen, doch solltest du es dir wert sein und ich es mir auch.

einen schönen tag euch allen

mollie
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