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Alt 22.10.2002, 03:08
Gast
 
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Standard Kübler-Ross und ihr Sterbephasen Modell

Liebe Susanne,

das Hauptproblem habe ich wohl damit, dass du nicht in der Lage bist, objektiv zu dikutieren. Ständig zeigst du mir auf, an welchen Mängeln ich "leide". Dankeschön! Darum geht es hier doch gar nicht. Ich habe selbst nur eine intensive Erfahrung mit dem Sterben gemacht, nämlich als mein Vater letztes Jahr verstarb. Ich bin davon überzeugt, dass ich viele Fehler im Umgang mit ihm gemacht habe. Und natürlich hätte ich ihn direkt und ganz offen nach seinen Gedanken und Ängsten fragen können. Aber kannst du dir vielleicht vorstellen, dass es auch Beziehungen zwischen Familienmitgliedern auf dieser Welt gibt, die nicht von dieser Offenheit geprägt sind, die du hier als selbstverständlich voraussetzt? Das Verhältnis zwischen mir und meinem Vater beispielsweise war fast mein ganzes Leben lang sehr distanziert. Bei uns wurde nicht über Gefühle gesprochen, jedenfalls nicht besonders intensiv. Gerade deshalb haben wir diese Symbolsprache gebraucht. Sie war ein Verständigungsmittel zwischen uns. Und trotz dieser Distanz haben wir in der letzten Lebenszeit meines Vaters noch sehr zueinander gefunden, mehr als je zuvor. Das ist doch anerkennenswert. Und genau das ist es, worauf ich mich beziehe, wenn ich mich so für das Modell einsetze. Ich finde eigentlich, dass ich besonders realistisch an die Sache herangehe, wenn ich mir nicht nur die "Fälle" anschaue, die so offen und reif sind, dass sie über alles reden können, sondern wenn ich mein Augenmerk vor allem auf die richte, bei denen das Schwierigkeiten bereitet, nämlich bei der Mehrheit.

Wenn du den Begriff "Sterbender" erst dann verwenden kannst, wenn der Mensch bereits gestorben ist, also im Nachhinein, siehst du der Realität nicht ins Auge. Bedeutet für mich, dass du nicht in der Lage bist, einen Zustand zu erkennen und zu bewerten. Hört sich ja immer so schön an, wenn man von sich behaupten kann, man verurteile niemanden vor (z.B. in Bezug aufs Sterben). Glaube ich dir aber nicht. Finde ich unehrlich.

An anderer Stelle schreibst du, dass es völlig egal ist, was ich glaube oder nicht, beziehst dich dann aber sofort auf eine Aussage von Lillebror, mit der ich mich nicht identifizieren kann. Was Lillebror glaubt ist also nicht völlig egal?

Ich sage nicht, dass Menschen, die ihren Tod nicht akzeptieren können auf einer niederen Bewusstseinsstufe sind, den Begriff habe ich noch nie verwendet. Ich kann mir auch gut vorstellen, dass es Menschen gibt, die bis zum Schluss hoffen und in großer Verzweiflung sterben, weil sie noch weiterleben wollten. Ganz sicher. Ich will auch niemandem diese Hoffnung zerstören, da hast du mich missverstanden. Die Akzeptanz des eigenen Todes muss auch keine "Resignation" sein.

Zum Schluss: Ich suche keine "Anleitung" für den Umgang mit Sterbenden. Ich habe lediglich versucht, von den Erfahrungen anderer für meine eigene Situation zu profitieren. Wirklich, sehr verwerflich.

Übrigens: Wirklich erfahren, was ein Mensch denkt und fühlt kannst du nicht einmal unbedingt, wenn du mit ihm sprichst. Der Mensch teilt sich auch (!) auf nonverbale Weise mit. Natürlich werde ich nie erfahren, was mein Vater wirklich gefühlt hat und natürlich suche ich Trost. Das ist der Grund, weshalb ich dieses Forum besuche.
Schade, dass diese Diskussion so einen aggressiven Unterton bekommen musste, ich fühle mich dabei nicht wohl.

Gruß. Anja
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