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Alt 15.05.2008, 22:25
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Conny44 Conny44 ist offline
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Registriert seit: 31.12.2006
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Standard AW: Rezidiv und nun ????

Hallo ihr Lieben,

ich bin gerührt von so viel Anteilnahme. Vielen Dank!
Mir hat immer vor dem Tag gegraut, an dem ich diese Nachricht überbringen müsse, denn ich weiß, dass mein Mann der Kämpfer und das Vorbild für viele hier war.

Ich sitze hier mit zugeqollenen Äuglein und tropfe gerade die Tastatur nass. Ich hätte niemals geglaubt, dass es so schnell geht. Ich weiß, dass ihm dadurch einiges erspart geblieben ist, trotzdem war er überhaupt noch nicht so weit. Wir hatten noch so viel vor – schluchz.

Als Jörg vorgestern ins KH gebracht wurde, glaubten wir, er hole sich mal eben bisschen Blut ab und geht nach 2 Tagen wieder nach Hause. Morgen wollten wir unseren großen Tag feiern (1jähriges). Ja , ich weiß, unsere Liebesgeschichte ist verrückt. Aber wir beide hatten uns anfangs heftigst dagegen gewehrt. Aber die Krankheit hat eben dies nicht verhindern können. Außerdem dachten wir wirklich, dass es Jörg irgendwie schaffen könnte.

Sein Zustand wurde im KH immer schlimmer. Gestern morgen hatte er heftige Schmerzen und wurde noch mehr kurzatmig. Aber er hat sich wenigstens noch minimal artikulieren können und auch mich voll verstanden. Im Laufe des Tages ging es immer mehr bergab. Die Ärzte und Schwestern haben sich wirklich rührend um ihn gekümmert, waren aber völlig ratlos. Er spricht ja nicht auf Morphin oder andere Opiate an. Das einzige, was die erreicht hatten, dass er völlig abwesend war, aber der Körper war total unruhig. Seine Atmung wurde auch immer heftiger und sein Gestöhne.
Als ich abends wieder ins KH bin, war er während der Zeit aus dem Bett gefallen, so dass sie ihm ein Gitter angebaut hatten. Gewindelt hatten sie ihn auch, weil ihm andauernd ein Maleur passiert ist. Ich weiß, dass es für ihn das entwürdigenste ist, was es gibt. Das tat mir soooo leid.
Er war trotz seiner Abwesenheit so aufgeregt, dass er nicht in die Windel machen wollte und sie sich immer abgerissen hat und aus dem Bett gesprungen ist. Dabei wird er wohl auch hingefallen sein.
Ich habe schon versucht, die Schwestern so wenig wie möglich zu benachrichtigen und ihn gewaschen usw.., aber manchmal kam ich alleine mit ihm nicht klar und brauchte deren Hilfe.

Als ich da war, hatte ich erstmal das Gitter runter gemacht, mein Bett an seins geschoben und ihn gestreichelt , geküsst und ruhig zugeredet. Er hat es bestimmt nicht gemerkt, dass ich da war. Denn seine Reaktion war immer die gleiche, er ließ sich auch nicht beruhigen. Meine größte Sorge ist, dass er mir im Unterbewusstsein Vorwürfe gemacht hat, dass ich das mit den Windeln und dem Gitter nicht verhinder t habe. Und ich bin mir nicht sicher, ob er es gespürt hat, dass ich bis zum letzten Atemzug bei ihm war. Wir hatten ja auch keine Möglichkeit, noch mal zu reden. Ach das tut alles weh.

Da ich ja aus Leipzig komme – was die ganze Sache übrigens immer verkompliziert hat – habe ich auch niemanden in Berlin, der mich unterstützt. Heute habe ich die ganzen Wege (KH, Bestattungsunternehmen) und das in einer für mich fremden Stadt- alleine erledgt. Es hat gut geklappt.

Aber ich weiß nicht, wie ich jemals mit dem schmerzhaften Verlust klarkommen soll. Ständig denke ich, er kommt gleich. Jörg und mein Vater waren sich sehr ähnlich, beides starke Charaktere. Das Loch, in dem ich mich jetzt befinde, ist tiefer, als ich je vermutet hätte. Zwei Menschen innerhalb nicht einmal eines Jahres. Ich weiß nicht, ob ich mein Leben jemals wieder in den Griff bekomme. Auch ist mir ja Berlin so ans Herz gewachsen.
Morgen werde ich wieder nach Leipzig fahren und dann am Montag nach Berlin zu seinem Arzt (mich weiter krank schreiben lassen) und mit seinem Sohn weitere Dinge besprechen.

Es ist so traurig, ich habe noch nie in meinem Leben einen Menschen so geliebt wie Jörg. Er meinte das selbe und dass ich ihm viele schöne Monate geschenkt hätte, er hätte es sonst überhaupt nicht so weit geschafft. Aber ich finde, es waren viel zu wenige. …. Ich hatte - trotz der Anzeichen – nicht damit gerechnet. Jörg hatte noch soviel vor und hatte auch auf seinem Grundstück noch so viel gebaut und verschönert. Er ist gerade fertig geworden und kann es nicht einmal genießen. Aber ich bin froh, dass ich bei ihm sein konnte und hoffe, er hat es irgendwie gespürt.

Oooh, ich habe mir jetzt die Seele rausgeschrieben, sorry.

Euch vielen Dank nochmals!

JÖRG, ICH LIEBE DICH UND WERDE DICH IMMER VERMISSEN!


Liebe Grüße von Conny
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