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Alt 11.11.2008, 14:41
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Bianca-Alexandra Bianca-Alexandra ist offline
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Registriert seit: 15.02.2008
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Standard AW: Nebenwirkungen während einer Chemo

Hallo Du liebe,

zunächst ist es natürlich schwierig, darauf einzugehen, was die ursache der verschiedenen ERscheinungen ist, ohne zu wissen welche Behandlung sie bekommt, welche Chemo, welche Medikamente ansonsten, aber so gut ich kann werde ich anhand von unseren Erfahrungen Antworten, bitte sieh das aber nicht alles bedingungslos als richtig an, es hängt von so vielen Faktoren ab - und ich bin ja nun ganz und gar kein Doc.... Ich schreibe die Antworten jeweils in blau dahinter, sofern ich antworten kann.



Zitat:
Zitat von lilly23 Beitrag anzeigen
Ihr Lieben!
Ich hatte gestern schon darüber geschrieben, dass meine Mama unheilbar an einem kleinzelligen Adenocarzinom leidet... doch das eigentlich Leid und was wir dagegen unternehmen wollte ich hier mal in einer Übersicht der Nebenwirkungen aufschreiben. Vielleicht hat jemand von euch Erfahrungen damit und kann uns hierzu noch weitere Tipps im Umgang mit den Schmerzen geben...

1. Schüttelfrost
Sie schwitzt in der einen Sekunde und in der nächsten zittert sie am ganzen Körper so dass nur noch 2 Decken und das Höherstellen der Heizung zuhause etwas abhilfe schaffen. Weiterhin trägt sie bereits 2 Pullover und 2 Jogginghosen um die Kälte etwas besser zu verdrängen...

Schüttelfrost und auch das übermäßige Schwitzen können eine sowohl eine Folge der Chemo als auch von Bestrahlung oder sogar Cortison sein. Wie lange hält das schon an? Kontrolliert ihr regelmäßig die Temperatur? Ich kann Ohrthermometer dafür sehr empfehlen.

2. Übermäßiges Schwitzen
Teilweise muss sie sich nachts komplett umziehen da sie sehr viel schwitzt. Hier hat man uns gesagt dass das auch von den Medikamenten kommen kann...

3. Reizhusten
Je nachdem wie sie liegt - ihr kompletter linker Lungenflügel ist außergewöhnlich dicht mit Metastasen durchzogen - fängt sie an zu husten. Das Sitzen fällt ihr sehr viel schwerer, da sie dann an Atemnot leidet und erst im Liegen - leicht gekippt damit der befallene Lungenflügel nicht erschwert wird - wirds etwas besser. Haben auch gemerkt dass der Husten auch besser wird wenn sie nicht ganz flach liegt sondern auf mind. 4 Kissen etwas leicht erhöht.. Wenn sie dann mal anfängt zu husten fällt es ihr unglaublich schwer da sie nicht richtig husten kann und ihr das alles unheimlich weh tut... sie nimmt jetzt 3x täglich Tropfen gegen den Hustenreiz (bronchicum) und das hilft ihr etwas...

Meine Mom hat sich für ihr Bett einen Keil aus Schaumstoff anfertigen lassen. Am besten relativ flach direkt in Hüfthöhe beginnen und dann sanft aufsteigend. Wichtig ist, dass kein Druck auf der Lunge ist und vor allem auch keine Einlagerungen statt finden, die erschweren es in der Nacht am meisten. An der stärksten Stelle, also am Kopfende ist der Keil meiner Mutter sicher 30cm hoch. Austesten. Kann sie nicht immer vertragen, hilft aber. Die Kissen haben den Nachteil, dass der Körper nicht sanft ansteigt, also geknickt wird. Das erschwert wiederum das Atmen.

4. Atemnot
Sobald sie sich hinsetzt (aus dem Liegen heraus) braucht sie erstmal einige Zeit bis sie sich von dieser Anstrengung erholt hat. SIe bekommt kaum Luft und kämpft sehr mit dieser Anstrengung. Seit gestern haben wir endlich ein Sauerstoffgerät an dem sie 3x täglich für eine Stunde angeschlossen ist und das erleichtert ihr auch soweit das Atmen dass sie wenigstens in dieser Zeit ruhig schlafen kann.

Eventuell hilft es auch ein bißchen, darauf zu achten, ob es ihr besser geht wenn sie zum Beispiel eine höhere oder niedrigere Luftfeuchtigkeit im Raum hat. Meiner Ma hilft es auch, sich warm einzupacken und die FEnster (auch bei Minusgraden ) aufzureißen. Allein die Bewegung der Luft im Raum tut ihr schon gut, da spielt die Psyche auch ihren Teil dazu. Außerdem haben wir im Wohnzimmer ein Klimagerät installiert dass wir auch oft ohne Kühlfunktion; also nur Luftbewegung laufen lassen.

5. Extreme MÜdigkeit/Schlappheit/Mattigkeit
Sie steht eigentlich nur noch auf um zu Toilette zu gehen... ansonsten versucht sie es aktuell 4 oder 5 mal pro Tag sich wenigsten ein paar Minuten hinzusetzen - doch alles strengt sie so sehr an dass sich sofort Schmerzen und Kurzatmigkeit melden... sie schläft den ganzen Tag und schafft es keine 10 min. ihre Augen offen zu halten...

Wann sind denn die Blutwerte zuletzt geprüft worden? Eventuell sind HB und/oder Erotrozyten (kann sein, dass ich es falsch im Kopf habe) zu niedrig, hier hilft eine Bluttransfusion wahre Wunder. Außerdem können die Müdigkeit und die Schlappheit auch eien Folge der Chemo/Bestrahlung sein, man nennt es dann Fatigue. Bekommt sie auch Beruhigungsmedikamte? Morphium?

6. Verstopfung
Eine weitere Nebenwirkung der Chemo & Medikamente... reine Abführmittel haben leider nicht mehr geholfen also haben auf Einläufe umgestellt und das war dann endlich die Erlösung für meine arme Mama....

Morphine und Schmerzmedis generell (z. B. Novalgin), auch einige Chemos bewirken Verstopfung. Also immer sehr darauf achten. Meine Mutter nimmt jetzt immer prophylaktisch schon Movicol, mind. 1 Beutel am Tag abends. Das ist relativ mild. Verstopfungsgefahr besteht SPÄTESTENS nach drei Tagen ohne Verdauung, sobald der STuhl fester wird muss schon vorgegangen werden. Umso weniger getrunken wird, umso höher die GEfahr weil der Darm der Nahrung Wasser entzieht, umso weniger vorhanden, umso fester der Stuhl. Eine nicht zu beseitigende VErstopfung birgt die Gefahr eines Darmdurchbruchs, das ist lebensgefährlich.

7. Appetitlosigkeit
Sie isst nix mehr und hat auch keinen Appetit mehr... egal was wir ihr vorlegen - sie schafft keinen 2. Bissen... deshalb haben wir jetzt auf Astronautenkost (Tetrapack Fresubin) umgestellt, die sie wenigstens mit allen wichtigen Nährstoffen versorgt...

Die Appetitlosigkeit kann unheimlich viele Gründe haben. Vielleicht mag sie anstatt essen lieber trinken? Es gibt ein geruchs- und geschmackloses Pulver das man allem beimengen kann in den Apotheken, zum Beispiel in ein Milchshake dazu geben.

8. Schmerzen
Der Tumor in der Lunge schmerzt sie sehr, gleichzeitig hat sie extreme Schmerzen in der Schulter und im Arm (Metastase am Knochen) => hier hat sie bisher 2 verschiedene Schmerzpflaster bekommen (eins am Rücken und eins das über Nacht direkt auf die Lungengegend geklebt wird) die haben ihr geholfen... seit vorgestern hat sie jedoch unvorstellbar starke Schmerzen am Arm, deshalb hat sie nun zusätzlich zu den Pflastern ein Opiat (Tilidin) erhalten das sie 1x am Tag (1 Tablette) zu sich nimmt... das hat die Schmerzen etwas verringert, leider sind sie noch nicht ganz verschwunden)

Gerade Opiate müssen erst einen "Spiegel" im Körper aufbauen. Gerade am Anfang kommen Erscheinungen der Überdosierung zum Tragen (vielleicht hier her die Schläfrigkeit?), bis der Spiegel sich aufgebaut hat, können mehrere Tage verstreichen. Meine Mutter war danach auch wieder wesentlich agiler. Am Anfang hatte sie sehr starke Schmerzen. Dann dachten wir, sie driftet uns aufgrund des Morphiums weg. Nach insgesamt 4 Tagen war die Einstellung gelungen, es ging ihr so gut wie nie zuvor. Werden die Knochenmetastasen bestrahlt? Bekommt sie ein Mittel zur Knochenstärkung?

Wenn man mal so ne Liste ansieht bekommt man echt unglaubliches Mitleid mit allen Betroffenen und ihr unvorstellbares Leid das sie mitmachen.
Auf der anderen Seite aber auch einen unglaublichen Respekt vor ihrer Kraft, nicht aufzugeben!
Deshalb möchte ich hier allen Betroffenen meinen allergrößten Respekt vor eurem Mut zu Kämpfen aussprechen... und ich freue mich sehr dass ich dieses Forum gefunden habe in dem ich einfach meine Ängste und auch meine Freuden mit jemanden teilen kann...

Liebe Grüße an euch alle,
Lilly

Ich hoffe, ich konnte Dir schon ein bißchen helfen. Vielleicht magst Du noch die Fragen zur aktuellen Medikation beantworten. Ich drücke Euch die Daumen. HAbt ihr schon mal Kontakt zu einem ambulanten Palliativdienst aufgenommen? Kennt ihr das? Meine Ma - und ihr geht es im Moment wesentlich besser als Deiner Ma zur Zeit, wird einmal pro Woche besucht. Es ginge je nach Notwendigkeit bis zu zwei mal am Tag. Das zahlt die Kasse bei Verordnung durch den Arzt. Die schauen sich alles an und helfen unglaublich viel. Sie sehen aufgrund ihrer erfahrung so viele Kleinigkeiten die wir einfach nciht wissen. Sie gaben meiner Mutter zum Beispiel den Tipp (weil sie durch Fragen heraus fanden, dass sie einen Knick in der Blase hat), dass sie per Muskulatur darauf achten soll, die Blase richtig zu leeren, auszupressen wenn Du so willst. Und: Die Schmerzen wurden weniger. Wer zum Teufel hätte das ahnen können???
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Liebe Grüße - Bibi
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Dankbarkeit
ist die Erinnerung
des Herzens

Geändert von Bianca-Alexandra (11.11.2008 um 14:55 Uhr)
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