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Alt 17.11.2007, 14:33
SinnlosesLeiden SinnlosesLeiden ist offline
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Standard AW: Wie kommt der Tod?

Heute ist Tag 8 ohne Nahrung oder Flüssigkeit

Nachdem er gestern noch sehr unruhig war, oft aufgewacht ist, gestöhnt oder geschrien, geweint oder gewimmert hat, ist seit gestern abend Ruhe eingekehrt.

Unser Hausarzt war gestern nachmittag noch mal hier und hat uns 3 Spritzen mit unbekanntem Inhalt da gelassen. Er ist übers Wochenende nicht da und hat den Kollegen im Nachbarort verständigt. Wir sollen meinem Vater die Spritzen gegen abend selbst verabreichen! Stellt Euch das mal vor!

Ich weiss nicht, ob er sich denkt: "da kann man eh nimmer viel falsch machen" oder ob er sich nur im Geringsten vorstellen kann, wie allein gelassen wir uns dadurch fühlen.

Ich hab meinem Vater gestern abend die Spritze gegeben. Natürlich bin ich kein Profi und hab, ausser mir selbst vor x Jahren mal Trombosespritzen zu setzen, sowas noch nie gemacht. Mein Vater hat geschrien und mir tat das in der Seele weh! Kurz darauf ist er friedlich eingeschlafen und war richtiggehend "weggebeamt". Dieser Zustand hält bis jetzt immer noch an.

Es ist so schon schwer genug, die ganze Situation durchzustehen, aber wenn wir auch noch durch die Unfähigkeit des Hausarztes gezwungen sind, uns um die "Ruhigstellung" eines Sterbenden zu kümmern, übersteigt das unsere Grenzen.

Wenn wir nicht Wichtigers zu tun hätten, würd ich mich mal bei der Ärztekammer erkundigen und hinterfragen, ob die Handlungsweise dieses Arztes geltendem Recht entspricht. Noch dazu war dieser Arzt dafür verantwortlich, dass wir immer klein gehalten wurden und unsere Befürchtungen hinsichtlich einer schwerwiegenden Krankheit über Jahre hinweg verharmlost wurden. So nach dem Motto: "Solange Sie den Kopf nicht unterm Arm hertragen, kanns schon nicht so schlimm sein!" Aber was solls, das hilft meinem Paps jetzt auch nichts mehr!

Nun zum heutigen Tag:

mein geliebter Paps befindet sich seit 19 Stunden in einem Koma-ähnlichen Zustand. Er hat eine sehr flache Atmung mit permanenten Aussetzern. Sein Puls wechselt laufend von gleichmäßig ruhig auf rasend und ungleichmäßig. Ausser ein paar Hustern, weil die Bronchien mehr und mehr verschleimen, kommt von ihm kein Geräusch. Er versucht von Zeit zu Zeit die linke Hand zu bewegen, zittert dann und schafft es nicht, den Arm in eine andere Position zu bringen. Seine Hände und Füße sind recht heiss, fast fiebrig.
Ich wünsche es ihm so, dass er bald erlöst ist!!! Es ist mir immer noch unerklärlich, wie er es so lang ohne Flüssigkeit aushalten kann...

Ich vermute, dass dieser komatöse Zustand wieder ein Schritt weiter in die erlösende Richtung ist und kann nur hoffen, dass es ihm mehr und mehr leichter fällt zu gehn.

Die ganze letzte Woche war er so unruhig und hat fürchterlich gekämpft, uns immer wieder gezeigt, dass er noch nicht loslassen will... Er hat immer unsere Hand gedrückt, uns intensiv angeschaut und wir haben uns ihm ganz nah gefühlt.

Heute abend kommt ein Engel vom Hospizverein, das kann man wirklich so sagen. Wir wollen noch ein paar Worte mit jemandem wechseln, der das nötige Einfühlungsvermögen mitbringt und uns zuhört. Nicht wie fast alle Ärzte, Krankenkassen, Behörden oder Sanitätshäuser in den letzten 11 Monaten. Hier kann man schon nicht mehr von Behandlung sprechen, sondern eher von Misshandlung.

Es tut gut, sich hier die ganzen Gedanken, Ängste und Gefühle von der Seele zu schreiben...

Eure Sonja

Geändert von SinnlosesLeiden (17.11.2007 um 17:54 Uhr)
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