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Alt 16.05.2008, 23:19
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Blume68 Blume68 ist offline
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Standard AW: Meine Mutter auch - ich brauche bitte eure Hilfe!

Ein kleines Hallo an alle...

Ins „Betroffenen- und Angehörigen-Forum“ von Bibi wollte ich es erst schreiben – jetzt setz ich es mal lieber hier in mein Eckchen rein.

Ich frag mal einfach „blöd“. Wohl wissend, daß jeder Mensch und seine Bedürfnisse und Gedanken anders sind – und daß ihr nicht für meine Ma sprechen könnt! Ich fühle mich heute abend verunsichert und traurig, drum kommt das wohl.

Wie ihr wisst, ist meine Ma keine 50 mehr. Sie hat erst ihren Sohn, dann ihren Mann beerdigt. Sie hat dann ein bischen und mühsam ins Leben zurückgefunden - diese Wortwahl ist nicht übertrieben. Vom Typ her ist ein Mensch in welchem Forum auch immer schwer zu beschreiben. Ich weiß aus Erfahrung, daß Ratschläge und Meinungen immer schwierig zu handeln sind - für die, die sie geben, und die, die sie lesen.

Ich frage trotzdem.

Ich lese viel von Betroffenen und Angehörigen hier. Einige der Betroffenen haben Beschwerden, die meine Ma (noch?) nicht hat. Sprich: Übelkeit mit sich-übergeben, Nervenstörungen, und ähnliches.

Sie hat eine lange Krankheitsgeschichte, und nicht "nur Kurt". Sie ist über 70. Sie ist mal ein "Kämpfertyp" (früher eher), und doch eher der seeeehr vorsichtig, sich auf alle einstellende, vorsichtige Typ. (Davon hat sie mir, erziehungsmäßig, auch viel mitgegeben...)
Vieeel Rücksicht. Dann auch wieder sehr offen, fast stur. Also – ich spreche von früher und immer schon, nicht von einer Begleiterscheinung ihrer jetzigen Erkrankung.

Sie hadert mit sich, ob sie ihre Chemo weiterführen möchte, ob es "Sinn" hat. Sie ist dauernd sehr müde, zum müde für IRGENDWAS, fühlt sich teilweise schlecht (vor allem verglichen mit ihrem früheren Leben), auf andere angewiesen; ihre Blutwerte sind oft im Keller, undefinierbarer Schwindel (lt. Ärzten nicht von der Chemo!) schränkt sie ein. Sie lebt allein. Sie fühlt sich teilweise wirklich SO schlecht (wie an einem Wochenende vor kurzer Zeit, da ging es ihr SUPERmies), daß sie einfach "nicht mehr will". Das ist ein subjektives Empfinden, das ich nicht bewerte, sondern be-achte. Andere würden vielleicht sagen: „meine Güte – das ist doch noch nicht SO schlimm...“ Ich möchte aber nicht vergleichen, weil das einfach nicht möglich ist.

Mal möchte sie "aufgeben", dann wieder "doch noch was fürs Leben tun". Für uns? Für sich? Ich zweifle zur Zeite manchmal. Obwohl solch eine liebevolle Offenheit herrscht zwischen uns. Wahrscheinlich ist sie selbst durcheinander, und so kommt es eben auch rüber auf mich.
Ich bemühe mich, mich auf alles einzustellen! Ich stecke nicht in ihrer Haut, und ich wäre die LETZTE, die Druck ausüben würde, in welcher Richtung auch immer. Sie wohnt nicht bei mir um die Ecke, und ihr zu helfen, ist schon wegen der Entfernung, aber auch wegen ihres Abblockens geeigneter, ihr zu weiterer Selbständigkeit sich anbietender Maßnahmen, einfach teilweise sehr schwierig. Da ich ihr aber nicht das Gefühl geben möchte, ich würde alles für sie regeln, versuche ich, das so laufen zu lassen, so lange es eben geht.

Ich habe immer mehr das Gefühl (und, wie sie sagt, ist dem teilweise auch so), daß ihr Alleinsein ihr viel zu viel Möglichkeit bietet, diesen Grübeleien und dem Abrutschen in fast depressive Gedanken zu erliegen. (Sie selbst war aber nie willens, das zu ändern, und heute ist es natürlich kaum mehr möglich.) Aber sie möchte natürlich bei sich zu Hause sein!
Ist sie heute noch willens, die GUTE Zeit, die sie ja teilweise hat, zu nutzen, so ist es damit morgen völlig vorbei. Für ihre Müdigkeit kann sie nichts, das weiß ich – aber ich fürchte, je mehr sie diesen Grübeleien erliegt, desto schlechter geht es ihr. Und ich meine: ohne, daß es immer SO schlecht sein müsste! Sie hat keinen Freundeskreis - den haben meine Eltern nie gepflegt. Ihre Kinder sind, fast, alles.

Meine Frage ist folgende: ich denke in den letzten Tagen, ich möchte ihr mal sagen können:
“Hallo! Laß dich nicht hängen! Ich unterstütze dich – das weißt du, in JEDEM Fall, und in jeder Entscheidung, die du triffst! Ich bin immer für dich da! Aber so, wie du dich fallen lässt, tut es dir nicht gut, und das MÜSSTE nicht, zwingend, IMMER so sein!“

DARF ich sowas überhaupt äußern? Ich weiß, ich stecke nicht in ihr drin. Ich maße mir nichts an.
Aber ich kenne sie so gut (VOR Kurt), daß sie einfach manchmal so lange durchhing, bis ihr jemand zur Seite eilte, und sagte: nun mach es mal anders! Ihr Mut machte! Das versuche ich teilweise – aber bin ich zu vorsichtig?...

Jetzt bin ich eh der „gesündere Part“, der, der sich besser informieren kann als sie – und die ganze Situation überfordert sie, ich verstehe das völlig. Wenn ich nun sowas sage – ist das anmaßend...?

Ehe ich ins „schwafeln“ komme – inwieweit darf man einem Betroffenen sagen, daß man seine Gefühle wertet, aber trotzdem den Eindruck hat, er (hier: sie) ließe sich (manchmal) hängen?...ich meine – erst dann, wenn man wirklich das Gefühl hat...aber kann das Gefühl nicht oft genug trügen?
Ich hab immer gesagt: FRAGEN, intensiv fragen – das ist EINE Lösung. Die Antworten, die ich zur Zeit bekomme, sind teilweise so verwirrend...darum frag ich hier.

Oh Gott, ich höre schon den „Aufschrei“, weil ich so eine blöde Frage hier stelle...aber ich kriege es doch mit, wenn es ihr plötzlich besser geht, auch gesundheitlich, wenn sie liebe Menschen um sich hat, und sich dann teilweise mal zusammenreißen muß...für andere weiß man oft besser, was gut ist...für sich selbst ist man (nein – bin ich!) teilweise unsicher...aber ich fürchte, sie „rutscht mir ganz untendurch“, und ich könnte mir später vorwerfen, ich hätte sie mehr motivieren müssen, statt ihr nur lieb zuzuhören und ihr nur sanft Mut zu machen...ich meine nicht, motivieren in Form von Aufforderung zum „wie auch immer, Hauptsache mehr kämpfen“, sondern...einfach mal selbst was entscheiden und umsetzen...

...danke fürs Lesen...und bitte nicht falsch verstehen...ich hadere mit mir, ob ich so eine dusselige Frage überhaupt hier reinstellen „darf“...ich fühle mich nur für so vieles verantwortlich, und heute Abend überwiegt vielleicht das „zu sehr“...

Blümchen
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In uns allen findet sich die Quelle höchster Weisheit -
die Quelle der Liebe.
(Thich Nhat Hanh)

Geändert von Blume68 (16.05.2008 um 23:25 Uhr)
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