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Alt 24.11.2010, 18:32
Jan1983 Jan1983 ist offline
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Standard AW: Ich bin neu und mein Vater hat Speiseröhrenkrebs

Hallo Yvonne und Jessica!
Ich bin durch Zufall auf Eure Einträge hier gestossen und hab mich gleich angemeldet, um Euch (vielleicht) weterhelfen zu können. Ich hab die ganze Scheiße hinter mir, mein Vater ist letztes Jahr im Oktober im Alter von 51 Jahren gestorben.
Schluckbeschwerden im Juni, Diagnose Speiseröhrenkrebs (der böse, am Übergang zum Magen), Chemo, Metastasen in der Leber im Juli, Einsetzen eines Stents (er brachte kaum einen Bissen mehr herunter), stärkere Chemo, 35kg abgenommen in 4 Monaten, Darmlähmung infolge der Chemo, Untersuchung im Krankenhaus , sehr zufriedene Ärzte (Metastasen in der Leber waren zurückgegangen bzw. verschwunden), 2 Stunden nach dieser endlich mal guten Nachricht brach der Tumor in der Speiseröhre durch, Not-OP, wir durften uns noch von ihm verabschieden nach der OP... heftigerweise am 50. Geburtstag meiner Mutter ist er dann gestorben (8 Stunden nach der OP)

O-Ton unseres Hausarztes zu meiner Mutter: "Ihr Mann trägt ein Monster in sich, und es wird ihn früher oder später auffressen..."

Der Umgang mit meinem Vater während der Krankheit:
Auch ich wohne weiter weg (300km) und komme nur alle 2 Wochen heim. Am ANfang der Diagnose hat er natürlich gleich mal gemeint, er jagt sich ne Kugel in den Kopf.
Aber insgesamt habe ich den Eindruck, dass meine Mutter, meine Schwester (19) und ich mehr gelitten haben als mein Vater. Psychisch ist die Situation für die Angehörigen äußerst belastend. Vor allem ich bin jedes Mal brutal erschrocken, wenn ich ihn nach 2 Wochen wieder gesehen habe und er wieder stark abgenommen hatte. Trotzdem habe ich mich "zusammengerissen" (obwohl ich auch nur hätte heulen können), habe mit ihm ganz sachlich über seine Krankheit gesprochen. Da hatte ich immer den Eindruck, dass er merkt, dass ich in keinster Weise ans Sterben denke. Ich habe ihn nach seinem Befinden gefragt, nach neuen Ergebnissen der Ärzte, wie er sich fühlt, wie er mit der Chemo zurechtkommt. Alle ausser meinem Vater wußten, dass es sich um eine der übelsten Krebskrankheiten handelte, aber er versprühte einen solchen Kämpfer- und Lebenswillen, dass wir da absolut mitgezogen sind. Ich muss dazu sagen, er war schwer depressiv, hatte auch früher schon Suizidgedanken. Von daher waren wir überrascht von seinem Verhalten. Während seiner Chemo war er eigentlich auch recht fit, erst die letzten 3 Wochen waren beschissen. Da gings ihm total schlecht, ein Häufchen Elend. Ich habe dann versucht, ihm nahe zu bringen, dass dieser Zustand auch durchaus ein gutes Zeichen sein kann- dass es jetzt ans "EIngemachte" geht, die Chemo richtig anschlägt, es ihm deswegen auch schlecht geht, aber dem Tumor und den Metastasen noch viel schlechter.
Da ging er auch drauf ein und hat sich nicht hängenlassen, obwohl er total schwach war.
Im Endeffekt hatte ich ja sogar recht: AM ANfang der Chemo gings ihm ja noch recht gut, aber der Krebs hat sich ja auch weiter ausgebreitet. Mit dem zusätzlichen Mittel für die Leber gings bergab, aber diese Metastasen waren ja dann auch verschwunden.
Nachdem, was ich hier gelesen habe und erlebt habe, würde ich behaupten, dass das Einsetzen eines Stents ein Wendepunkt ist: Ab diesem Zeitpunkt wird die Behandlung "palliativ" . Die Definition ist eindutig: --medizinisch lindernde Behandlung unheilbar Schwer(st)kranker--

Ich möchte Euch auf keinen Fall entmutigen! Hab hier auch schon andere Fälle gelesen, wo durchaus noch ein paar Jahre drin waren.

Aber das sind nun mal meine Erfahrungen mit dieser Krankheit.
Ich wünsche Euch mit Euren Familien alles Gute, lasst Euch nicht hängen !
Es geht immer weiter...

Gruß
Jan
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