Einzelnen Beitrag anzeigen
  #302  
Alt 13.04.2014, 00:41
Uwe67 Uwe67 ist offline
Neuer Benutzer
 
Registriert seit: 26.11.2009
Beiträge: 9
Standard AW: Platz für positive, mutmachende und erfreuliche Nachrichten

Jetzt sind es 15 Jahre,

zumindest nach der Rechnung der Krankenkasse. Die erste Krankschreibung wegen meines Sarkoms war am 12.04.1999. Vielleicht ein guter Zeitpunkt meine Geschichte nochmal zusammen zu schreiben.

Rückenschmerzen hatte ich schon lange vorher. Ich hatte schon in der Jugend Probleme mit der Körperhaltung und dachte mir nicht viel dabei. Mein Bürojob war sicher ein weiterer Grund weshalb ich wegen der Rückenschmerzen nicht zum Arzt ging. Das ich zu wenig Sport mache wusste ich auch so.

In der Woche vor dem 12.04. war mir übel. Es war zwar eigentlich schon alles wieder gut, aber ich ging trotzdem wegen der Übelkeit zum Arzt. Meine Hausärztin schickte mich zum Ultraschall, und die Radiologin fand auch gleich etwas was dort nicht hingehörte.

Zur OP ging ich dann in die nächste Uniklinik. Die OP-Vorbereitungen zogen sich etwas hin. Ich fühlte mich gesund. Auch meine Blutwerte und der Zuckertest waren in Ordnung. Es gab aus den Werten keine Hinweise, ob das Teil, das zwischen Magen, Leber und Bauchspeicheldrüse hing, von einem dieser Organe ausging. Lediglich mein Billirubin-Wert war erhöht. Aber ein klares Indiz war das noch nicht. Mitte Juni war man soweit die OP anzugehen.

Als Ergebnis der Voruntersuchungen musste ich vor der OP dem schlimmsten anzunehmenden Verlauf zustimmen. Wenn das Teil an der Bauchspeicheldrüse hing, kam eine Whipple-OP in Frage: der halbe Magen weg, Bauchspeicheldrüse raus, mit den Resten des Darms wird dann alles wieder zusammengenäht. Als Ergebnis könnte ich nur noch kleine Mahlzeiten essen und wäre zuckerkrank. Schöne Aussichten..

.. doch so schlimm kam es dann doch nicht. Der Tumor lag auf der Vena Cava inferior, eine Vene zur Leber. Ein Stück der Vene wurde entfernt und durch eine Plastik ersetzt. Der Tumor war nirgends angewachsen (außer an der Vene) so das alle umliegenden Organe heil blieben.

Die Histologie ergab einen GIST. Das war, im nachhinein betrachtet, eine Fehldiagnose die aber erst Jahre später korrigiert wurde. Glivec als Chemotherapie gab es noch nicht, und auch ein c-kit-Test war zu dieser Zeit nicht modern. So wurde mir keine Chemo-Therapie empfohlen und es blieb bei vierteljährlichen Kontrolluntersuchungen, die später dann auf halbjährlich und jährlich zurückgefahren wurden.

Die OP war also überstanden ... aber noch nicht ganz. Ich brauchte einige Wochen um wieder auf die Beine zu kommen und blieb bis Ende Juli im Krankenhaus. (Damals gab's noch keine Fallpauschalen, 2 Monate Krankenhaus wegen einer OP wären wohl heutzutage kaum noch denkbar.)
Kaum war ich zu Hause, hatte ich Schmerzen in der Schulter und Probleme beim Atmen. Wir ließen den Bereitschaftsarzt kommen, der gab ein starkes Schmerzmittel, was auch einigermaßen half. Am nächsten Tag jedoch das gleiche Spiel. Wieder Schmerzen und Atemprobleme. Es hatte jedoch ein anderer Arzt Bereitschaft. Der holte sofort den Krankenwagen und ich kam ins Krankenhaus auf die Intensivstation für eine Nacht. Am morgen kam ich auf Normalstation und fühlte mich etwas besser. Ich dachte ich kann bald wieder nach Hause. Doch als der Arzt kam um die Diagnose mit mir zu besprechen, kam ein Schock: Lungenembolie. Wohl eine Spätkomplikation von der OP.
Ich fühlte mich zwar nicht tot krank, ich war aber kurz davor. Je nachdem wie sich die Embolie weiterentwickelt, hätte es böse ausgehen können.

Ich wurde noch am selben Tag mit dem Hubschrauber in die Uniklinik geflogen, und bekam dort Heparin um die Embolie aufzulösen. Es gab auch noch einige Untersuchungen, von denen ich das Schluck-Ultraschall am unangenehmsten empfand. (Vielleicht sind die Geräte inzwischen kleiner und angenehmer zu schlucken, damals fand ich es furchtbar)

Es folgten noch einige Tage Intensivstation und dann kam ich auf die Normalstation, und dann noch einige Tage in mein Krankenhaus am Wohnort.
Ich bekam dann noch drei Jahre lang Marcumar zur Blutverdünnung.

Die Nachsorgeuntersuchungen waren ereignislos. Es wurden regelmäßig CTs vom Oberbauch gemacht, Blutwerte genommen und die Lunge geröntgt.

8 Jahre später. Ich war gerade dabei meine Mutter im Krankenhaus zu besuchen. Da kamen wir so ins Gespräch zu den Nachsorge Untersuchungen. Dabei viel mir aus irgendeinem Grund plötzlich auf, das mein linker Arm dicker war als der Rechte.

Ich ging damit zum Hausarzt, der mir half den nächsten Nachsorgetermin in der Uniklinik vorzuziehen. Im Arm war ein neuer Tumor gewachsen, der schon ziemlich groß war. Er lag nahe zu einem Nerv, so das man sich entschied erst mal. Eine Probenentnahme zu machen. Heraus kam ein Leiomyosarkom.

Es folgte eine 2. OP zur Entfernung des Sarkoms. Da wegen des Nervs kein ausreichender Sicherheitsabstand eingehalten werden konnte, musste der Arm bestrahlt werden. Außerdem wurden auf beiden Seiten, der Lunge verdächtige Stellen gefunden, weshalb noch 2 Lungen-OPs folgten. Ein oder zwei der Knoten waren dann tatsächlich Metastasen des Leiomyosarkoms.

Bei weiteren Untersuchungen wurden weitere Metastasen in Armen und Beinen gefunden. Man machte noch einige Versuche die Metastasen operativ zu entfernen. aber 2009 gab man diese Versuche dann auf. Es waren einfach zu viele. Die Dinger wuchsen aber erst sehr langsam, weshalb man eine Chemo-Therapie auch noch nicht in Betracht zog. Ich hatte ja keinerlei Beschwerden von den Metastasen.

2009 und 2010 arbeitete ich voll. Es gab nur regelmäßige Untersuchungen um den Zeitpunkt für die Chemo nicht zu verpassen. Im Frühjahr 2011 war es dann so weit. Ich startete meine erste Chemo: Ifosfamid + Epirubicin. allerdings war mir diese Chemo zu scharf und ich lehnte sie nach dem 2. Zyklus ab. Ich bekam als 2. Chemo Trabectedin. Damit kam ich fast ein Jahr zurecht. Die Tumore wuchsen erst mal nicht weiter. Bei den ersten CT's waren ein paar Metastasen sogar kleiner geworden. Das Trabectedin setzte mich für 10 von 21 Tagen außer Gefecht, weshalb ich nur noch wenige Tage arbeiten ging.

Im Frühjahr 2012 sah ich eine Doku zum Thema Fasten auf Arte. Ich las im Internet zu den Forschungen von Valter Longo, und dachte mir das ich das auch mal probieren könnte. Er hatte erforscht, das kurzzeitiges Fasten vor der Chemo die Wirksamkeit erhöhen und die Nebenwirkungen verringern kann. Große Studien dazu gab es allerdings noch nicht.

Ich fragte meinen Onkologen dazu. Er steht dem Fasten generell negativ entgegen. Er meinte jedoch das das was ich esse oder nicht esse in meiner eigenen Verantwortung steht.

Nachdem die Trabetedin-Chemo keine Wirkung mehr zeigte, war Darcarbazin der nächste Versuch. Mit Beginn der Darcarbazin-Chemo , startete ich mit dem Kurzfasten, was ich bis heute beibehalten habe, weil ich das Gefühl habe das es mir gut tut.

Die Darcabazin-Chemo hielt allerdings nicht lange. nach 4 Monaten war ein deutlicher Progress zu sehen. Die Nebenwirkungen waren aber viel geringer als bei Trabectedin. Nächste Station Pazopanib.

Pazopanib ist eine Tablettenchemo, die täglich eingenommen wird. ich konnte wieder eine Zeit lang voll arbeiten. Aber auch hier war kein langfristiger Erfolg zu erreichen. Die Metastasen wurden größer und die Schmerzen schlimmer. Vor allem mein Bein machte mir Probleme. Am Ende der Pazopanib-Chemo kam ich mit 3 Schmerztabletten (Berlosin) am Tag nicht mehr aus. Auch Tramadol half mir nicht mehr genug, weshalb ich zusätzlich noch Morphin-Tropfen bekam. Nach 6 Monaten war mit Pazopanib-Schluss.

So viele gute Chemo's gibt es nun nicht mehr. Im Frühjahr 2013 begann ich mit Docetaxel+Gemcitabin. Dies war die erste Chemo bei der ich eine deutliche Verbesserung spüren konnte. In den ersten Monaten wurden einige Metastasen kleiner. 2-3 ,die ich tasten konnte, verschwanden sogar ganz. Inzwischen gibt es zwar keine Verbesserung mehr. die Metastasen bleiben aber weitgehend konstant. Bei den letzten zwei CT's waren je eine Metastase größer geworden.

Nach 15 Jahren arbeite ich immer noch. Heilung ist zwar seit mehreren Jahren nicht mehr möglich, aber ich komme ganz gut zu recht. In den letzten Jahren hat der Krebs zwar mein Leben bestimmt, aber es hat sich nicht alles dem Krebs untergeordnet. Wir haben in dieser Zeit einen Sohn bekommen der nun 6 Jahre ist und ein Haus gekauft und abbezahlt.

Ich hoffe das es noch ein paar Jahre so weiter geht. An Rente denke ich noch nicht.


Uwe

Geändert von Uwe67 (13.04.2014 um 01:21 Uhr) Grund: Rechtschreibung
Mit Zitat antworten