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Alt 03.09.2003, 08:32
Gast
 
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Standard Wasser im Bauch - kollabiert Leber?

Hallo Nicole und alle anderen, die jetzt in so kurzer Folge Freunde und Verwandten durch den Krebes verloren haben.
Als ich vor über einem Jahr auf den Krebskompass stieß, ging es mir wie den meisten: erleichtert zu erfahren, daß ich nicht allein bin und zutiefst erschüttert, was meinem Vater damals noch bevorstand. Als ich dieses Forum mit meinem Beitrag "Wasser im Bauch - kollabiert Leber?" eröffnet habe, wußte ich so gut wie nichts über Krebserkrankungen. Dieses Forum und eure Beiträge haben mir damals sehr geholfen, mehr zu "wissen" aber auch aktiver zu "fühlen". Als es dann so weit war, begleiteten meine Mutter und ich meinen Vater auf seinem letztem Stück und es ist eine der nachhaltigsten, elementaren Erfahrungen meines Lebens. Einerseits todtraurig, andererseits seltsam gestärkt in dem Bewußtsein, daß wir das Richtige getan haben und meinem Vater nichts verschwiegen und ihn auch nicht festgehalten haben. Dennoch, die Trauer holt einen ein und bis man zum ersten Jahrestag des Todes einmal alle Familienfeste und Feiertage etc ohne ihn erlebt hat, wird die Trauer auch nicht schwächer. Und das ist gut so, dafür soll man sich nicht verstecken.
Umso mehr berühren mich jetzt eure Schilderungen, ihr ward alle so tapfer in den letzten Stunden und macht den Eindruck, daß ihr versucht, mit allen Sinnen das Erlebte zu verarbeiten. Während allgemein der Tod immer klinischer wird und nach wie vor die meisten noch keinen Kontakt zu einem Sterbenden hatten, habt ihr alle mehr oder weniger intensiv das Leben aus einem lieben, schwerkranken Menschen entweichen gespürt. Das ist etwas sehr Wertvolles. Für die Sterbenden und auch für euch. Die Bilder, die Nicole ansprach, die kommen in den unerwartesten Momenten, tags und nachts... Irgendwann schafft man es aber, den Blick vom Menschen im Bett zu heben und auf den aktiven, gesunden Menschen zu lenken, der er einmal war. Es hilft, sich aktiv in Erinnerung zu rufen, was diesen Menschen ausgemacht hat und vor allem: was ihm Freude gemacht hat und wann er wo sehr glücklich war. Dann erscheint der Sterbeprozess zwar nach wie vor wie die ungerechteste Sache der Welt, aber man wird der Person gerechter...
Uff, ein komplexes Thema. Von mir dies alles nur als Versuch, zu schildern, wie man selbst emotional gesundet und dennoch den gestorbenen Menschen lebendig hält. Denn dieser kommt nie wieder außer in unseren Gedanken und Erzählungen.
Habt Kraft, versteckt euch nicht zu lange vor dem Leben, trauert und lebt dann mit diesen Erfahrungen noch bewußter und freundlicher zu euch und den Menschen, die ihr mögt.
In diesem Sinne viel Kraft und Liebe
Tim
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