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Alt 18.02.2005, 11:00
Gast
 
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Standard Kummer von der Seele schreiben

Hallo Tanja,

das ist auch ganz schwer.... es ist immer schwer. Mein Vater hat in den 2 Jahren zwischen seiner Diagnose und seinem Tod im letzten Jahr so ziemlich das Gegenteil gemacht. Er hat die notwendigen OP's und Behandlungen irgendwie hinter sich gebracht und ansonsten das Thema Krebs soweit es ging aus seinem Leben verbannt. Es ging ihm gesundheitlich auch "relativ" gut, er konnte auch noch weiter arbeiten (trotz Rentenalter, er war nun mal workaholic...). Ich dachte auch immer warum rackert er sich da noch ab, wer weiss wie lange er noch hat, soll er doch lieber sein Leben "geniessen" aber er sagte dann was soll ich zuhause rumsitzen und an die Krankheit denken,...... die Arbeit war nun mal sein Leben und sein Halt auch wenn ich es nicht verstanden habe angesichts der Krankheit.

Er konnte nicht mal seine Narben ansehen. Am Ende ist er nicht am Krebs gestorben sondern an den Komplikationen nach einer OP, worauf er bis zu seinem Tod noch mehrere Wochen auf der Intensiv lag und schliesslich hat er es nicht geschafft. Er hatte damals zwar seine Ernährung etwas umgestellt, fast nie mehr Alkohol getrunken und auch nicht mehr geraucht nach der Diagnose aber ansonsten hat er vor dem Thema eher die Augen zugemacht und schnell an was anderes gedacht.

Ich weiss nicht, wie es mir ergehen würde wenn es mich beträfe. Ich weiss auch nicht welche Weise die "bessere" ist, ob die eine mehr Kraft gegen die Krankheit verspricht als die andere....oder der Krankheit "tapfer" die Stirn bieten... sicher spielt das seelische Befinden auch eine Rolle aber ich denke in so einer Krisensituation kann man vielleicht dann nur das tun was man tun kann.... und deine Mutter kann offenbar im Moment nicht anders. Dass Dich das sehr belastet ist klar. Und natürlich denkt man es wäre doch "besser" für sie die verbleibende Zeit mit anderen Dingen und Gedanken zu verbringen. Aber ich denke es ist nicht so einfach dass man sie "nur ablenken" muss.... es hat ja bestimmt auch mit ihrer (verständlichen) Angst zu tun was da mit ihrem Körper passiert, dass sie sich so beobachtet und alles auf die Krankheit bezieht. Sie fühlt sich davon offenbar total umklammert, wie sollte sie also anders denken können?

Vielleicht würde es ihr helfen wenn sie sich einer Selbsthilfegruppe anschliesst oder mal einen spezialisierten Psychologen aufsucht (heissen doch Psycho-Onkologen, oder liege ich da falsch?). Vielleicht hilft ihr das Gespräch mit anderen Betroffenen oder einm "Fachmann", zu lernen mit ihrer Krankheit und ihren Ängsten anders/besser umzugehen bzw. zu sehen das sie nicht allein damit ist. Ich denke wenn man von einem Thema oder seiner Angst besessen ist hilft es nichts wenn andere sagen "nu denk mal an was schönes" sondern man muss erstmal den Ängsten ins Gesicht sehen und dann lernen damit umzugehen. Aber dass muss Deine Mutter tun, das kannst Du ihr nicht abnehmen fürchte ich.... aber Du könntest mal mit ihr darüber sprechen und ihr evtl. Adressen raussuchen und sie wenn möglich beim ersten Mal begleiten (falls sie das will) oder organisieren dass jemand anders sie begleitet.

Ich hätte das gern für meinen Vater gemacht (zumal ich dank eigener Therapieerfahrung überzeugt bin dass sowas helfen kann, oder eben der Austausch mit anderen Betroffenen) aber er hatte sich nun mal dem Thema total verschlossen und das war nun mal sein Weg. Am Anfang wollte ich ihn irgendwie von meiner Sicht überzeugen, habe ihn mit Büchern und seitenweisen Auszügen aus dem Internet beglückt, aber das ging nicht, er war nun mal wie er war und anfangs war ich verletzt weil ich wollte doch "helfen" aber er war nun mal anders als ich. Man kann Hilfe anbieten und seine Liebe und Besorgnis zeigen aber man kann es ihnen nicht abnehmen und muss auch akzeptieren dass sie ihren eigenen Weg gehen. Auch wenn es wehtut.

Das sind meine Gedanken dazu....

Viele Grüsse
Kerstin
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