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Alt 16.05.2007, 10:21
Benutzerbild von Anke LE
Anke LE Anke LE ist offline
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Standard AW: Der Kampf beginnt

Meinem Vati wurde gestern eine Gewebeprobe aus der Bauchspeicheldrüse entnommen. Seine Angst davor war riesig. Aber sie haben ihn während dieses Eingriffes "schlafen gelegt", somit hat er von der fürchterlichen Prozedur des Schlauch-schluckens nix mitbekommen. Früh war noch die Visite, in der gesagt wurde, dass mein Vati heute (also Mittwoch) den Port gelegt bekommen soll. Es geht also vorwärts, es passiert was...
Er musste früh nüchtern bleiben, mittags gegen 13 Uhr ist er dann endlich dran gekommen. Gegen 3 war er dann wieder auf dem Zimmer und hatte grossen Hunger. Gott sei dank. Allerdings wurde ihm das Essen verweigert mit dem Hinweis, dass 1. der diensthabende Arzt noch mal nachsehen müsse und 2. dass er erst abends ab 18 Uhr frühestens was bekommen könne. So´ne Kacke... Wo wir doch so froh sind, dass wenigstens noch sein Appetit da ist....
Jedenfalls haben mein Bruder und meine Mutti ihn am Nachmittag besucht. Ich hab mich gestern zurück gehalten. Ich bin der Ansicht, dass wir uns abwechseln werden, also mein Bruder und ich, damit auch mal was Neues zu berichten ist. Solang mein Papa im KH ist, denk ich, ist das auch in Ordnung. Er braucht doch auch Ruhe und Erholung.
Gegen 19.00 Uhr - ich war grad beim Wocheneinkauf - rief mich meine Mutti ganz aufgelöst an. In seinen Unterlagen würde nix von Port legen stehen, das wär am Mittwoch (also heut) nicht. Mein Vati war total am Boden zerstört und fing an sich einzureden, dass es so schlimm schon um ihn stehen würde, dass sie gar nichts mehr machen werden. Furchtbar. Ich natürlich gleich auf der Station angerufen und mal so richtig Dampf abgelassen (Entschuldigung Schwester Anne ). Alles erzähl, von der Aufnahme, der doofen AiPlerin bis zum gestrigen Tag. Die Schwester war ganz aufgelöst und meinte, sie wolle gleich mit meinem Papa reden. Er hätte da was mißverstanden, es ging wohl um die Frage des Termins für den Port. Oje, was für eine Aufregung, was für eine Belastung für Papa.
Abends, gegen 22 Uhr rief Mutti an und meinte, sie habe gerade mit Papa gesprochen um Gute Nacht zu sagen. Wie jeden Tag. Jedenfalls hätte mein Papa ganz aufgeregt erzählt, dass eine Schwester ganz lieb zu ihm gewesen wär, ihm einen Zugang für künstl. Ernährung und Trinken gelegt hätte, weil er immer noch nix essen und trinken durfte. Sie wär sehr höflich und aufgeschlossen gewesen und hätte noch mal mit ihm über alles geredet. Er wußte nicht, dass ich angerufen hatte..... wir werden es ihm auch nicht sagen :-)
Meine Bitte an die Schwester: reden sie doch einfach mit meinem Papa. Sagen sie ihm eben, dass nach so einem Eingriff bis was weiß ich nix gegessen und getrunken werden kann. Erklären sie ihm, was mit ihm wann geschieht. Nur so kann er Vertrauen finden und die Kraft aufbauen, die er für den Kampf gegen diesen Krebs braucht. Und: sie solle mein Nachhaken nicht an Papa auslassen. Darüber war sie so erschrocken, dass ihr da glatt die Worte fehlten .
Heute bekommt er ein CT mit der Leberpunktion. Wollen wir hoffen, dass sie genug Gewebe gestern und heut bekommen haben, um analysieren zu können. Damit dann endlich die eigentliche Behandlung mit Chemo und Strahlen beginnen kann.
Nachher werd ich zu ihm gehen. Und ich freu mich drauf. Ich werd viel zu schwatzen haben (ja ja, ich bin ein sehr schwatzhafter, aufgeschlossener Mensch - zum Glück in dieser Situation).
Meinen Opa (er ist 93 Jahre und der Papa meiner Mutti, Oma ist vor 2,5 Jahren mit 85 Jahren gestorben) hab ich gestern auch noch besucht, weil meine Mutti nicht mit ihm reden und bei ihm vorbei schauen kann. Sie ist doch so traurig. Opa ist noch fit, er fährt Auto, macht sein Ding allein. Nach dem Anruf meiner Mutti am Montag war er sehr niedergeschlagen, und ich will nicht wissen, wie er die Nacht verbracht hat, da er von Mutti ausser der Tatsache und Diagnose Krebs bei meinem Vati, keine weiteren Infos erhalten hat. Also war mein Besuch bei ihm dahin ausgelegt, ihm alles zu erklären und auch ihm ein wenig Zuversicht und Mut zu geben. Die Angst, was der Krebs noch so alles mit meinem Papa vorhat - die wird bleiben. Aber so wissen jetzt alle, wer der Gegner ist und das wir ihn zum Teufel jagen werden. Oder erst mal in den Vorgarten. Das würde reichen. Damit Ruhe einkehren kann und wir alle, vorallem Papa Kraft sammeln kann, für das was noch kommen wird.

Ich wünsche allen für heut Sonne im Herzen, auch ein Lächeln im Gesicht, einen klaren Blick - denn all das brauchen unsere Liebsten. Damit machen wir sie stark. Und wir zeigen, dass wir nichts verheimlichen, sondern ehrlich miteinander umgehen. In diesem Sinne

herzliche Grüsse an Alle hier und einen ganz grossen Batzen Optimismus und ein riesengrossen Kraftpaket.

Anke
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Betroffener: mein Papa, geb. 21.11.1935
Diagnose erhalten am 5.5.07, Bauchspeicheldrüsenkrebs mit Metastasen in Leber und Bauchraum

eingeschlafen am 09.07.07. friedlich, still und leise
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