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Alt 28.11.2013, 10:23
Cecil Cecil ist offline
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Registriert seit: 28.08.2013
Beiträge: 553
Standard AW: Fehlende Kraft für die Familie. Hier:Schwiegertochter

Zitat:
Zitat von J.F. Beitrag anzeigen
.....
Und noch ein Wort zu dem / der UserIn, die sich nur angemeldet hat, um Ihren Senf abzugeben: wenn es eine Person aus dem Umfeld der Threaderöffnerin ist, empfehle ich auf jeden Fall ein persönliches Gespräch und nicht diese Art. Keiner steckt in den Schuhen des anderen
Genau das habe ich beim Lesen auch gedacht, mich aber nicht getraut es zu schreiben. Deshalb wäre es mir anfänglich nicht unrecht gewesen, der thread wäre ganz einfach eingeschlafen, wie ich schon schrieb.
Gut, dass Du Dich getraut hast, J.F.! Wenigstens weiß ich jetzt, dass ich nicht als einzige so dachte.

Liebe Wangi,

so völlig off-topic finde ich meine Beiträge noch immer nicht. Die Fälle liegen etwas anders; trotzdem fühlte ich mich durch die Grundkonstellation: krebskranke Schwiegermutter und ihre Schwiegertochter an unsere Situation erinnert. Ich möchte ausdrücklich voranstellen und betonen, dass ich meine Schwiegermutter als Mutter meines Mannes achte und nicht negativ bewerte. Ich möchte nur anders als sie damit umgehen.
Als ich selbst noch gesund war, habe ich des öfteren gedacht: 'Was hat sie denn nur und warum freut sie sich denn nicht ihres geretteten Lebens?' Den ersten Teil der Frage konnte ich mir erst beantworten, nachdem ich selbst an Leukämie erkrankt und stammzelltransplantiert worden war. Den zweiten Teil der Frage verstand ich dann aber zunächst noch weniger als vorher.
Alle Familienmitglieder waren der Meinung, sie müsste als Oma doch spätestens dann aufblühen und mehr Lebensfreude zeigen, nachdem ihre beiden jüngsten Enkel geboren waren, die im Gegensatz zu unseren Kindern auch noch in der selben Stadt wie sie leben. Aber es änderte sich nichts. Sie liebt alle ihre Enkel und ist großzügig ihnen gegenüber, muss sie aber nur in Abständen und möglichst mit erwachsener Begleitperson um sich herum haben. Alles andere wird ihr, nicht mit Hinweis auf ihr Alter (zwischen dem ältesten und dem jüngsten Enkel sind ca. 10 Jahre Altersunterschied), aber durchaus auf ihre Krankengeschichte, schnell zu anstrengend.
Wir haben nie mit ihr darüber "gestritten", sondern uns nur immer sehr gewundert und selten auch mal eine kurze Bemerkung gemacht. Aber erst nach mehreren Jahren habe ich verstanden, dass sie das wohl genau so haben will und ihre "Isolation", wie wir anderen meinten, gar nicht als solche empfindet. Dann ist es doch eigentlich auch gut so.

Zitat:
Zitat von Wangi Beitrag anzeigen
@Cecil
Zitat: Aber warum muss man seine Krebserkrankung wie eine Monstranz vor sich hertragen?

Den Satz finde ich ganz fürchterlich! Und wer tut denn das?
Ich meinte es allgemein und haargenau so, wie Triangel es dankenswerter schon beschrieben hat. Das hatte ich schon in meinem Beitrag davor beschrieben, kam aber wohl nicht so deutlich heraus.

Ganz selbstkritisch habe ich auch mich selbst damit gemeint. Nachdem meine Transplantation durch und ich nach mehr als fünf Wochen endlich aus dem KH heraus war, hat "meine Monstranz" nämlich Beine bekommen und ist einige Monate lang immer so einen halben Meter vor mir her gelaufen.
Das lag zum einen daran, dass ich in der Zeit zwischen ED und Ende der SZT "im Tunnel", d. h. nur auf das Gelingen der hochriskanten Behandlung fixiert war und mich dann mit einigen Monaten Verspätung der Schock über meine Erkrankung einholte.
Zum anderen sah man mir meine Behandlung auch äußerlich überdeutlich an. Damit meine ich nicht die relativ unauffällige Perücke; ich hatte 15 kg abgenommen, schlich nur und zitterte beim Schleichen und musste eine erhebliche Zeit lang außer Haus Mundschutz und Handschuhe tragen. Menschen mit Kleinkindern oder Hunden wechselten vor mir die Strasse. Am liebsten hätte ich mir ein Schild um den Hals gehängt.
Ich verspürte also einen starken Drang, vielen meine Geschichte auf die Nase zu binden, um das Offensichtliche erklären und abzumildern. Plötzlich kamen dann so Geschichten, wie Triangel sie beschrieb: Plötzlich stellte sich heraus, dass die Frau hinter der Theke Colitis ulcerosa hatte, ein Nur-Vom-Sehen-Bekannter eine galoppierende MS mit raschem Rollstuhlzwang oder der Vater einer Freundin Corea Huntington. Aber im Gegensatz zu den Geschichten oben bei Triangel hatten meine Erzählungen alle eine positive Botschaft: Es muss nicht immer nur Krebs sein, unerwartet viele haben ihr Päckchen zu tragen, sie schaffen es häufig sich damit einzurichten und Du schaffst das auch. Wir wollen daran glauben.

Inzwischen ist es mir ganz recht, dass nur die Personen meine Krankengeschichte kennen, die ich anfänglich informiert hatte. Auf einer Feier neulich wollte eine charmante Dame partout wissen, warum ich meinen Beruf, den zu erlangen ich einige Mühen auf mich genommen hatte, denn nicht mehr ausübe? Ich stöhnte innerlich: ' Hoffentlich hörte sie gleich auf zu fragen...', aber im Gegensatz zu mir hatte sie 1-2 Gläschen Wein getrunken und fragte nochmal. Da platzte aus mir heraus, dass mein Ex-Beruf höchste Konzentration und Merkfähigkeit von mir verlangte, die ich aufgrund einer schweren Erkrankung einfach nicht mehr aufbringen kann.
Ich habe wenigstens 10 min gebraucht, um die Eiseskälte, die schlagartig am Tisch ausgebrochen war, wieder aufzutauen. Gemeinsam haben wir das dann geschafft.

Alles Gute!

Geändert von Cecil (28.11.2013 um 16:37 Uhr) Grund: erhebliche Ergänzung
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