Thema: Tschau Papa
Einzelnen Beitrag anzeigen
  #4  
Alt 10.01.2005, 16:38
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard Tschau Papa

Liebe Nina,
bei meinem Opa soll auch alles in Ordnung gewesen sein: Blutuntersuchung beim Hausarzt ("Blutanämie,wir wissen nicht,wo ihr Blut abgeblieben ist, paar Blutkonserven, dann ist alles wieder gut", einen Monat später Untersuchung bei Vertretung,"sofort ins Krankenhaus"), im Krankenhaus (Plasmozytom, damit können sie 100 Jahre alt werden, bekommen wir in den Griff),entlassen, eine Woche zu Hause gewesen, dann in die Uniklinik Essen eingeliefert worden (AML-sofort Chemo), da war es schon zu spät-verschleppte Lungenentzündung-keine Chemo mehr, keine Hilfe-nur noch eine Morphinspritze, damit er besser atmen kann und die Schmerzen nicht mehr wahrnimmt-Tod.

Das alles in etwa 5 Wochen. Fehldiagnose, schlechte Versorgung, keiner hat ihm geholfen. Er musste so versterben, wie die Krankheit laut Lehrbuch im schlimmsten Fall verläuft.
Es trifft immer die Falschen,immer.

Im Krankenhaus diese verachtende Behandlung ( Frau H.(79 J.!), sie müssen ihrem Mann ein Urinal-Kondom besorgen, gehen sie da und da hin, wir haben keine mehr vorrätig, alles in seinem und dem unserem Beisein; natürlich haben wir dies erledigt, wer schickt schon eine fast blinde Frau im Dunkeln zur Apotheke?), das Personal war das allerletzte!

Als mein Opa tot war, wollten wir uns alle in Ruhe von ihm verabschieden, da sind wir rausgeschickt worden vom Personal, wir müssen ihn jetzt fertig machen,sie haben im nachhinein die alten Lacken im Wäschewagen vor unserer Nase hingestellt. Später wollte noch ne Putzfrau ins Zimmer, da meinten die Schwestern nur, ne, im Moment geht es nicht. Während er im sterben lag war diese bereits im Zimmer, hat an seinem Kopf vorbei Staub gewischt und Lärm gemacht, bis Oma sie darauf aufmerksam gemacht hat, dass ihr Mann gerade verstirbt und sie dies bitte später machen solle.

Einzig der Chefarzt war freundlich, hatte sich von Opa verabschiedet und wirkte betroffen, hat sein Beileid ausgesprochen, von den Schwestern kam weder ein Hallo, noch wurde konduliert-Hammer. Ich fand das alles so entwürdigend und verachtend, auch uns gegenüber. Positiv zu vermerken ist, dass man uns mit Kaffee und Getränken versorgt hat, schließlich war die gesamte Familie anwesend.

Wie kann man nur so kalt sein? Denke bitte nicht, dass ich egoistisch bin, weil ich nur von mir schreibe, aber ich wollte dir ein wenig meine Gefühle und meine Wut schildern (im place of memory habe ich auch einen Brief verfasst, ebenso meine Schwester- Verweis: Danke für alles, Opa).

Man fühlt sich hilflos, einfach nur hilflos.....er fehlt so sehr. Ich fand es so schlimm als meine Oma am letzten Abend meinte, redet bitte nicht darüber, er weiss noch nicht, dass er gehen muss...schließlich ist er doch Omas Augenlicht! Diese verdammte Hilflosigkeit und Verzweiflung (gut, andere werden sagen: ihr habt ihn lange gehabt, er hat ein schönes Alter erreicht-sterben-ja, aber nicht an so einer besch... Krankheit!)

Ich muss gestehen, dass ich seit der Beisetzung nicht an seinem Grab gewesen bin, ich kann das einfach nicht. Wenn ich Abstand davon halte geht es mir besser. Nur um unsere Oma kümmern wir uns sehr.Jetzt bereut man, dass man im "Alter" nicht öfter Besuche gemacht hat-wegen Arbeit, Prüfungen, privaten Dingen...

Ich glaube fest daran, dass die Toten unter uns verweilen und ab und zu nach dem Rechten sehen-ob Aberglaube, Wunsch-ich hoffe es einfach.
Nochmals viel Kraft wünsche ich dir. Pass auf deine Mama auf, sie wird es dir danken...

Liebe Grüsse, Helena
Mit Zitat antworten