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Alt 12.08.2014, 09:00
itteb itteb ist offline
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Standard Mesenchymales Chondrosarkom linkes Becken

Guten Morgen,

nachdem ich hier im Forum schon viel mitgelesen habe, möchte ich mich nun selbst vorstellen in der Hoffnung Gleichgesinnte kennen zu lernen, mich über Erfahrungen auszutauschen oder auch mal richtig abzukotzen. Ich habe zwar liebe Menschen um mich, die mich auffangen und unterstützen, aber wie es mit dem Krebs ist wissen nur Betroffene. Ihr wisst sicher, was ich meine.

Nachdem ich (28, weiblich) seit März 2013 immer wieder starke Schmerzen im Bereich des ISG links hatte, bekam ich Physiotherapie, Schmerzmittel & Co, die Schmerzen waren diffus mal eher Richtung Lendenwirbel, mal Hüftgelenk oder sogar bis runter zum linken Knie. Sämtliche Schonungsgeschichten, umgestellten Trainingspläne im Fitness etc. haben nichts gebracht, im Gegenteil. Wirklich ernst genommen habe ich das Ganze nicht, ich dachte mir da sei einfach was gereizt und kann nicht richtig ausheilen, hab mich sogar schon fast damit abgefunden. Anfang 2014 wurde es dann immer schlimmer und konstanter, im März diesen Jahres bekam ich dann nochmals Physio, aber ohne daran zu glauben, dass das was bringen sollte. Sämtliche Maßnahmen, die eigentlich Linderung verschaffen sollten machten es nur noch schlimmer. Also schickte mich der Physiotherapeut zum Orthopäden mit Verdacht auf eine akute Entzündung des ISG. Der Orthopäde, auf dessen Termin ich 1 Monat warten musste, bog 1 Minute an mir rum und schickte mich weiter zum MRT, mit demselben Verdacht. Auf diesen Termin musste ich wiederum 2 Wochen warten, es war bereits Mai. Am 22.05.2014 kam ich schließlich in die Röhre, nach 20 Minuten liegen bekam ich ein Kontrastmittel gespritzt und musste nochmals für 15 Minuten rein. Anschließend wurde ich ins Wartezimmer geschickt, bis die Ärztin mich aufruft. Als ich endlich dran kam stellte ich mich darauf ein ¨Sie haben ein entzündetes ISG¨ zu hören, stattdessen erklärte mir die Ärztin kurz nach Eintreten und bevor ich überhaupt richtig gesessen bin ¨Sie haben da einen Tumor¨. Sie zeigte auf den Bildschirm , wo man das Mistding aufgrund seiner Größe von ca. 6 cm deutlich sehen könnte. Mir sind sofort die Tränen in die Augen geschossen, ich dachte als erstes daran, dass ich meine Haare nicht verlieren will (ich hab lange, braune Locken) und dass ich doch vielleicht irgendwann mal Kinder will... Wie betäubt und mit Sonnenbrille bin ich nach Hause, völlig überfordert mit der Situation.

Das ist nun knapp 2,5 Monate her, was hat sich getan?

Ein paar Tage nach diesem Befund habe ich mich in der Ulmer Uniklinik in der Tumorsprechstunde vorgestellt mit Verdacht auf ein Chondrosarkom. Die Ärzte schauten sich meine MRT-Aufnahmen ewig an, ich wurde grob aufgeklärt, dass man das Ding auf jeden Fall entfernen müsse, aber erstmal eine Biopsie nötig sei. Ein Satz, der sich in mein Gedächtnis eingebrannt hat, war ¨es gibt Überlebenschancen¨. Warum sagt man das bei der ersten Vorstellung, wenn noch gar nichts klar ist? Ich fand das total daneben.
Eine Woche später, es war mittlerweile Anfang Juni, wurde ich für 3 Tage stationär aufgenommen. Am ersten Tag sollte eine PET-CT statt finden, am zweiten Tag die Biopsie und am dritten Tag durfte ich dann wieder gehen. Die PET-CT war zu meinem Glück negativ, keine Metastasen, nur das scheiß Teil am Becken. Was das bedeutet, wurde mir erst später bewusst. Die Biopsie war völlig harmlos, ich hatte nur eine 1cm Narbe, kaum Schmerzen und durfte wieder heim. Das Ergebnis sollte so 1 - 2 Wochen dauern.

Was es heißt zu warten, weiß jeder von euch nur zu gut. Es war die Hölle. Anfangs war ich noch frohen Mutes, überzeugt davon das Ding sei gutartig, während mich mein Umfeld (es wissen nur ein paar Wenige) plötzlich wie ein rohes Ei behandelte und ständig diese mitleidigen Blicke. Dass nach 2 Wochen noch kein Ergebnis da war, machte mich zunächst nicht stutzig, aber nach 4 Wochen wurde ich immer unruhiger. Letztendlich musste ich ganze 6 Wochen (!) auf ein Ergebnis warten, das letztendlich zu ungenau war, um ein Urteil zu fällen. Selbst das Referenzlabor in Kiel war sich nicht sicher. Man hätte zwar veränderte Zellen gefunden, es sei aber nicht klar, woher diese kämen. Eine zweite Biopsie sei nötig, man müsse neues und mehr Material entnehmen und wolle dieses mal ¨richtig ran gehen¨. Allerdings sehe es so aus, als hätte ich ein Weichteilsarkom, da die Probe nicht die typische knorpelige Struktur gehabt habe, die ein Chondrosarkom sonst aufweise. Und das Ding sei 8 cm groß. Also gewachsen?

Seit diesem ¨Zwischenbefund¨ ging ich davon aus, dass der Krebs bösartig ist. Genau 2 Monate, nachdem der Tumor entdeckt wurde, hatte ich also meine zweite Biopsie. Diese war sehr viel unangenehmer, die Narbe ist nun 7 - 8 cm groß, ich hatte starke Schmerzen, musste zwei Wochen lang mit Krücken laufen und mir Trombosespritzen setzen. Mein Bauch sah aus wie der Arm eines Junkies. Zuzsätzlich ständiges Blut abnehmen, um meine Werte zu checken, weil ich auf starke Schmerzmittel angewiesen bin (Oxycodon + Novalgin). Das Ergebnis der Biopsie sollte dieses Mal wirklich nur maximal 2 Wochen dauern, versprach man mir. Ich glaubte nicht dran, um nachher nicht wieder so enttäuscht zu sein. Aber exakt nach 2 Wochen, als ich schon nicht mehr dran glaubte, kam dann endlich der Anruf mit dem finalen Ergebnis:

Ich habe ein höchst bösartiges mesenchymales Chondrosarkom. Herzlichen Glückwunsch, jetzt habe ich seit 1 Woche offiziell Krebs.
Wenn man den Tumor - so wie er jetzt ist - einfach entfernen würde, müsste man einen Großteil meines linken Beckens mit entfernen, das nachher aufwendig mit Wadenbein oder (viel schlimmer) zwei meiner Rippen rekonstruiert werden müsste. Deshalb bekomme ich erst eine Chemotherapie, in der Hoffnung, dass der blöde Tumor schrumpft und die OP-Bedingungen verbessert werden. Übermorgen soll ich aufgenommen werden und bin dann 1 Woche auf Station, da sie noch einige Tests machen müssen und mir auch Eizellen entnehmen wollen, falls das alles hinterher nur noch ein Trümmerhaufen ist. Außerdem bekomme ich meinen ersten Chemozyklus, bevor ich für 3 Wochen wieder heim darf. Dann kommt der zweite Zyklus und es zeigt sich hoffentlich ein Erfolg. In diesem Fall geht´s mit der Chemo weiter, sonst kommt gleich die OP. Der Tumor darf auf keinen Fall (weiter) wachsen oder streuen.
Um mich ein bisschen drauf vorzubereiten (als ob man das wirklich könnte...) habe ich mir gestern auf Anraten meines Papas (nebenbei auch (Haus)Arzt meines Vertrauens) in einem richtig tollen speziellen Onlineshop 3 verschiedene schöne Kopfbedeckungen bestellt, um die ganze Situation etwas erträglicher zu machen und mir was Gutes zu tun. Auf die freu ich mich jetzt schon.
Heute fahre ich gemeinsam mit meinem Papa zu einem Immunologen nach Saarbrücken, der ambulant Therapien begleitend zur Chemo anbietet. Meine Tante ist wegen MS bei ihm in Behandlung und profitiert sehr davon, sie hatte seither keine Schübe mehr. Versuchen kann man`s ja mal.

Ich bin weiterhin guter Dinge und überzeugt davon, dass ich wieder gesund werde. Dennoch habe ich natürlich Angst, was auf mich zu kommt. Angefangen von der Chemo bis hin über diese wirklich krasse OP sowie die damit verbundenen Schmerzen und Einschränkungen.
Tut mir leid, dass ich so viel geschrieben habe, aber bis auf eine Leidensgenossin, mit der ich kurz im Krankenhaus das Zimmer teilen durfte, bin ich nur von gesunden Menschen umgeben, die das zwar alles verstehen, aber mit nachempfinden können. Und es tut einfach gut komplett verstanden zu werden...

Freue mich über aufmunternde Worte, Tipps für die Chemo oder was auch immer.

Liebe Grüße
Betti

Geändert von gitti2002 (12.10.2014 um 15:08 Uhr) Grund: NB
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