Thema: Ignoranz
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Alt 07.12.2008, 09:48
Rebellin Rebellin ist offline
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Standard AW: Ignoranz

Guten Morgen Cora,

ich hab drüber geschlafen. War ein besserer Schlaf heute Nacht.
Mir ist was aufgefallen. An mir. In diesem Sinne war mein gestriger "Ausbruch" hier vielleicht ganz nützlich. Tut mir aber leid, wenn ich für Euch anstrengend war. Oder bin.

Ich denke nicht, dass ich allgemein so anstrengend für die Leute bin. (Das bin ich vielleicht jetzt grad hier gewesen gestern, weil da - vor Wut - alles raus musste.) Ich denke, es ist eher das Gegenteil. Weil ich die ganze Zeit Rücksicht auf die Leute nehme und ihnen helfe (was ich als Selbstverständlichkeit sehe), ... platzt mir dann irgendwann plötzlich der Kragen, weil dann ich auf der Strecke bleibe. Ich glaube, es ist eher DAS. Und DANN bin ich sicherlich sehr anstrengend, ja, das kann ich mir vorstellen.

Weil mir ja sonst keiner zuhört. Wenn ja alle bei mir ignorieren. Weisst du, wie ich meine? Das Forum hier ist somit irgend ein weiterer Verzweiflungs-Schritt, meine Sorgen raus lassen zu können.
Im Grunde will ich es aber gar nicht bei anderen Krebspatienten raus lassen. Und DIE noch damit belasten. Nein, im Grunde will ich es meinen Leuten sagen können. (Aber die hören mir ja nicht zu.)

Und so hat J.P. schon recht, ich bin da richtig verbissen darin.

Die Ignoranz (bei mir da draussen) hat mich natürlich schon beim ersten Krebs vor acht Jahren ziemlich beschäftigt. Nicht nur beschäftigt, sondern auch geschockt. (Weil ich immer vom Guten ausgehe im Menschen.)
Und da ich "Ungerechtigkeiten" nicht leiden mag (und ich auch immer an andere Krebspatienten - oder allgemein Kranke - denke, die das ähnliche durchmachen), ... regt sich dann was in mir (die Rebellin), die daran was ändern möchte.
Grundsätzlich meine ich es dann ja eben immer im Guten. Ich denke mir, dass mein Gegenüber - wenn er denn WILL - durchaus versuchen kann, zu verstehen. WENN er dann versteht, dann hilft das nicht nur mir, sondern eben auch anderen Krebspatienten. Denn DIESES Gegenüber hat sich dann ja somit mal ernsthaft Gedanken darüber gemacht. Beim nächsten Krebspatienten, der ihm über den Weg läuft, wird er sich vielleicht anders/besser verhalten. (Keine Sprüche, keine Ignoranz, usw.)

Genau das ist die Rebellin in mir. Gutgemeint. - Aber eben wahrscheinlich viel zu verbissen. Ich hoffe - in meinen Erklärungen an die Aussenstehenden - dauernd auf Veränderungen, Einsichten bei den Leuten, gebe meine ganze Energie dafür, ... aber letztendlich schaffe ich es einfach nicht. Oder wer weiss, ich erreiche damit genau das Gegenteil. Sie stellen eine "Wand" vor mir auf, stur, ... und genau darüber werde ich dann wütend. Ihre Ignoranz wird noch mehr zur Ignoranz. (Das sind dann eben genau die, die NICHT wollen! - Und offenbar erlebe ich es dauernd, dass die Leute nicht WOLLEN.)

Natürlich versuche ich das nicht dauernd bei meinen Leuten. Ich überfalle sie damit ja nicht.
Grundsätzlich erlebe ich es einfach so, dass jemand, der WEISS, dass ich da Krebstherapien mache, das jetzt erst mal WEISS.
So! Und nun kommt der, und will dauernd etwas von mir. Oder fragt nie, wie es mir geht. Das alleine ist ja bereits auch schon Ignoranz. Das geht dann ja über Wochen oder gar Monate so, hm? Irgendwann betone ich dann halt mal im Gespräch, dass ich ja schliesslich in Krebstherapien stecke, und sorry, leider nicht immer die Kraft dazu habe.
Das wird dann erst mal geschluckt, aber im Grunde ändert sich dann gar nichts. Die Erwartungen des vollen Funktionierens an mich werden von ihm einfach weiter gestellt. Rücksichtslos.
Irgendwann muss ich ihn dann WIEDER daran erinnern. Diesmal bin ich wahrscheinlich etwas verzweifelter in meinen Worten - kommt halt darauf an, wann das gerade ist und wie ich mich gerade fühle.
Ja. Und dann kommt das "Abblocken" von ihm. Oder der blöde Spruch.
Ich denk mir dann: Das kann's doch echt nicht sein! Und klar, irgendwann versuche ich dann zu BESCHREIBEN, wie das ist, was ich da durchmache, in der Hoffnung, dass er es DANN versteht.
Aber ich sag ja: Wer nicht will, der will halt nicht.

Du sagst, dass es soviel Ignoranz um einen einzigen Menschen gar nicht geben kann. - Das dachte ich auch immer, und ich sage ja, dass es unglaublich ist. Oder ich habe einfach dieses Pech. Keine Ahnung. Die Ignoranz überrascht mich selber immer wieder. Ich rechne nicht damit, weil ich ja gar nicht so negativ denke, sondern eben immer an das Gute glaube im Menschen. Und werde somit aber eben jedesmal enttäuscht.

Nein, meine Leute haben nicht im Vorfeld abgeblockt, weil ich ihnen zu anstrengend war, sondern sie wollen das Thema einfach nicht hören! Nicht mal nur die Erwähnung davon! (Genau DAS stelle ich eben bereits schon in Frage.)
Du siehst ja in meinen Beispielen, die ich erwähnt habe, wie das in etwa abläuft. Es ist unglaublich. Ich kann es selber nicht glauben.
Und daher denk ich schon auch, dass das wohl die "falschen" Leute sind. Was DAS angeht. - Aber ich mag diese Leute eben trotzdem. Sie haben dafür andere Stärken.

Mir ist klar, dass ich von dieser Verbissenheit loslassen muss. Nur weiss ich dann halt, dass ich im Grunde bei meinen Leuten das Thema dann auch gar nie mehr erwähnen darf. Das ist dann schlussendlich das Dilemma dabei. Und im Endeffekt bin ICH bei einer Psychiaterin, und nicht jene, die zu faul sind, der Realität ins Auge zu sehen.
Ich meine das nicht böse diesen Leuten gegenüber. Aber für mich - als Rebellin - stimmt es im Endeffekt so einfach nicht. Denn dann bin ich dauernd für andere da, höre ihnen zu, helfe wo ich kann (sofern ich kann), aber es gibt im Grunde kein Entgegenkommen mir gegenüber.

Weisst Du, ich kann "Unfähigkeiten" oder Schwächen von Menschen durchaus verstehen. Ich kann das wunderbar nachfühlen. Und wer kann besser helfen als jemand, der selber ein Leid durchgemacht hat?
Aber ich merke halt immer wieder, dass ich von einer Gesellschaft umgeben bin, die lieber Fremdbestimmt. Was der "Selbsterlebte" oder "Erfahrene" durchgemacht und erkannt hat, ist für die meisten da draussen nichts wert. Das KANN nicht so sein. Sie können es nicht glauben. Sie wollen es nicht so glauben. Sie wollen dann auch nicht hinhören. Und dann "drehen" sie das Ganze so, ... dass zum Schluss der "Selbsterlebte/Erfahrene" dann halt der Idiot ist. DER macht alles falsch! Aber keinesfalls sie selbst.

Im Grunde schreit die "Rebellin" in mir nach Taten, nach Aufklärung für die Leute. Ein Buch schreiben. Aufklärungskampagnen machen. Alles mögliche. Aber da ich nicht die Kraft habe, versuche ich es halt bei den einzelnen Menschen in meiner Umgebung. Im Kleinen. - Aber ich schaff es nicht.

Nun, wahrscheinlich muss ich DA loslassen. Meine "Rebellin" verschleisst hier zu viel Energie, die mir schadet. - Hm!

Entschuldigt meine langen Einträge. Meine Gedanken sind halt so viele.

Rebellin
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