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Alt 15.05.2015, 16:40
tinep tinep ist offline
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Standard AW: Muttertag - Freude und Traurigkeit

Hallo Kallirhoe,

wir hatten ja schon einmal geschrieben. ich bin länger nicht mehr ins forum, weil ich mich zu sehr rund um die Uhr mit der Krankheit beschäftigt habe und der Trauer.

bei meiner Mutter wurde Ende 2013 eierstockkrebs diagnostiziert. Hat jetzt wieder eine Chemo hinter sich. Heute das niederschmetternde Ergebnis: Lebermetastasen weiter fortgeschritten trotz chemo.

ich schäme mich jetzt das zu sagen, aber ich bin inzwischen irgendwie so abgehärtet. ich hatte eine zeit da habe ich wegen der ganzen sache nichts mehr gemacht. das einzige was noch ging war arbeiten, dazu musste ich mich jeden morgen zwingen. sogar duschen oder ein brot schmieren erscheinte mir unnötig und wertlos im angesicht dieser diagnose und der angst um meine mama.

alles hat sich angefühlt wie blei. von aufwachen bis einschlafen sind meine gedanken um nichts anderes gekreist. ich wurde sehr verbittert und wütend und wollte dieses leben, so wie es sich jetzt seit 2 jahren verändert hatte, nicht akzeptieren. dass das jetzt zu mir und meiner familie gehört, habe ich nicht angenommen.
irgendwann ging es einfach so nicht mehr weiter.

habe viel gelesen in letzter zeit und mich gedanklich damit auseinandergesetzt.
dass manche menschen solche schicksalsschläge aushalten müssen. dass der tod teil des lebens ist, dass man traurigkeit zulassen muss, aber sich nicht darin sulen darf. ich übe mich in dankbarkeit trotz allem.
ich will dem Krebs nicht die Macht geben, auch mein Leben zu zerstören. Das ist das letzte was meine Mutter will. Das lasse ich nicht zu. Diese Krankheit wird meine Seele, meine Hoffnung und meine positive Lebenseinstellung nicht auch zerfressen.

lange hatte ich das gefühl, mir "darf" es nicht gut gehen, wenn es mama nicht gut geht. jetzt denke ich, ich bin es ihr schuldig, dass ich etwas aus meinem leben mache.

ich werde schon irgendwie zurecht kommen, wenn meine mama nicht mehr da sein wird. denke ich.
ihr auch. es wird ein teil von uns sein, uns verändern, vielleicht sogar die ein oder andere gute eigenschaft mit auf den weg geben. nämlich gesundheit wertzuschätzen, einen tag in der sonne mehr zu genießen, kleine probleme nicht groß zu machen, nicht oberflächlich zu sein.

es gibt ein zitat das ich liebe:

“In den Tiefen des Winters erfuhr ich schließlich, dass in mir ein unbesiegbarer Sommer liegt.”
— Albert Camus

vielleicht verdränge ich auch in letzter zeit alles. meine mama ist körperlich recht fit zur zeit und kann eigentlich alles machen. isst auch gut und geht viel spazieren.
vielleicht wird es auch wieder ganz anders, wenn es ihr schlechter geht. habe immer noch große angst was da kommen wird.

sehr große sorgen mache ich mir dagegen um meinen papa. schließlich verbringt er fast jeden tag 24 stunden mit ihr. ich weiß nicht was aus ihm werden wird...ich hoffe er wird es schaffen, einen neuen alltag zu finden und sich nicht aufgeben.

aber noch ist meine mama ja da. sie liegt auf dem sofa und ließt. und da lege ich mich jetzt dazu.


liebe grüße
tine (fast 27, mama 69 Jahre alt)
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