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Alt 20.02.2009, 10:06
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Standard AW: ACHTUNG: Rezidiv trotz normaler Blutwerte vor kurzer Zeit

Hallo Drowning,

Wow... das ist... übel. Naja, ich bin nicht so "fertig", noch nicht, kann recht gut ausblenden und bin ohnehin nicht schissig davor zu sterben, denn das müssen wir alle mal. Außerdem bin ich religiös gesehen - wenn auch getaufter Protestant - eher so eine Art Hindu, wenn auch nicht praktizierender, aber der Gedanke an so etwas wie Wiedergeburt kann schon helfen, den Mist durchzustehen.

Klar werden die Nachsorgetermine hart, aber mein Arzt sagte schon ganz richtig: Wenn da nichts in den Lymphknoten war, wo soll es sich noch verstecken? Das gibt Hoffnung, ändert aber nichts am Schiss vor der Nachsorge

Naja, statistisch gesehen stehen wir schlechter da als Leute, die es nur einmal hatten, aber was sind schon Statistiken? Die Statistik sprach nach dem ersten Mal für mich, war dann aber doch gegen mich.
Letztlich zählt der individuelle Fall und der scheint ja bei uns beiden gut auszusehen. Ich habe von schlimmen Sachen gelesen, Cisplatin-Resistenzen und solchen Späßen, das sollte man einfach nicht machen, denke ich.

Die Energie fehlt mir im Moment wohl eher, weil ich allgemein nicht fit bin und dieser Bauchschuss echt unangenehm ist. Reha spare ich mir trotzdem ganz bewusst, denn ich hatte jetzt echt genug Krankenhausfraß für's Leben! Ich hasse es einfach, nicht fit genug für Sachen zu sein, die mir Spaß machen, so wie gestern, aber das kommt sicher bald wieder!

Es ist eher so ein komisches Gefühl, weil der Kampf gegen den Krebs so eine Art Erweckungserlebnis ist. Man beschließt, dies und das im Leben zu ändern und zu tun, sobald man wieder gesund ist.
Und dann kommt der Tag und man ahnt: Es wird sich wieder so einpendeln wie früher, Arbeit, Freunde, alles bleibt wie es ist. Für die Umwelt warst Du halt mal ein paar Monate weg und bist jetzt wieder da. Das sollte man den Leuten nicht übel nehmen, man kann sich als "Gesunder" einfach nicht vorstellen, durch welche Hölle man als Krebsler geht/gegangen ist.

Ich befürchte nur: Ich werde auch jetzt nicht den Roman schreiben, den ich seit Jahren schreiben will, weil ich immer noch keine Idee habe. Ich werde auch jetzt nicht meinen Casanova-Lebensstil aufgeben, weil ich mich in Beziehungen nicht wohl fühle. Die Reisen, die man exzessiv im Krankenhaus plant, scheitern am ewigen Pleitegeier auf der Schulter. Ich habe nichtmal das Rauchen aufgegeben und die Leute, auf die ich verzichten wollte, weil sie ignorant waren, sind auch wieder am Start. Es bleibt einfach gleich und das deprimiert, irgendwie, auch weil man seine eigene Schwäche in solchen Dingen plötzlich erkennt.

Naja, mal schauen, wie das wird. Ich werde in zwei Wochen wieder normal arbeiten gehen, ich bin die Rumhängerei leid und hoffe, dass das "normale" Leben mir dann langsam wieder gefällt, denn eigentlich war ich vor der Krankheit recht zufrieden. Die Drecksau lässt mich ja jetzt hoffentlich in Ruhe und damit ist da ja auch nichts falsches dran

Gruß,
Christian
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Hodenkrebsprofi seit 2007.
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