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Alt 07.10.2008, 18:33
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Tamina Tamina ist offline
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Registriert seit: 16.04.2006
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Standard AW: Übers Sterben sprechen

Meine Oma sagte mal: "Zwischen der Diagnose und dem Tod steckt doch noch `ne ganze Menge Leben!"

Dieser Satz gefällt mir.

Wenn ich zur Arbeit fahre komme ich an riesigen Baustelle vorbei, dort entsteht der Phönix See. Ich denke jedes Mal, schade, werde ich wahrscheinlich fertig nicht mehr erleben.

Rasend machen mich lange unnütze Wartezeiten, geht alles von meinem Lebenskonto ab.

Zur Zeit bin ich an meinem Limit, alles was jetzt noch zusätzlich kommt, verkrafte ich nicht mehr. Ich fühle mich traumatisiert und irgendwie neben mir.

Früher bin ich ein sehr spiritueller Mensch gewesen und für mich gab es immer ein Leben danach. Heute zweifel ich sehr daran und es tröstet mich nicht mehr.

Ich habe Angst, daß ich nach der OP so eingeschränkt bin, daß noch weniger Lebensqualität übrig bleibt.

Nach außen zeige ich eine Maske, ich will nicht mit Fremden darüber reden.

Meine größte Angst ist lange dahin zu siechen, Schmerzen zu haben, keine Luft zu bekommen.

Ich finde es so ungerecht, daß ich das alles erleben muß.

Immer wieder Hoffnung, ich schaffe das und dann ganz plötzlich kommt es hoch, mich gibt es bald nicht mehr.

Mir graut davor mich mit Chemo vollzustopfen oder was weiß ich, was mein Leben fast unerträglich macht und dann bringt es wahrscheinlich doch nichts.

Ich wünsche mir, daß ich nach der OP zuversichtlicher sein kann und wieder im Hier und Jetzt leben kann ohne ständig daran denken zu müssen, es ist nur ein kleiner Aufschub, die nächste Metastase lauert schon darauf sich auszubreiten.

Inzwischen hat sich die Familie halbwegs von dem Schock erholt und überlegen, wo und wie sie mir helfen können.

Ich kann mit ihnen reden, sie verdrängen es nicht mehr. Außer mein Sohn, der macht als wenn nichts ist. Er wohnt weiter weg und genauso weit weg bin ich von ihm. Das tut weh, weil wir bestimmt diese Zeit besser nutzen könnten.

Bin selbst Schuld, habe immer alles von ihm fern gehalten.

Es tut gut sich hin und wieder alles von der Seele zu schreiben und zu wissen, andere wissen wie sich das anfühlt und verstehen es.

Zum Glück gibt es noch Momente wo ich lachen kann und mein Humor durchkommt, auch wenn er manchmal etwas schwarz gefärbt ist.

Liebe Grüße

Brigitte
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