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Alt 26.01.2010, 08:58
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McBabbel McBabbel ist offline
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Therapiebeginn:

Bevor die Therapie mit der stationäre Aufnahme begann, hatte ich noch die Portimplantation und die Maskenplanung vor mir.

Die Portimplantation in der Tagesklinik der Chirurgischen Ambulanz der Uniklinik Heidelberg verlief problemlos. Das intravenöse Kathedersystem, ein so genannter iv.-Port, einlumpig, wurde auf der linken Seite durch eine Venae section implantiert und mittels Hautkleber verschlossen. Der Eingriff war nach 20 Minuten beendet. Die leichten Wundschmerzen dauerten zwei bis drei Tage, ansonsten gab es keine Beschwerden.

Bei der Bestrahlungsplanung bekam ich einen kleinen Vorgeschmack auf die anstehende Bestrahlung. Die Herstellung der Kopfmaske und der maßgeschneiderten Körper-Fixationshilfe dauerte 45 Minuten, in denen ich mich , von Kopf bis zu den Knöcheln eingeengt, nicht bewegen konnte. Es war eine sehr anstrengende Prozedur.

Bei den jeweiligen Gesprächen mit sechs Ärzten wurde mir auf meine Frage, ob nach der Radio-Chemo noch eine Operation mit der einhergehenden Legung eines Stomas, erforderlich sei, wurde unterschiedlich geantwortet. Vier Ärzte sahen die Möglichkeit einer Heilung ohne Operation, während zwei Ärzte eine unausweichliche Operation aufgrund der Größe des Tumors vermuteten. Erfreulicherweise behielten Erstere Recht und bis jetzt blieb mir eine Operation erspart.

Trotz veirwöchigem Aufklärungs- und Untersuchungsmarathon wurde das Warten auf den Behandlungsbeginn zur seelischen Belastung, sowohl für mich als auch meine Ehefrau. Irgendwann wollte ich einfach, dass jetzt endlich mal etwas passiert. Die Schmerzen im Anusbereich trugen nicht unerheblich zu meiner Ungeduld bei. Zur Schmerzlinderung nahm ich 3 x täglich Ibuhexal 600 mg bzw. 3 x 30 Tropfen Novalgin. Mit dieser Indikation kam ich einigermaßen schmerzfrei über die Runden.

Am 27.07.2009 war es dann endlich soweit, endlich ging die Behandlung los. Stationäre Aufnahme in der Radiologischen Klinik der Uniklinik Heidelberg zur Einleitung einer kombinierten Radio-Chemo-Therapie.

Chemo-Therapie: definitive kombinierte RCHT mit Mitomycin 10 mg/qm KOF d1 + 29 und 5-FU 1000/qm KOF d1-5 und d29-33

Die Chemo lief 5 Tage rund um die Uhr non stop. Ich vertrug sie gut und ohne Nebenwirkungen, hatte keinerlei Beschwerden, keine Übelkeit, keine Kopfschmerzen, einfach nix. Ich hatte unverändert Appetit und nahm während der ganzen Behandlungszeit sehr zur Freude meiner behandelnden Ärzte kein Gramm ab und wurde am 02.08.2009 in gutem Allgemeinzustand bzw. in einem subjektiven Wohlbefinden nach Hause entlassen. Zum zweiten Chemo-Zyklus fand ich mich am 24.08.2009 ein. Auch diese fünftägige Chemo lief ohne Komplikationen und Nebenwirkungen ab, erneut ohne Gewichtsverlust.

Bestrahlungs-Therapie: Perkutane, fraktionierte, stereotaktische, intensitätsmudulierte, bildgeführte Radiotherapie GD 54 Gy (!), insgesamt 25 Bestrahlungen

Die Bestrahlung fand über fünf Wochen zu je fünf Bestrahlungen im DKFZ statt, zu dem ich während meines ersten stationären Aufenthalts laufen konnte. Die Bestrahlungsdauer war ein Geduldsspiel, sie ging über 40 Minuten, in denen ich aufgrund der Maske bewegungslos auf dem Rücken lag. Die weiteren drei Wochen wurde ich ambulant bestrahlt und hatte bis auf leichte Hautrötungen im Genitalbereich und dem kompletten Ausfall der Schambehaarung vorerst keine weiteren Nebenwirkungen. Ich hatte auch keinen Durchfall, vielmehr musste ich Movicol einnehmen, um meinen extrem festen Stuhlgang weicher zu machen. Ab der 21. Bestrahlung ging es dann sprichwörtlich rund. Ich lag wieder auf Station und bekam meinen zweiten ebenfalls problemlosen Chemo-Zyklus. Im Gegensatz zur Chemo forderten jetzt aber die Bestrahlungen ihren Tribut. Die Hautreizungen nahmen von Tag zu Tag rapide zu, es gab offene und feuchte Wunden, die extreme Schmerzen verursachten. Zur Schmerzlinderung bekam ich seit meinem ersten stationären Aufenthalt Opiate in Form von Durogesic-Pflastern, anfänglich 12 ug/h, Steigerung auf 25 ug/h und ab der 21. Bestrahlung 37 ug/h, sowie Novalgin bzw Sovredol nach Bedarf. Die Wundschmerzen waren fast nicht zum aushalten, ich konnte kaum gehen und musste sogar mit dem Taxi in den letzten fünf Tagen zur Bestrahlung von der Station ins DKFZ transportiert werden. Zusätzlich bekam ich noch eine ausgeprägte Hodenschwellung beidseits sowie eine Schwellung und entzündliche Veränderung der Vorhaut. Bildlich gesprochen: Der Hodensack hatte die Größe eines Handballs und der Penis sah aus wie eine aufgeplatzte Fleischwurst. Zwei Famulantinnen sahen sich dieses Monstrum an und ich meinte dazu scherzhaft: „Bon Appetit!“ Der Penis war nach Meinung des Radiologen vermutlich ins Strahlenfeld gepurzelt und die Lymphen waren aufgrund der Bestrahlung verstopft, so dass sich Wasser im Hodensack ansammelte, das nicht abfließen konnte. Ein Konzil bei einem Urologen wurde angefordert, der eine Phimose feststellte und eine spätere Circumcision (Vorhautentfernung) in Aussicht stellte, was bis heutigen Datum erfreulicherweise noch nicht erforderlich war. Auch der Hodensack und der Penis bildete sich wieder auf Normalgröße sechs Wochen nach Bestrahlungsende zurück.

Der Arztbericht des Radiologen: Nach Anfertigung einer individuellen Fixationshilfe sowie Durchführung einer sorgfältigen dreidimensionalen, CT- und MRT-basierten, inversen Bestrahlungsplanung, bestrahlten wir die Primärtumorregion sowie die iliacalen Lymphabflusswege beidseits in intensitätsmodulierter Technik unter Verwendung von 9 isozentrischen, koplanaren, intensitätsmodulierten Feldern, welche aus insgesamt 187 Subsegmenten bestanden, am Linearbeschleuniger mittels 6 MV Photonen, in einer wöchentlichen Fraktionierung von 5 x 1,8 Gy bis zu einer GD von 45 Gy. Die Primärtumorregion erhielt dabei im Rahmen eines integrierten Boost-Konzeptes eine GD von 54 Gy bei einer wöchentlichen Fraktionierung von 5 x 2,16 GY. Die korrekte Lage des Patienten wurde täglich mittels in-Room-Ct kontrolliert und gegebenenfalls korrigiert. Die Bestrahlung wurde vom Patienten insgesamt nur mäßig toleriert.

Ich wurde am 30.08.2009 aus der Uniklinik Heidelberg in einem aufgrund der Bestrahlungs-Nebenwirkungen schlechten Allgemeinzustand entlassen. Zur ersten strahlentherapeutischen Nachsorgeuntersuchung einschließlich MRT-Kontrolle sollte ich mich am 12.10,2009, also nach sechs Wochen nach Therapieende, wieder im DKFZ vorstellen.

Die Weiterbehandlung übernahm mein Hausarzt und Onkologe, der am Tag nach der Krankenhausentlassung aufgrund eines Abstrich eine zusätzliche bakterielle Entzündung im Genitalbereich feststellte, die mit Antibiotika behandelt wurde. Weiterhin veranlasste er eine zweimal tägliche Wundversorgung, bei der meine Frau überfordert gewesen wäre, durch einen ambulanten Pflegedienst. Dieser intensiven Pflege war es zu verdanken, dass nach 14 Tagen, in denen ich vor Schmerzen nur im Bett liegen konnte, die Entzündungen und Verbrennungen heilten und die Schmerzen nach und nach besser wurden, dementsprechend konnte ich nach und nach das Opiat-Pflaster reduzieren. Nach vier Wochen war ich absolut schmerzfrei, sowohl im entzündeten Bereich als auch in der Tumorumgebung am Anus, so zu sagen Land in Sicht.

...Fortsetzung folgt...