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Alt 21.07.2004, 19:27
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Standard Folgen der Bestrahlung

Hallo Charly,

bei uns ist es nun fast ein Jahr her, das bei meinem Vater der Kehlkopfkrebs festgestellt wurde. Die Chemo hat mein Vater super gepackt - er hat überhaupt KEINE Nebenwirkungen gehabt. Allerdings wurde die Chemoeinheit über einen "Port" (Dauerkateter unter der Haut) über 24 Stunden gegeben, dadurch waren, im günstigen Fall - wie bei meinem Vater, keine Nebenwirkungen vorhanden.

Die 31 Bestrahlungen haben ihm dagegen einige Probleme gemacht. Was ganz wichtig ist, Dein Vater muss unbedingt dieses Zahnschmelzgel von Elmex (gibt es in der Apotheke zu kaufen) vor und während der Bestrahlungszeit benutzen! Meinem Papa hat man dies auch wärmstens empfohlen, allerdings hat er es nicht so häufig benutzt - nun hat er einige Probleme mit seinen Zähnen.

Die Nebenwirkungen fingen bei meinem Vater nach etwa 3 Wochen an - er bekam pro Woche 3 Bestrahlungen. Das Hauptproblem war, dass er große Probleme beim schlucken und beißen hatte, denn die Mundschleimhaut war durch die Bestrahlung stark angeschwollen. Nach 6 Wochen bekam er dann künstliche Ernährung über diesen o.g. Port.

Der Port ist eine tolle Sache, denn die Nahrung wird über Nacht dem Körper zugeführt und tagsüber kann man sich frei bewegen, kann in die Wanne gehen - allerdings sollte man dies die ersten Male nur unter Aufsicht in die Wanne steigen.

Leider hat mein Vater auf die Bestrahlungen heftig reagiert. Er war im November 2003 fertig mit der Bestrahlung und hat erst vor etwa 6 Wochen wieder angefangen selbst zu essen. Der Port wurde entfernt und nun muss er essen - ob er will oder nicht! Das ganze ist natürlich für den direkt betroffenen Menschen sehr schwer zu ertragen, psychische Probleme kommen unweigerlich - vor allem, wenn der Heilungsprozess so langsam verläuft. Und man selber bleibt auch ein wenig auf der Strecke, was die starken Nerven angeht. Aber wie Nelli es schon geschrieben hat, man wächst da hinein. So war es bei uns auch.

Ganz wichtig ist es, dass Du Deinem Vater wobei auch immer, hilfst. Denn auch die Probleme kommen leider dazu - lassen sich kaum vermeiden. Die Probleme bei uns waren ganz alltägliche Dinge, wie z.B. Schriftkram mit der Krankenversicherung, mit dem Arbeitgeber, mit den Ärzten usw. usw. Wenn Dein Vater hierbei geholfen wird, ist es ihm bestimmt um einiges leichter. Bei meinem Vater kam nämlich noch hinzu, dass er die ersten Wochen nach der Bestrahlung kaum mit seiner Sprechhilfe sprechen konnte, weil auch das Gewebe am Hals geschwollen und sehr empfindlich war. Alles wurde per Handzeichen oder per Kulli und Papier geäußert. Das ist anstrengend für beide Seiten - aber man kommt damit zurecht!

Aber wie auch die anderen schon schrieben, jeder reagiert ganz anders darauf. Bei meinem Vater im Haus wohnt noch jemand, der ohne Kehlkopf leben muss, und die ganze Behandlung hinter sich hat. Er hat die Bestrahlung sehr gut überstanden - kaum Probleme (und die paar, die er hatte, waren nicht der Rede wert), dafür reagierte er sehr sehr heftig auf die Chemo! Er hat auch keine Probleme mit seinem Geschmackssinn - der funktioniert einwandfrei! Bei meinem Vater hat sich jetzt erst ganz langsam ein Geschmackssinn gebildet.

Wenn ich das richtig verstanden habe, hat Dein Vater vielleicht Glück und kann seine Stimmbänder und Kehlkopf behalten - ich wünsche es Euch so sehr! Denn dadurch fällt das größte Problem weg - diese unweigerliche "Sprachlosigkeit" die folgt, wenn Kehlkopf und Stimmbänder entfernt werden müssen. Sicher, es gibt verschiedene Mittel um sich mitteilen zu können, aber nichts geht über eine eigene natürliche Stimme mit der man auch Gefühle ausdrücken kann. Die Sprechhilfe, die mein Vater benutzt, hilft sehr, aber leider ist es die immer gleiche Stimmlage mit einem merkwürdigen Klang.

Mein Vater war auch Raucher, nun kann er es nicht mehr, da er ja nicht mehr durch den Mund Luft holen kann - er ist ja nun "Halsatmer". Er hat komischerweise nach der OP etwas Verlangen nach Zigaretten gehabt, aber während und nach der Bestrahlung überhaupt nicht mehr! Er kann es selber nicht verstehen! Und er hat viel geraucht! Aber die Lust nach Zigarette ist weg. Vielleicht liegt es auch daran, dass er ja nun leider auch nicht mehr riechen kann. Und schmecken tut es ihm gar nicht mehr - er hat mal einen "Probezug" gemacht und hätte sich fast übergeben.

Vielleicht hilft Deinem Vater ja der ganz einfache und simple Trick (mit hat es geholfen): Bei jedem Verlangen nach Nikotin ein Glas voll mit lauwarmen Wasser in einem Zug leeren - da ist das Verlangen erst einmal wieder gestillt. Außerdem hat es einen guten Nebeneffekt - die Nieren werden richtig durchgespült und schwämmen Schlacken usw. aus dem Körper raus.

Einen anderen Tipp habe ich leider nicht für Dich!

Ich will hier nichts "schönschreiben", möchte aber auch keine Panik machen - denke immer daran, JEDER reagiert anders! Und wenn sich Dein Vater an die Regeln der Ärzte hält und alles befolgt, wird er sich sicherlich besser fühlen! Und Nelli hat Recht: Nervt die Ärzte ohne Ende! Fragen, immer wieder fragen! Bei meinem Vater war es so, dass er vor der OP vom Kehlkopflosen-Verein besucht wurde - auch die haben wahnsinnige Kenntnis und verfügen über manchen Tipp und helfen auch bei Ämterformularen usw. - Vielleicht kannst Du mir ja mitteilen, aus welcher Stadt Du kommst - ich arbeite selber im Krankenhaus und kann Dir evtl. noch etwas weiter helfen!

Ich drücke Deinem Vater, Dir und Deiner Familie ganz feste die Daumen! Haltet fest zusammen! Dann geht auch diese schlimme Zeit für jeden von Euch - aber am meisten für Deinen Vater - erträglich um! Ich kann es selber kaum glauben, dass das nun bei uns schon fast ein Jahr her ist! Und die schlimmsten Tage haben wir schon lange hinter uns gelassen und haben uns dadurch noch mehr lieb als wir uns eh schon gehabt haben!

Ihr schafft das auch!

Herzliche Grüße von Steffi

Als Ergänzung der Link vom Verband der Kehlkopflosen:
www.kehlkopflosenbundesverband.de
dort finden auch die Österreicher, Schweizer und Niederländer Links zu ihren Verbänden
Gruß
Wolfgang46
Moderator
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