Einzelnen Beitrag anzeigen
  #22  
Alt 02.08.2005, 16:10
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard Es ging so schnell!

Hallo Ihr Lieben!
Immer wieder finde ich es erstaunlich, wie viele Menschen das gleiche erleben wie ich!
Angi, in Deiner Geschichte habe ich so viele Gemeinsamkeiten entdeckt, immer wieder dachte ich, ja genau, das kenn ich!
Bevor mein Vater vor 2 Monaten die endgültige Diagnose bekam war auch erst mal von "Schatten" die rede. Auch ich war mir in diesem Moment über das Schlimme dieses Begriffs bewußt. Irgendwie wußten wir alle bereits in dem Moment, was uns dann die endgültige Diagnose bestätigte.
Auch ich habe ein Foto von meinem Papa neben meinem Bett stehen, mit dem ich jeden Abend gesprochen und geheult habe. Mittlerweile, wenn ich es abends angucke, denke ich, mein Papa paßt auf mich auf!
Am letzten Tag vor seinem Sterbetag stand mein Vater so unter Morphium, daß er zwischendurch ganz wirres Zeug geredet hat. Er hielt z.B. meine weiße Handtasche für eine weißhaarige Frau. Was mich sehr bedrückt hat, war, daß auch er das mitbekommen hat. Er hat dann immer kurz gestutzt, abgewunken und gesagt, er könne sich nicht so richtig konzentrieren, ich solle ihn morgen noch mal fragen... Am nächsten Tag konnte ich ihn leider nicht mehr fragen...
Gott sei Dank war diese Phase bei ihm nicht lang. das ist sowieso ein sehr großer trost für mich: daß ich weiß, er war bis ganz kurz vorm Schluß absolut er selber, er ist total aufrecht in seinem Wesen gestorben, hat sich nämlich irgendwie nicht kleinkriegen lassen von diesem Scheißtumor, sondern bevor das geschehen konnte ist mein Vater lieber freiwillig gegangen. So sehe ich das, und das hilft doch ein Stück weit!
Als bei meinem Vater die 3. Chemo nicht gemacht werden konnte, weil er zu schwach war und außerdem erhöhte Entzündungswerte im Blut festgestellt wurden, hat das vor allem ihn sehr getroffen. Irgendwie scheint er in diesem Momemnt gewußt zu haben, daß seine Chancen drastisch kleiner wurden.
Auch wir haben bei meinen Eltern noch ein so gut wie unbenutztes Krankenbett stehen. Zu hause war mein Papa während der 2 Monate insgesamt nur 10 Tage. Zum Glück war das KKH ein sehr tolles. Die Schwestern und Ärzte waren unglaublich liebevoll und sehr menschlich, sodaß mein Vater sich dort sehr sicher und gut aufgehoben fühlen konnte.
Auch ich bin sehr traurig bei dem Gedanken, daß wenn ich mal Kinder habe, die ihren Opa noch nicht einmal kennen lernen werden!
Aber ein Freund sagte zu mir: Dein Vater lebt in dir und deinen Kindern weiter, du trägst deine Erinnerungen weiter. Manche Kinder haben von einem Opa, der zwar lebt, aber doch nicht da ist viel weniger!
Dieser Gedanke tröstet mich. Ab jetzt ist es unsere Aufgabe, unsere Väter lebendig zu erhalten!
Das gelingt mir zum ´Glück zur Zeit auch ganz gut. Ich spüre meinen Papa ganz nah bei mir. Er ist alles andere als fern!!!
Andauernd habe ich ihn in irgendwelchen Alltagssituationen, mit irgendwelchen seiner typischen Marotten oder auch Sprüchen vor meinen Augen! Und dann kann ich auch oft lächeln. Auch weil ich so sehr weiß, daß er sich genau das von mir wünschen würde!!!
Ich denke an Euch und drücke Euch. mit liebem Gruß,
Anne
Mit Zitat antworten