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Alt 10.12.2007, 22:47
esneault esneault ist offline
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Standard AW: Viele Fragen zur Behandlung von Metastasen

Liebe Mitbetroffene,

für die meisten der von mir aufgeworfenen Fragen habe ich jetzt Antworten gefunden: hier im Forum, im Internet, durch Befragungen zahlreicher Spezialisten und durch die Auswertung eigener Befunde. Vielleicht helfen diese Informationen, um gemeinsam mit den Therapeuten die individuell angepasste Therapie zu finden.

Wenn nach der Entfernung des Primärtumors später Metastasen auftreten, dann müssen diese schon vor der Operation da gewesen oder durch die Op ausgelöst worden sein. Sie werden im CT erst ab Durchmessern von 1 bis 2 Millimetern sichtbar. Sehr kleine vom Immunsystem unentdeckte Metastasen können deshalb trotz stetigen Wachstums erst nach vielen Jahren zum Vorschein kommen.

Es ist nicht unmöglich, aber sehr unwahrscheinlich, dass von Metastasen ohne einen äußeren Eingriff (z.B durch eine Biopsie) neue Metastasen entstehen

Die sicherste Art, Metastasen zu eliminieren ist die chirurgische.
Bei einem zu frühen Eingriff (z.B. in der Lunge) muss man damit rechnen, dass später neue Metastasen zum Vorschein kommen, so dass eine erneute Operation erforderlich wird.
Bei einem zu späten Eingriff geht unter Umständen zu viel gesundes Gewebe verloren, was insbesondere bei der Lunge kritisch ist.
Die Thoraxchirurgen stehen auf dem Standpunkt, dass eine Operation in der Lunge nur dann Sinn macht, wenn alle Herde entfernt werden können oder wenn einzelne Herde zu Komplikationen führen.

Alternativ kann man einzelne Herde auch strahlentherapeutisch (z.B. mit dem Cyberknife) abschmelzen. Die Strahlentherapeuten halten diese Methode jedoch nur für indiziert, wenn nur wenige Herde (in der Lunge maximal 2) vorhanden sind oder zur Linderung krankheitsbedingter Beschwerden.

Das Wachstum von Metastasen wird durch einen chirurgischen oder strahlentherapeutischen Eingriff in der Regel nicht beschleunigt.

Bei Metastasen, die weder chirurgisch noch durch Bestrahlungen vollständig entfernt werden können, kommt man um eine systemische Therapie nicht herum. Die meisten Erfahrungen existieren mit der kombinierten Chemo-Immuntherapie, die man weitestgehend zu Hause durchführen kann. Die Ansprechrate soll bei ca. 40% liegen, wobei von der Totalremission über eine Teilremission bis zur Verlangsamung des Wachstums alles möglich ist. Vermutlich ist die Therapie umso wirksamer, je geringer die Tumormasse ist. Nähere Informationen findet man unter www.nierenkrebs.de

Nexavar, Sutent und Temsirolimus sind nach Auffassung von Dr. Stähler (Großhadern) als Firstline-Therapie nicht geeignet. Während die Chemo-Immuntherapie zeitlich begrenzt ist, muss man Nexavar & Co. lebenslang einnehmen, d.h. man muss bis zum Lebensende die Nebenwirkungen verkraften. Grund: Die Metastasen verschwinden anfangs nur scheinbar. Wenn man das Medikament jetzt absetzt, werden die Herde wieder mit Blut versorgt und wachsen wieder und zwar häufig schneller als vorher (Reboundeffekt). Aber auch bei ständiger Einnahme kommt es bei diesen Medikamenten nach individuell unterschiedlichen Zeiten zu einem erneuten Wachstum. Dann muss man z.B. von Nexavar auf Sutent oder Temsirolimus umsteigen u.s.w.
Der Einsatz von Nexavar & Co ist dann gerechtfertigt, wenn alle anderen oben genannten Therapien nicht möglich sind oder versagt haben. Das NCT in Heidelberg hat mir empfohlen, die Therapie mit Sutent hinauszuschieben, um möglichst lange (wegen der fehlenden Nebenwirkungen) eine gute Lebensqualität zu haben. Nach Dr. Stähler darf man aber den Zeitpunkt nicht verpassen, von dem an die Wachstumsgeschwindigkeit der Herde zunimmt. Also ein Eiertanz.

Es macht möglicherweise auch Sinn, vor einem chirurgischen Eingriff (z.B. in der Lunge) die Herde mit Nexavar & Co schrumpfen zu lassen, damit nicht zu viel gesundes Gewebe herausgeschnitten werden muss. Da die Herde durch Nexavar & Co weich und deshalb vom Normalgewebe schlecht unterscheidbar werden, muss das Medikament 2 Wochen vor der Op abgesetzt werden.
Noch nicht herausgefunden habe ich, ob man das Medikament nach erfolgreicher Op wieder einnehmen muss oder ob man es weglassen kann, wenn alle Metastasen chirurgisch entfernt werden konnten.

Neue Therapien befinden sich in verschiedenen Kliniken noch in der Erprobung, insbesondere die Vakzinierung (Impfung) mit einer genetisch modifizierten Tumorzell-Vakzine oder mit einer Peptid-Vakzine. Erfolgversprechend erscheint auch eine Kombinationstherapie mit Avastin und Roferon.

Die ambulant durchführbare Behandlung von Lungenmetastasen durch Inhalation von Interleukin-2 wird in Deutschland trotz guter Erfahrungen offenbar nirgendwo mehr angeboten. Ich konnte bisher nicht herausfinden, ob diese Therapie irgendwo im Ausland durchgeführt wird.

Von diesen Informationen kann und will ich keine Therapie-Empfehlungen ableiten. Ich möchte nur darlegen, was ich in meinem Fall daraus gelernt habe und was ich jetzt zu tun gedenke.

Vorgeschichte: Im Mai 2005 Nephrektomie rechts wegen eines NZK (pT3a/b, pN2, G2). Ende 2006 wurden 8 Rundherde (max. 8 mm) in der Lunge und ein progredienter Lymphknoten in der Nähe des linken Nierenstiels entdeckt. Schon damals wollte mir der Urologe Nexavar geben und riet mir von einer Op ab. Mit Mühe habe ich doch einen Operateur gefunden, der mir im Dezember 2006 den Lymphknoten herausoperierte. Im Mai 2007 waren in der Lunge 25 Rundherde (max 16 mm) sichtbar. Weil diese Zahl bis zum Oktober 2007 konstant blieben, entschloss ich mich zu einer Operation. Der Thoraxchirurg hat die Operation jedoch abgebrochen, weil er zu viel gesundes Lungengewebe hätte herausschneiden müssen.

Was ich hätte besser machen können: Ich hätte mich früher an der Lunge operieren lassen sollen, als noch nicht zu viel Lungengewebe verloren gegangen wäre. Als später wieder neue Rundherde sichtbar wurden, hätte ich sofort eine Chemo-Immuntherapie machen sollen.

Was ich als nächstes tun werde: Ich werde Anfang nächsten Jahres die 2 größten Herde (17 mm Durchmesser) strahlentherapeutisch beseitigen lassen. Diese Herde machen bei mir über 90% der Tumormasse aus. Die verbleibenden 10% versuche ich anschließend mit einer Chemo-Immuntherapie loszuwerden. Wenn diese Therapie nicht anschlagen sollte, werde ich irgendwann Sutent nehmen müssen. Diesen Zeitpunkt versuche ich jedoch möglichst weit nach hinten zu schieben, um mir meine bisher gute Lebensqualität möglichst lange zu erhalten.

Herzliche Grüße an alle Leser!
Esneault

Geändert von esneault (11.12.2007 um 15:39 Uhr) Grund: Missverständliche Formulierung
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