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Alt 09.05.2015, 01:12
berliner-engelchen berliner-engelchen ist offline
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Standard AW: 1. Rezidiv - OP oder nur Chemo?

Liebe Anna,

so gut kann ich die Verzweiflung Deiner Mama verstehen. Mir ging es auch so: es war das 1. rezidiv, dass mir den Boden unter den Füßen wegzog und mein ganzes Leben in Frage stellte - nicht die Erstdiagnose.

Vor allem, weil es bei mir nach nur knapp 6 Monaten auftrat.

Meine ERst-Op war auch in der Charite-Virchow und so bin ich dann dort wieder hin. Mir wurde damals freigestellt, selbst zu entscheiden, welche Behandlung ich bekommen möchte: keine OP oder OP plus Chemo. Ich habe mich für eine 2 OP entschieden und konnte - im Gegensatz zum 1.Mal - nicht tumorfrei operiert werden. Also ganze OP umsonst.

die Studienlage zu dieser Thematik ist immer noch so, dass man noch keine Erkenntnisse hat, ob eine Zweit-Op einen zusätzlichen Benefit hat. Die Studie läuft immer noch. Derzeit sieht es so aus, als würde es wenig bringen.

Wissen kann es keiner. Aber ich habe dazu einige Überlegungen: ich würde NUR operieren lassen, wenn der Tumor klar abgegrenzt und solide ist. Ist er eher diffus als Peritonealkarzinose und verstreut, würde ich auf gar keinen Fall zur OP raten.
Auch würde ich, wenn es nur kleinere Tumorherde sind, keine OP machen - so etwas kann jede Chemo, die anschlägt, komplett eliminieren. dafür braucht man keine OP.

Bei einem schlechten Allgemeinzustand und bei sog. Co-Morbititäten wie den Schlaganfall würde ich äußerst zurückhaltend sein mit OP.
Das Risiko ist einfach viel zu hoch.

Bei meinem ersten Rezidiv hat die Chemo dann übrigens Tumorfreiheit gebracht - also war die OP umsonst. Doch ich hatte wieder wochenlang mit der Riesen-Narbe und den Verwachsungen, dem Darm, dem Allgemeinzustand Probleme. Es hat mir einiges an Lebenszeit geraubt.

Danach habe ich mich bei den dann folgenden Rezidiven nicht mehr operieren lassen und auf die Kraft der Chemos gesetzt, die immer ausreichend waren, um alle Tumore wieder komplett wegzubekommen.

Ganz ehrlich: ICH würde mich an Eurer Stelle DAGEGEN entscheiden.
Zumal ich zu bedenken geben möchte - ohne jetzt jemandem etwas zu unterstellen: eine OP ist auch ein Kostenfaktor, in der Gesamtbilanz einer Krankenhaus-Abteilung, heute mehr denn je spielen Effizienz, Einnahmen, Kostendeckungen, positive Bilanzen eine große Rolle bei Empfehlungen von Ärzten im Krankenhaus. Es ist traurige Realität, dass gerne mal schnell operiert wird, weil das einfach gutes Geld bringt und für die Klinik-Seite viele Vorteile. Oftmals nicht im Sinne der Patientin ....
eine persönliche Beobachtung ist, dass dies häufig gekoppelt an ein höheres Alter von Patientinnen geschieht .....

Was noch dafür spricht, dass eine Chemo völlig ausreichend sein sollte, ist die Tatsache, dass die Tumoraktivitäten derzeit "nur" im Pet-CT zu sehen sind. Das spricht für ein frühes Stadium von Rezidiv und das sollte eine Chemo wirklich gut schaffen, diese kleinen Herde.

Sucht euch lieber einen wirklich kompetenten Onkologen, der deine Mama optimal durch die Chemo geleitet. immer gut auf alle Probleme reagiert, die während der Chemo auftreten.
einen Arzt, der nicht zusammenzuckt, wenn es um die teure Avastingabe geht.
einen Arzt, der die teure Variante der Aufbauspritze bei niedrigen Leukos gibt. ....


Deine Ma sollte den BRCA Test machen, denn das könnte eine zusätzliche, wichtige Behanldungsoption als ERhaltungstherapie nach der Chemo bringen. das Medikament wurde erst Anfang des Jahres zugelassen. Aber es ist endlich mal etwas, das die Gesamtlebenszeiten nicht um so lächerliche Faktoren verlängert, sondern viele Monate !!! Eine Chance, auf die man nicht verzichten sollte.


Liebe Anna,
ist eher lang geworden, aber es ist auch eine sehr schwierige Entscheidung.
Und da ich die Frage für viele andere wichtig finde, sind´s ein paar Worte mehr geworden.

Fragen wollte ich noch: Welche Chemo soll Deine Mama bekommen? Carboplatin plus Caelyx? Das wäre leitlinie.

viel Kraft für die Entscheidung. Deiner Mama alles alles Gute. Pass gut auf sie auf!
Ganz liebe Grüße
vom berliner chen
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