Einzelnen Beitrag anzeigen
  #21  
Alt 21.08.2012, 21:16
iriskausemann iriskausemann ist offline
Neuer Benutzer
 
Registriert seit: 16.08.2012
Ort: Wipperfürth
Beiträge: 6
Standard AW: Unser Kampf ist nach 10 Jahren beendet

Anbei nun die Stellungnahme des behandelnden Arztes:

Sehr geehrte Frau Kausemann,

ich möchte Ihnen meine aufrichtige Anteilnahme zum tragischen Tode Ihres Vaters mitteilen. Da ich über den Link in Ihrer Email auch den von Ihnen veröffentlichten Beitrag im Krebs Kompass Forum zur Kenntniss genommen habe möchte ich Sie gerne auf folgendes hinweisen.

Das von Ihnen wohl als Quelle Ihrer Informationen dienende Manual des Tumorzentrums München ist leider schon im Jahr 2008 veröffentlicht worden und nach 4 Jahren medizinischen Fortschritts nicht mehr auf dem aktuellen Wissensstand. Wesentliche Studien z.B. zur Rolle von Everolimus(Afinitor) in der Zweitlinientherapie sind hier nicht berücksichtigt, diese sind aber mittlerweile unerlässliche Entscheidungshilfen zur Therapieplanung. Es gibt aktuelle Empfehlungen der DGHO (Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie), die u.a. unter Mitarbeit des Ihnen bekannten und von Ihnen genannten Prof. Dr. Stae. entstanden sind, die diese neueren Erkenntnisse berücksichtigen und die ich als Entscheidungshilfe nutze.

Die -nach computertomographisch belegtem massiven Progress der Metastasen unter Sutent- auswärtig erfolgte Empfehlung die Sutenttherapie fortzuführen entspricht nicht den international anerkannten und publizierten Empfehlungen.
Die Entscheidung zur Sequenztherapie Sutent gefolgt von Afinitor gefolgt von Nexavar entspricht allgemein anerkannten Therapieempfehlungen und ist in keiner Weise fehlerbehaftet oder angreifbar.
Die Empfehlung einer Hospizversorgung bei den im Frühjahr schon bestehenden schwersten tumorbedingten Beschwerden halte ich auch heute noch für gerechtfertigt. M.E. ist eine professionelle symptomorientierte Palliativversorgung z.B. in einem Hospiz eine unersetzliche Vorbeugung gegen Verzweiflungstaten, wie sie bei Ihrem Vater nun bedauerlicherweise wohl aufgrund der nicht mehr gegebenen Lebensqualität erfolgt sind.

Die Nexavartherapie bei eigentlich schon nicht mehr tolerierbarer Einschränkung des Allgemeinzustandes Ihres Vaters erfolgte ausdrücklich gegen meine ärztliche und ethische Überzeugung,dieses habe ich Ihrem Vater auch so mitgeteilt. Alleine um ihm eine weitere Odyssee zur Verwirklichung dieser rationell nicht mehr begründbaren Therapie zu ersparen, habe ich mich von ihm zu einer Verabreichung von Nexavar drängen lassen.

Die "heimliche" Verabreichung oder das "heimliche" Absetzen von potentiell hochtoxischen Präparaten durch Laien halte ich für äußerst bedenklich und angreifbar. Hier wurde Ihr Vater aus Unwissenheit leichtfertig potentiell lebensbedrohlichen Interaktionen ausgesetzt. Es ist mir wichtig Ihnen mitzuteilen, daß ich Ihnen dieses nicht schreibe um Ihr Leid zu vergrößern, mich zu rechtfertigen oder einen Disput über die Krankengeschichte Ihres Vaters zu beginnen. Ich halte es jedoch für wichtig, Ihnen zu verdeutlichen, daß die Entscheidungen im Laufe der Erkrankung Ihres Vaters stets auf aktuellen und belastbaren Erkenntnissen beruhten und Ihrem Vater keine hilfreiche Therapie leichtfertig vorenthalten wurde.

Ich persönlich ziehe für mich den Schluss, daß ich den Gedanken der palliativ orientierten Betreuung z.B. in einem Hospiz noch eindringlicher hätte vorbringen
sollen. Vielleicht hätte ich damit Einfluß auf die zuletzt so tragische Entwicklung nehmen können.

Mit freundlichen Grüßen

S.P.

P.S.: Anbei ein Link für die aktuelle Therapieleitlinie der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie aus dem Jahr 2012, die unter
wesentlicher Mitarbeit von Prof Dr. Stae. entstanden ist.
http://www.dgho-onkopedia.de/de/onko...0(hypernephrom)

P.P.S.: Falls Ihrerseits der Wunsch besteht, bin ich mit einer unveränderten und
ungekürzten Wiedergabe dieser Mitteilung in Ihrem Forum einverstanden.

Geändert von Birdie (21.08.2012 um 22:22 Uhr) Grund: Ärztenamen gekürzt
Mit Zitat antworten