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Alt 05.01.2003, 12:10
Gast
 
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Standard Hoffnung, oder.......mal was gutes

Hallo an Alle

Ich möchte mich hier auch mal etwas näher vorstellen. Die letzten zwei Jahre wurde ich nicht gerade mit positiven Erlebnissen überhäuft und freue mich deshalb um so mehr für Alle, denen es gut geht.

Vorab: ich bin trockener Alkoholiker. Im November 2000 begann meine "goldene Serie" damit, daß ich unter Alkohol mein Auto "weggeworfen" habe - Führerscheinentzug, Angst um Arbeitsplatzverlust etc. und die Einsicht, daß es so nicht weitergehen kann. Von Mai bis September 2001 stationäre Therapie. Drei Wochen vor Ende derselben ließ mir meine Frau telefonisch mitteilen, daß sie ausgezogen sei und die Scheidung wolle, da sie zu große Angst vor einem Rückfall hätte.

Nach meiner Rückkehr langsames wieder zueinanderfinden und der Wunsch ihrerseits, es noch einmal miteinander zu versuchen. Im Dezember `01 dann anläßlich der Untersuchung für den Führerscheinantrag vom Arzt in meiner Urinprobe Anzeichen einer "Entzündung", die mit Antibiotika jedoch nicht besser wurden. Anfang Januar `02 Überweisung zum Urologen, Blasenspiegelung, CT (ohne Befund), Termin zur Entnahme einer Gewebeprobe im März und nach der ersten TUR die Nachricht "Krebs" (T2a/G2). Erstmal Uneinigkeit unter den Ärzten, was zu tun sei, Blase entfernen ja/nein??? Eine Woche später Nachresektion o.B., daraufhin die Entscheidung vom Chefarzt, abwarten (ohne irgendwelche Therapiemaßnahmen, Instillition o.ä.!!!) und drei Monate später nochmal nachschauen. Vom KH aus telefonisch Termin zur MPU (Idiotentest) vereinbart und Anfang März auch im ersten Anlauf bestanden.

Anfang Juni dann der Termin zur "Nachuntersuchung" mit dem Ergebnis, daß ein neuer Tumor (T-1) an derselben Stelle gewachsen war. Dann die übliche Suche nach Info`s und Ansprechpartnern (damals hatte ich noch keinen Internetanschluß) und ca. eine Woche später die OP. Meine Frau hat mich damals täglich besucht (Ende Mai haben wir noch ihren Umzug zurück in unsere gemeinsame Wohnung durchgezogen!!!) und mir immer wieder versichert, wie sehr sie mich liebe.

Ende Juli dann vom KH zur AHB, zu der meine Frau als Begleitperson mitkam. Als erstes bekam ich eine Infektion und lag mit über 40 Grad Fieber im Bett. Währenddessen verknallte sich meine Frau in einen Mitpatienten ( neun Jahre jünger als sie, blind durch grünen Star, Frührentner ) was ich Trottel erst nach 14 Tagen mitkriegte. Ich habe sie dann nach Hause geschickt und bis ich zurückkam, war sie schon ausgezogen. Die Scheidung läuft noch. Meine beiden Söhne (20 und 22 Jahre alt zeigen leider überhaupt kein Verständnis für meine Situation und beteiligen sich weder an der Hausarbeit noch an den Kosten, daher habe ich sie jetzt, nach vielen fruchtlosen Gesprächen, aufgefordert, bis spätestens 31.03.03 hier auszuziehen.

Wegen anfänglicher Schwierigkeiten beim Wasserlassen hatte ich noch bis Mitte Oktober den SPK drin um die Neoblase vollständig entleeren zu können. Da mir zuhause die Decke auf den Kopf fiel, habe ich Anfang November (stark 4 Monate nach OP) angefangen wieder zu arbeiten. Anfangs nur Teilzeit nach "Hamburger Modell" ab 01.01.03 jetzt wieder Vollzeit.

Ich stehe jetzt meiner Krankheit sehr positiv gegenüber und lebe heute viel bewußter, kann auch mal "etwas schleifen lassen" und gönne mir selbst etwas. So gehören jede Woche frische Blumen in der Wohnung mittlerweile zum normalen Standard. Zu Weihnachten habe ich mir, nach einer Rückzahlung aus Nebenkostenüberschuß durch meinen Vermieter in Höhe von 945 Euro spontan im Internet ein Cabrio für 990 Euro gekauft!!! Ich bin auch wieder neu verliebt in eine sehr nette und verständnisvolle Frau, die ich aus meiner Alkoholtherapie kenne, die meine ganze Vorgeschichte kennt und für die auch mein Handikap (Impotenz, nächtliche Inkontinenz) kein Problem darstellt. Allerdings eben leider auch nicht problemlos (wie könnte es bei mir auch anders sein!!!), da sie (noch?) verheiratet ist und trotz aller schlechten Behandlung zuhause den Entschluß, ihren Mann zu verlassen (den sie vor ihrer Therapie schon gefaßt hatte) in die Tat umzusetzen.

Wie Ihr seht, hat sich in meinem Leben sehr viel zum Guten verändert und der ganze private Trouble hat wesentlich dazu beigetragen, die Krankheit schnell zu überwinden. Hin und wieder falle ich allerdings immer noch "in ein Loch" und bin dann antriebslos, grüble nach, habe einfach einen "Durchhänger" und würde mich freuen, wenn mir andere Betroffene schreiben könnten, wie sie solche Tief`s, die ja wohl jeder hat, überwinden. Die eigenen Angehörigen sind mir da keine große Hilfe und meine Bekannten aus der "Alkoholszene" belasten mich eher noch, da sie mich scheinbar für unbegrenzt stark halten und bei MIR Hilfe für IHRE Probleme suchen. Das freut mich zwar einerseits, aber ich spüre eben doch hin und wieder, daß ich an meine Belastungsgrenzen stoße.

Da diesen Monat noch meine erste größere Nach- bzw. Vorsorgeuntersuchung mit CT usw. ansteht, bin ich natürlich auch zusätzlich etwas nervös. In diesem Zusammenhang würde mich auch interessieren, wie schnell Andere wieder ihr "normales" Leben aufnehmen, Arbeiten gehen etc., da ich diesbezüglich überhaupt keinen Maßstab habe was üblich oder "normal" ist. Kurz, ich würde mich über jede Information freuen, wie Andere ihren Alltag in den Griff kriegen.

So, jetzt sind "die Hosen runter", nun bin ich mal gespannt, was ihr so zu bieten habt.

Viele Grüße an Alle,macht weiter so und Allen ein frohes und "gesundes" neues Jahr und viel Kraft!

Klaus


klaus.maier@ntz.de
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