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Alt 27.04.2003, 08:40
Gast
 
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Standard Hoffnung bei BEIDSEITIGEM Nierenzellkarzinom

Liebe Susanne,
vielen Dank für Deine lieben Grüße. Wir sind am 24.04. wohlbehalten und gut erholt von unserem 8 wöchigen Urlaub in "downunder" zurückgekehrt - haben lediglich noch ein wenig Probleme mit der Zeitumstellung. Aus diesem Grunde bitte ich auch meinen verspäteten Eintrag an Dich zu entschuldigen.
Nun zu Deinen Fragen:
bei Jürgen wurde die Chemoemboliation und die Thermoablation unmittelbar hintereinander durchgeführt, das heißt am gleichen Tage. Er ging jedoch mit Kreatininwerten von ca.1,8 in diese Eingriffe. Nach dem Therapie stieg er mit dem Kreatinin bis 3 an, weshalb wir zunächst mit dem Beginn der Immun-Chemo ca. 2 Wochen warten mußten, bis die Werte sich normalisiert hatten ( Krea-Wert bei Einstieg in die Immun-Chemo ca. 2,2 ).
Die Niere braucht ein wenig Zeit, um sich wieder zu erholen. Ich merke das auch immer unter der Immun-Chemo, auch unter der Erhaltungstherapie: auch hier läßt die Nierenfunktion nach und die Kreatininwerte steigen. Nach Abschluß der Therapie sinken sie dann wieder.
Mit der erfolgreichen Chemoembolisation seid Ihr aber schon einen gehörigen Schritt weiter: wenn die Embolisation erfolgreich war, wird der Teil der Niere, die den Tumor trägt, nicht mehr durchblutet, da die blutzuführenden Gefäße "verklebt" sind. Damit erhält der Tumor auch keinen für ihn lebenswichtigen Sauerstoff mehr und er stirbt ab! Eigentlich wären beide Therapien, also Embolisation und Thermoablation jede für sich genommen, schon genug, um den Tumor abzutöten. Man geht nur immer gerne auf "Nummer Sicher" und benutzt in Kliniken, an denen die Thermoablation durchgeführt wird, "Hosenträger Und Gürtel" gleichzeitig, nach dem Motto: doppelt hält besser.
Erfreulicherweise ist bei Deiner Mutter ( den Krea-Werten nach zu urteilen )die Niere auch wieder dabei, sich zu regenerieren. Habt also ein wenig Geduld und vielleicht fragt Ihr mal nach, bei welchen Werten man bei Deiner Mutter die Thermoablation machen will. Jürgen hat übrigens nur EINEN 8-Wochen-Zyklus der "Akut-Immun-Chemo" bekommen, da man im Anschluß daran einen Krankheitsstillstand vermerken konnte. Er stieg dann anschließend mit der Erhaltungstherapie ein. Morgen haben wir wieder eine neue MRT-Kontrolle ( nach 3 Monaten !!! ). Drück uns doch bitte die Daumen.

An dieser Stelle möchte ich auch noch auf eine mail von Rudolf kurz eingehen, für alle, die es interessiert:
Mir ist nicht bekannt, wie in Hamburg die Thermoablation durchgeführt wird. Ich kenne dieses Verfahren nur aus Berichten von renommierten Universitätskliniken in Amerika und habe sie ausnahmsweise ( weil ich Krankenschwester bin und ein wenig insistiert habe )bei meinem Mann "live" miterlebt. Die Verfahrenweise, die hier angewandt wurde und auch in Amerika angewendet wird, unterscheidet sich gravierend von dem, was Rudolf berichtet hat.
Erstens wird das Tumorgewebe nicht nur mit Wärme behandelt, sondern mit einer Art "Mikrowellenstrahlung" auf über 100 Grad erhitzt und im wahrsten Sinne des Wortes VERSCHMORT. Das verschmorte und damit abgetötete Tumorgewebe wird nicht mechanisch entfernt.
Zweitens wurden nicht drei Einschnitte vorgenommen, um eine Optik, Gerätschaften wie "Messer und Schere o.ä. sowie eine Absaugvorichtung einzuführen.
Die gesamte Thermoablation wird in Amerika und in München ( und, soweit mir bekannt ist, auch in Frankfurt / M. )unter CT-Kontrolle durchgeführt, wodurch sich eine Optik schon mal erübrigt.( Unter Schichtaufnahmen ist verständlicherweise die Erkennung des Tumorgewebes auch wesentlich einfacher als unter einer Optik, die sich lediglich auf das menschliche Auge verlassen muß ). Wichtig ist ja auch hier, genau wie bei einer Operation, daß man bis ins gesunde Gewebe den Tumor "verschmort"!
Es wurden keine Gerätschaften wie Skalpell oder Schere o.ä. eingeführt. Diese Instrumente werden nicht benötigt, da der Tumor nicht herausgeschnitten wird, sondern verschmort wird.
Das verschmorte und dadurch abgetöte Tumorgewebe wird auch nicht abgesaugt mittels einer Absaugvorrichtung, sondern vom Körper selbst abgebaut (ähnlich wie man bei Operationen Blutungen stillt, indem man die kleinen Blutgefäße "kautert", also auch verschmort, um die Blutungen zu stillen. Auch hier wird Gewebe abgetötet, das der Körper selbst wieder regeniert.)

Bei den mir bekannten Thermo-Ablations-Verfahren (auch bei dem, was ich selbst live miterlebt habe), wird eine lokale Betäubungsspritze gesetzt, die ggfls. durch eine sogenannte Spinalanalgesie (Spritze in den Rücken, macht man heute auch bei Geburten etc.) und ggfls. zusätzliche i.v. Injektion ergänzt wird. Unter CT-Controlle wird anschließend die Haut anpunktiert und das Thermo-Ablationsgerät in den Tumor vorgeschoben. An Ort und Stelle zieht man von diesem Gerät eine Art "Hülle" zurück und es entfalten sich am oberen Ende zahlreiche "Fühler" (sieht vom Äußeren her ähnlich wie bei den Glasfaser-Lampen, die man vor einigen Jahren auf den Markt brachte, aus - hat aber mit der Technik sonst nichts gemein), die sich im Tumor selbst ausbreiten und ihrerseits die hohen Temperaturen punktgenau (CT-Controlle) erzeugen und verteilen. Zwischenzeitlich wird die Lage dieses Thermo-Ablationsgerätes je nach Ausweitung des Tumors unter CT-Controlle immer wieder korrigiert. Wichtig ist hier, wie ich eingangs schon sagte, daß BIS INS GESUNDE GEWEBE HINEIN gearbeitet wird. Diese ganze Prozedur hat bei Jürgen ca. 1 Stunde gedauert. Es wird also die Thermo-Ablation durch EINEN Einstichkanal durchgeführt, mittels CT immer wieder kontrolliert und das verschmorte Tumorgewebe wird anschließend vom Körper selbständig und automatisch abtransportiert und verarbeitet ( leicht erhöhte Temperaturen treten aus diesem Grund auch nach der Thermoablation beim Patienten auf: Erhöhte Körpertemperatur = der Körper arbeitet und säubert selbständig).
Nach erfolgter Thermoablation wird nochmals eine komplette CT-Kontrolle der gesamten behandelten Niere durchgeführt, um sicher zu stellen, daß kein Tumorgewebe mehr vorhanden ist. Wenn, wie bei Jürgen, unmittelbar zuvor zusätzlich eine Chemo-Embolisation durchgeführt wurde, ist diese Aufnahme nur zu ca. 99 % aussagekräftig, da sich noch Reste des bei der Embolisation gespritzen Medikamentes in der Niere befinden. Aus diesem Grund wird sicherheitshalber nach ca. 3 Wochen (wenn das Embolisationsmedikament abgebaut ist) ein weiteres Kontroll-CT durchgeführt, das dann einen 100 %-igen Befund liefert.
Bei Jürgen hat man nur noch "ein schwarzes Loch" (die Worte der Ärzte) im CT-Bild erkennen können, ohne jegliche Anzeichen für Durchblutung und ohne Anzeichen für Tumorreste an den Rändern.
Sollten sich bei dieser CT-Kontrolle noch Tumorreste zeigen, wird man ggfls. nachablatieren müssen, was dann aber ein erheblich geringerer Eingriff ist, da es sich hierbei nur noch um winzige Reste handeln kann.
Die Thermoablation wurde offensichtlich in den USA entwickelt, wird dort an renommierten Uni-Kliniken immer häufiger durchgeführt, und auch in Deutschland hat man an einigen wenigen großen Uni-Kliniken seit einigen Jahren auch bei der Niere hiermit gute Erfahrungen gemacht. In München hat man damit vor ca. 5 Jahren begonnen. Meines Wissens steht auch in München das hierfür modernste und bestens geeignete Gerät zur Verfügung. Es ist nur heute leider relativ schwierig, die althergebrachte radikale OP-Methode aus den Köpfen vieler Urologen (= urologischer Chirurgen) zu vertreiben, was sicherlich aber auch bei nur EINER befallenen Niere seine Berechtigung hat. Bei zwei befallenen Nieren und nicht bestehender Möglichkeit der Tumor-Enukleation (operative Entfernung NUR des Tumors aus der Niere = nierenerhaltende OP) ist die Thermoablation sicherlich die zur Zeit bestmögliche Therapieform, um Tumormasse zu verringern, bevor man mit einer Immun-Chemo-Therapie restliche Tumorzellen oder auch Weichteil-Metastasen anzugreift.

Ich hoffe, ein wenig mehr zur Erklärung dieses relativ neuen Verfahrens beigetragen zu haben und damit vielleicht dem einen oder anderen ein wenig geholfen zu haben. Für weitere Fragen stehe ich natürlich ab jetzt wieder gerne zur Verfügung, soweit ich helfen kann.

Ich wünsche allen Betroffenen alles erdenklich Gute und drücke vor allem Euch, liebe Susanne, die Daumen. Ich denke an Euch. Drück uns für morgen bitte alle zur Verfügung stehenden Daumen.

Liebe Grüße,
Ulrike
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