Einzelnen Beitrag anzeigen
  #14  
Alt 20.08.2003, 21:05
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard Erwachsene ehemalige krebskranke Kinder gesucht!

Hallo Monsterkind

Diese Lymphangiographie wurde bei mir auch mal gemacht, ich glaube sogar mehrmals die ist wirklich fürchterlich unangenehm. Und auch den Tropf hatte ich manchmal am Fuss, wobei ich das nicht so unangenehm fand - ich habe ja wie erwähnt nicht so ein Schmerzempfinden auf der Haut.
Dafür habe ich aber Mordio geschrien bei KMP's und LP's - das war die Hölle für mich.

Hatte denn das Bilderbuch, das Du lesen solltest, irgendetwas mit Deiner Krankheit zu tun oder was war das für eine Geschichte?

Ich denke mal, Dein Vater ist ein sensibler Mensch, der aber seine Gefühle nicht so gut ausdrücken kann, aber was er da zu Dir gesagt hat, ist echt schrecklich.

Ich habe in der Zeit der Krankheit begonnen, Nägel zu kauen. Alle wollten mir das abgewöhnen und Papa hat immer geschimpft, wenn er mich erwischt hat dabei. In seiner Not oder Unfähigkeit sagte er irgendwann mal, wenn Du damit nicht aufhörst, dann stirbst Du eben - da war ich etwa 10. Das war schlimm, das so zu hören, aber aufgehört habe ich nicht. Ich habe es nicht bewusst gemacht.

Dann kam immer im Dezember der Nikolaus zu uns nach Hause und der wollte immer meine Hände anschauen. Ich hatte die immer hinter dem Rücken versteckt und wollte sie nicht zeigen, weil ich ja wusste, er schaut nach den Fingernägeln.
"Du bist aber nicht artig, wenn Du mir die Hände nicht zeigst", tadelte er und da zeigte ich sie halt, denn ich fürchtete den. Er sah dann meine abgekauten Nägel und sagte: Jetzt muss Du aber endlich aufhören. Du willst doch nicht, dass das böse Weh wieder kommt und Du zum Herrn Jesus gehen musst, schon jetzt!

Du kannst Dir vielleicht vorstellen, wie sehr mir das eingefahren ist. Ich glaube, da habe ich es richtig begriffen, dass es Krebs war, was ich hatte. Ich habe nicht mehr gebissen, dafür lange das Bett genässt.

Mit 12 Jahren hatte ich dann einen Gehirntumor und kurz davor habe ich eine Lehrerin verloren, die auch einen Gehirntumor gehabt hatte und von der alle sagten, sie habe Krebs. In der Kinderklinik hatte es da einen neuen Doktor gegeben, den ich total super fand (eigentlich war ich in ihn verliebt) und den habe ich dann gefragt, ob das denn Krebs ist. Und er hat mir erklärt, ja, so könnte man dem sagen, aber er hat auch gesagt, dass es nicht einen Krebs gibt, sondern ganz verschiedene, manche seien ganz doll böse und andere weniger - aber alle müsse man bekämpfen und und und. Er sass da bei mir am Bett und nahm mir meine Ängste ehrlich und kindgerecht von der Seele. Er war so ein toller Arzt, einer,der Zeit hatte und mit dem man lachen konnte und bei dem man toben durfte vor Wut oder so zum Spass, und der die Gefühle von uns Kindern respektiert hat. Das war zu jener Zeit selten und eines Tages, als ich zur Wundkontrolle kam, war er einfach weg, verunglückt sagten sie mir.

Danach ging es lange, bis ich wieder jemandem vertraute und an mich heranliess. Ich glaubte, ich brächte allen,die ich lieb habe bloss Pech. Das Schlimmste war dann aber, dass mich mein Vater eines Tages zu einer Frau brachte, die Satan aus mir vertreiben wollte. Sie pendelte über meinem Kopf hin und her und sagte immer: Satan weiche, Satan weiche....

Mein Vater hat es wahrscheinlich nur gut gemeint, aber es war so schrecklich für mich bei Dieser Frau: Sie war nett mit mir, aber sie gab mir das Gefühl, dass ich schlecht sei und bei jeder Sitzung sagte sie, Satan sei wieder in mir und dann pendelte sie wieder und grumelte ihre Schwüre.

Noch heute verfolgt mich das bis in meine Alpträume. Ich verabscheue alles Esoterische!!!

Weil ich ja noch immer diese Krankheit habe, bzw. den Gendefekt, welcher die Tumore alle begünstigt, komme ich nicht dazu mich soweit davon abzugrenzen, dass es mir wie im Roman vorkommt.

Aber all das hat mich sicher auch reifer gemacht und sensibler für die Gefühle in mir und bei andern Menschen. Ich kann heute echte Freude am Leben spüren und glaube auch weitergeben. Ich betreue nebenberuflich behinderte und traumatisierte Kleinkinder, vor allem Babys und ich glaube, ich kann echt viel erspüren, wie es ihnen geht, wenn ich nur meine Hand sachte auf ihrem Bauch hin und her bewege. Und wenn dann ein Lächeln kommt oder ein Glucksen oder ein Strahlen in den Augen der Kleinen, dann weiss ich dass ich auch Glück bringen kann.

Für heute ganz liebe Grüsse und ich freue mich, wieder von Dir zu hören

Ladina
Mit Zitat antworten