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Alt 24.02.2014, 11:24
Ligecid Ligecid ist offline
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Standard AW: Liebe Neue, Bitte Kein Neues Thema Eröffnen, Sondern Hier Schreiben!

Hallo Zusammen,

ich hoffe ich bin hier richtig. Ich musste mich etwas 'durchrrangeln' mich hier anzumelden und ein Posting zu schreiben. Sicherlich sind solche Postings hier schon hundert Mal und öfter geschrieben worden. Ich weiß aber noch aus meinem Teenageralter - in anderem Kontext- , wie hilfreich der Austausch in so einem Forum sein kann...

Ich (Mitte 20) und mein Freund (Anfang 20) sind jetzt seit etwas über 2-einhalb Jahren zusammen. Wir sind sehr glücklich miteinander und haben uns in dieser - aus der Perspektive des Ein oder Anderen sicherlich recht kurzen - Zeit einiges aufgebaut und miteinander erlebt. Seit seiner Geburt hat mein Freund ein Muttermal, dass etwas eigenartig aussieht. Und seit ich ihn kenne, trete ich ihn hin und wieder, damit doch mal zum Hautarzt zu gehen. Er hat das ziemlich hinausgezögert, vor 2 Wochen dann aber endlich mal erledigt. Das Muttermal ist entfernt und zur Sicherheit eingeschickt worden. Letzten Montag kam dann der Befund: Malignes Melanom von 1,3mm. Seitdem hat sich über unseren Alltag ein grauer Schleier gelegt. Heute ist mein Freund ins Krankenhaus gekommen. Es muss auf jedenfall nachgeschnitten werden, da der Hautarzt aus Gründen der Ästhetik zunächst nur so wenig herausgeschnitten hat, wie möglich. Danach soll er komplett durchgecheckt werden. Inklusive Überprüfung der Lymphknoten. Leider kann weder er noch irgendwer im Umfeld klar festlegen, wann das Muttermal begonnen hat sich zu verändern. Es steht im Raum, dass das Melanom metastasiert haben könnte.

Sowohl die Ärzte als auch die wenigen Personen um uns, die davon wissen, strahlen aber relative Zuversicht aus. "Da wird weiter schon nichts sein." "So jung". "Erstmal abwarten und nicht verrückt machen". Damit haben sie sicherlich auch recht. Bis jetzt ist einfach noch zu viel Unklar um in Panik zu geraten. Er und sein Umfeld verstehen glaube ich aber recht wenig von Krebs, ich versuche aber auch niemanden aufzuklären. Ich kann jedoch mit dieser Situation im Moment sehr schlecht umgehen. Ich habe sehr jung über einen Zeitraum von 2 Jahren miterlebt, wie mein Vater leidvoll an Krebs verstorben ist. Bei meiner Mutter ist ebenfalls vor 4 Jahren ein Tumor entdeckt worden. Sie hat überlebt, aber auch diese Zeit war sehr schwer für mich, wie auch für alle anderen Angehörigen. Ich kann mit meiner Angst um meinen Freund und mit der Angst davor, dass alles noch mal zu durchleben schlecht umgehen. Ich bin grundsätzlich froh, dass alle Menschen um mich herum Zuversichtlich sind - mich beruhigt das und natürlich steckt es auch an. Auf der Anderen Seite habe ich manchmal Angst, dass diese Zuversicht auf fehlendem Wissen oder Verdrängung fußt. Ich habe - wenn es um Krebs geht - dieses 'Urvertrauen', dass schon 'alles wieder gut wird' einfach verloren. Auch die Recherche im Internet - alle Wahrscheinlichkeiten hin oder her - beruhigt mich nicht. Ich lese nur immer wieder, wie aggressiv schwarzer Hautkrebs ist und wie schnell es zu Metastasen kommen kann.

Mein Freund hat die ersten Tage nach der Diagnose ganz offensichtlich ordentlich verdrängt. Umso näher der Krankenhausaufenthalt gekommen ist, umso mehr bröckelt die Fassade aber. Er hat in einem ruhigem Moment ganz klar gesagt, dass er unfassbar Angst hat und das nicht zulassen kann, weil es ihn überfordert.

Mir ist bewusst, dass ich nicht gerade die objektivste Perspektive habe und einfach abwarten muss. Mir fällt aber auch der Umgang mit meinem Freund so schwer. Das ist auch der Grund, warum ich mich hier austauschen wollte: Ich versuche im Moment stark zu sein und Zuversicht auszustrahlen, um meinen Freund nicht zu ängstigen oder ihn und andere verrückt zu machen. Das ist mir im Moment das wichtigste. Es geht schließlich um ihn und nicht um mich. Ich schaffe das mehr oder weniger gut. Er weiß von meiner Vorgeschichte und merkt natürlich, dass ich Angst habe. Trotzdem bemühe ich mich, meine Ängste nicht (nur) mit ihm zu besprechen und ihn davon möglichst abzuschirmen. Es ist aber schwer für mich. Ich will ihn nicht ständig mit traurigen Augen angucken und viel Zeit mit heulen verbringen. Ich möchte ihn nicht bemuttern. Aber es kommen ständig Gedanken hoch in Richtung "Das könnte dein letzter normaler Abend vor dem Fernseher/in der Stadt/beim Einkauf mit ihm sein". Ich mache mir auch ein wenig Vorwürfe, warum ich ihn nicht früher und häufiger zu einem Hautarztbesuch gedrängelt habe. Ich versuche diese Gedanken inklusive aller Bilder und Vorstellungen, die da so hochkommen, weg zuschieben. Realistisch zu sein. Aber ich weiß im Moment nicht so richtig, was realistisch ist. Ist es unangemessen, wie ich mich fühle? Ich denke manchmal, ich wäre egozentrisch, weil ich soviel Angst habe. Wie ist es euch damit gegangen? Wie kann ich ihn auffangen und eine gute Stütze für ihn sein? Worauf sollte ich vielleicht achten oder was ist tunlichst vermeiden?

Ich hätte in dieser Woche eigentlich soviel wichtiges zu erledigen. Ich kann mich aber zu nichts motivieren, würde am liebsten den ganzen Tag vor 'ne Wand starren und alles absagen, was so ansteht. Bis die Ergebnisse bzgl. Metastasen da sind, zieht sicherlich auch wieder eine Woche ins Land. Und auch wenn die Befunde negativ sind, weiß ich wie nervenaufreibend jede Vorsorgeuntersuchung ist.

Vielen Dank für jede Antwort!

Geändert von Ligecid (24.02.2014 um 11:28 Uhr)